© Die andorranische Frauenrechtlerin Vanessa Mendoza Cortés (Archivbild) / Stop Violencies
© Die andorranische Frauenrechtlerin Vanessa Mendoza Cortés (Archivbild) / Stop Violencies
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Andorra: Aktivistin für reproduktive Rechte vor Gericht

23. Februar 2023

Der Menschenrechtsverteidigerin Vanessa Mendoza Cortés droht ein Gerichtsverfahren, weil sie im Jahr 2019 vor einem Expert*innenausschuss der Vereinten Nationen über Frauenrechte in Andorra und konkret über das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche gesprochen hatte. Im Falle einer Verurteilung drohen ihr eine hohe Geldstrafe und ein Eintrag im Vorstrafenregister.

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Die Menschenrechtsverteidigerin und Präsidentin von Stop Violence (katalanisch: Associació Stop Violències) Vanessa Mendoza Cortés wird strafrechtlich verfolgt, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat. Sie setzt sich für die Menschenrechte von Frauen und Mädchen in Andorra ein und hatte das absolute Abtreibungsverbot im Land kritisiert. Im Falle einer Verurteilung drohen ihr eine Geldstrafe von bis zu 30.000 Euro und ein Eintrag in das Vorstrafenregister.

Die strafrechtliche Verfolgung von Vanessa Mendoza Cortés ist als Vergeltungsmaßnahme für ihren Einsatz für die Menschenrechte von Frauen und Mädchen sowie das Recht auf einen sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch in Andorra zu bewerten. Die gegen sie erhobenen Vorwürfe resultieren aus ihrer Zusammenarbeit mit dem Ausschuss der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (UN CEDAW). Diese Zusammenarbeit ist Teil des regelmäßigen und wichtigen Informationsaustausches zwischen dem UN-Gremium und Menschenrechtsverteidiger*innen auf der ganzen Welt.

Im Jahr 2021 ließ die Staatsanwalt bereits zwei der drei ursprünglich gegen sie erhobenen Anklagen, die zu Haftstrafen hätten führen können, fallen. Ihr wird jedoch weiterhin ein Verbrechen "gegen das Ansehen der Institutionen" (Paragraf 325 des Strafgesetzbuchs) vorgeworfen. Somit droht ihr eine Strafe allein für die Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung.

Staatliche Institutionen sollten stets offen gegenüber Kommentaren, Kritik und Überprüfung sein. Nach den internationalen Menschenrechtsnormen und -standards sind Rechtsvorschriften, die auf den Schutz von Ehre und Ansehen abzielen, für die Bürger*innen gedacht und dienen nicht dem Schutz von abstrakten Werten oder staatlichen Institutionen. Paragraf 325 des Strafgesetzbuches, der gegen Vanessa Mendoza Cortés eingesetzt wird, sollte daher aufgehoben und in der Zwischenzeit nicht weiter angewendet werden. Vanessa Mendoza Cortés langwierige strafrechtliche Verfolgung könnte sowohl auf sie als auch auf andere Menschenrechtsverteidiger*innen in Andorra eine abschreckende Wirkung haben.

Hintergrund

Vanessa Mendoza Cortés ist Psychologin und Präsidentin der Frauenrechtsorganisation Stop Violence. Ihre Organisation befasst sich mit geschlechtsspezifischer Gewalt, sexuellen und reproduktiven Rechten und setzt sich für das Recht auf sichere und legale Schwangerschaftsabbrüche in Andorra ein.

In dem Land mit rund 77.000 Einwohner*innen besteht ein absolutes Abtreibungsverbot. Andorra und Malta sind die einzigen europäischen Staaten, die an derart strikten Gesetzen zu Schwangerschaftsabbruch festhalten. Das hat zur Folge, dass Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch benötigen, gezwungen sind ins Ausland nach Frankreich oder Spanien zu reisen, um Zugang zu der medizinischen Versorgung zu erhalten, die ihnen zustehen würde. Diejenigen, die aus Kostengründen oder aufgrund ihres unsicheren Rechtsstatus nicht reisen können, sind einem erhöhten Risiko von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Stop Violence unterstützt schwangere Personen beim Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen im Ausland und fordert von Andorra dieselben Möglichkeiten für sichere und legale Schwangerschaftsabbrüche im Land. Vanessa Mendoza Cortés ist Sprecherin der Organisation und in Andorra als Aktivistin bekannt.

Im Oktober 2019 nahm Vanessa Mendoza Cortés an der vierten Sitzung zu Andorra im Ausschuss der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (UN CEDAW) teil. Dort sprach sie über Frauenrechte und die schädlichen Auswirkungen des absoluten Abtreibungsverbots auf Frauen und Mädchen in Andorra. Kurz darauf erstattete die andorranische Regierung bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Vanessa Mendoza Cortés und gab an, dass ihre Äußerungen vor dem UN-Gremium das "Ansehen und den guten Ruf" der Regierung untergraben hätten.

Die von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift gegen Vanessa Mendoza Cortés vorgelegten Beweise beziehen sich unter anderem auf den Inhalt des Parallelberichts, den Stop Violence 2019 bei der UN CEDAW eingereicht hatte. Sie beruft sich außerdem auf Medienerklärungen von Vanessa Mendoza Cortés, in denen sie sich kritisch über die Einstellung des Bischofs von Urgell, der gleichzeitig einer der beiden Kofürsten von Andorra ist, bezüglich der Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen sowie über die Einschränkungen von Frauenrechten durch die Regierung äußert. Bisher wurde noch kein Datum für ihr Gerichtsverfahren festgelegt.

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