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aus dem magazin

Friedensprotest mit Preisschildern

9. Dezember 2022

Wegen einer Aktion gegen Russlands Krieg in der Ukraine, drohen der Künstlerin Aleksandra Skochilenko bis zu zehn Jahre Haft. Ihre Partnerin versucht, ihr mit allen Mitteln zu helfen.

In einem St. Petersburger Supermarkt, etwa einen Monat nach dem Einmarsch des russischen Militärs in die Ukraine, überklebt Aleksandra (kurz: Sascha) Skochilenko Preisschilder mit kurzen Botschaften.

Mit dieser friedlichen Aktion versucht sie, über die Verbrechen des russischen Militärs in der Ukraine zu informieren. „Die russische Armee hat eine Kunstschule in Mariupol bombardiert, wo sich etwa 400 Menschen vor dem Bombenhagel versteckt hielten“, heißt es auf einem der überklebten Preisschilder.

Diese ungewöhnliche Art des Anti-Kriegs-Protests hat einen Grund: In Russland ist es heute praktisch unmöglich, Informationen über den Krieg zu verbreiten und die eigene Meinung frei zu äußern. Alles, was von den offiziellen Aussagen abweicht, ist strafbar. Aktivist*innen sind daher gezwungen, nach anderen Mitteln des Protests zu suchen.

Trotz ihres heimlichen Protests wurde Aleksandra ertappt. Eine unbekannte Person meldete sie den Behörden, woraufhin sie am 11. April verhaftet wurde. Seitdem befindet sie sich unter lebensbedrohlichen Umständen in Untersuchungshaft und ihr drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis.

„Sascha versucht, durchzuhalten“, erzählt Sofia Subbotina, ihre Partnerin.

Sie ist eine sehr starke Person, aber sie ist jetzt seit knapp sechs Monaten in der Haftanstalt und ist deswegen sehr deprimiert.

Sofia Subbotina, Partnerin von Aleksandra Skochilenko

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Aleksandras friedlicher Protest darf nicht kriminalisiert werden!

Anrede

Während ihrer Verhaftung und im Gefängnis wurde Aleksandra wiederholt schikaniert, mit Hunger und fehlender medizinischer Versorgung gequält. So berichtete sie im Juli, dass sie und andere Gefangene gezwungen wurden, ihre Zelle dreimal täglich vollständig von Hand zu reinigen.

Zusätzlich sind die Bedingungen im Gefängnis entsetzlich, so Sofia: „Sie wird in einer feuchten und kalten Zelle gehalten, die Duschkabinen sind mit Schimmel bedeckt, es gibt Kakerlaken im Essen aus der Kantine, oftmals fällt das heiße Wasser aus und die Gefangenen können sich nicht waschen.“

Außerdem braucht Aleksandra aufgrund ihrer Zöliakie, einer Autoimmunerkrankung, bei der der Verzehr von Gluten den Dünndarm zerstört, eine spezielle Diät. Im Gefängnis wird ihr jedoch eine geeignete Ernährung verweigert. Als Folge hungert sie, hat stark an Gewicht verloren und leidet unter heftigen Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.

Erschwerend kommt hinzu, dass bei Aleksandra ein Herzfehler festgestellt wurde. Deshalb leidet sie unter Herzschmerzen, Kraftlosigkeit und Verdunkelung ihrer Sicht, darf aber notwendige Untersuchungen nicht durchführen lassen.

Seit ihrer Inhaftierung durfte Aleksandra ihre Angehörigen nicht sehen oder mit ihnen telefonieren. „Sascha ist meine Familie, meine engste Bezugsperson. Und jetzt wird sie von Putins Regime als Geisel gehalten. Sie wollen Saschas Exempel nutzen, um alle Menschen einzuschüchtern, damit sie sich nicht trauen, ihre Meinung in der Öffentlichkeit zu äußern.“

Es ist schmerzhaft und schwer für mich zu ertragen, was hier passiert. Sascha ist meine Familie, meine engste Bezugsperson. Und jetzt wird sie von Putins Regime als Geisel gehalten. Sie wollen Saschas Exempel nutzen, um alle Menschen einzuschüchtern, damit sie sich nicht trauen, ihre Meinung in der Öffentlichkeit zu äußern.

Sofia Subbotina, Partnerin von Aleksandra Skochilenko

Aleksandras Partnerin, Angehörige und tausende Amnesty Unterstützer*innen werden weiter für ihre Freilassung kämpfen. Bis dahin werden sie ihr weiter Briefe schreiben, Lebensmittel und Pakete bringen und fordern, dass sie die notwendige medizinische Hilfe erhält, so Sofia. „Es ist hart für mich, dass ich nicht viel dagegen tun kann. Das Einzige, was mir bleibt, ist, die Öffentlichkeit auf das Geschehen aufmerksam zu machen.“

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21 Jahre Briefmarathon

jeder Brief ein Stückchen Hoffnung

Zum 21. Mal veranstaltet Amnesty International heuer den Briefmarathon. Was als kleine Aktion in Warschau, Polen, mit 2.326 Briefen begann, ist mittlerweile das größte Menschenrechtsevent der Welt: Rund um den Tag der Menschenrechte am 10. Dezember kommen hunderttausende Unterstützer*innen auf der ganzen Welt zusammen und schreiben Briefe für Menschen in Gefahr, verschicken Solidaritätskarten, unterzeichnen Petitionen und setzen viele weitere Aktionen.

Im Zentrum des diesjährigen Briefmarathons steht das Recht auf Protest und Versammlungsfreiheit. Wir alle haben das Recht, wie Aleksandra Skochilenko eine bessere Welt einzufordern und friedlich zu protestieren. Auch dieses Jahr nutzen Briefmarathon-Unterstützer*innen die Macht ihrer Worte, um sich für ein gemeinsames Ziel einzusetzen – Aleksandra und andere Menschen, die für ihren friedlichen Protest inhaftiert wurden, zu unterstützen.

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