© Amnesty International/WatchDoc
© Amnesty International/WatchDoc
presse

Palmöl: Multinationale Konzerne profitieren von Kinder- und Zwangsarbeit

30. November 2016

Weltmarken der Konsumgüterindustrie sind die Nutznießer

Palmöl ist heute in unzähligen Artikeln des täglichen Gebrauchs enthalten, in Lebensmitteln, Kosmetika oder Putzmitteln. Im aktuellen Bericht belegt Amnesty International, dass es bei der Palmöl-Produktion in Indonesien regelmäßig zu Menschenrechtsverletzungen kommt.

Für den aktuellen Bericht "The great palm oil scandal" hat Amnesty International die Arbeitsbedingungen auf Palmöl-Plantagen in Indonesien untersucht. Die Plantagen werden vom Agrarkonzern Wilmar, mit Sitz in Singapur, geführt. Wilmar ist der weltweit größte Palmöl-Produzent.

Neun multinationale Konzerne sind die wichtigsten Abnehmer dieses Palmöls: AFAMSA, ADM, Colgate-Palmolive, Elevance, Kellogg’s, Nestlé, Procter & Gamble, Reckitt Benckiser und Unilever.

"Diese Firmen verschließen die Augen vor der Ausbeutung von Arbeiterinnen und Arbeitern in ihrer Lieferkette. Ungeachtet der Versprechen an ihre Konsumenten, es gebe keine Ausbeutung in ihrer Palmöl-Lieferkette, profitieren große Marken weiterhin von erschütternden Missbräuchen. Unsere Untersuchungsergebnisse werden jeden Konsumenten schockieren, der mit gutem Gewissen Produkte kauft, die angeblich mit nachhaltigem Palmöl produziert worden sind", sagt Meghna Abraham, Senior-Researcherin bei Amnesty International.

Systematische Ausbeutung

„Bei den Missbräuchen, die wir in der Palmölproduktion in Indonesien aufgedeckt haben, handelt es sich nicht um Einzelfälle, sondern um systematische und vorhersehbare Folgen der Geschäftspolitik von Wilmar", sagte Meghna Abraham.

In Gesprächen mit  120 Arbeiterinnen und Arbeitern auf Palmölplantagen von zwei Tochterfirmen von Wilmar und drei Zulieferern auf Kalimantan und Sumatra (Indonesien) deckt Amnesty zahlreiche Formen der Ausbeutung auf:

  • Die Firmen setzen den Arbeitern extrem hohe Zielvorgaben, die sie dazu zwingen, sehr lange Arbeitsstunden zu leisten und ihre Kinder auf die Plantage mitzunehmen, die bei der Arbeit mithelfen.

  • Bereits im Alter von 8 bis 14 Jahren leisten Kinder gefährliche und körperlich harte Arbeit. Einige der Kinder müssen die Schule abbrechen, um ihren Eltern auf den Plantagen zu helfen.

  • Frauen wird gedroht, ihr Lohn werde unter das gesetzliche Minimum gekürzt, wenn sie nicht Überstunden arbeiten. In extremen Fällen erhalten die Frauen nur 2.50 US-Dollar am Tag. Ohne jeglichen Arbeitsschutz und ohne Gesundheits- oder Altersvorsorge.

  • Arbeiterinnen und Arbeiter leiden unter schweren Verletzungen durch Paraquat, einem hochgiftigen Herbizid, das trotz eines Verbots der EU und von Wilmar selbst weiterhin auf den Plantagen eingesetzt wird. Auch während der Waldbrände von August bis Oktober 2015 mussten die Arbeiterinnen und Arbeiter im Freien arbeiten, obwohl die Luftverschmutzung gesundheitsgefährdend war.


„Etwas läuft schief, wenn neun Firmen mit einem Gesamtumsatz von 325 Milliarden Dollar im Jahr 2015, unfähig sind, etwas gegen die grauenhafte Behandlung von Arbeiterinnen und Arbeitern zu tun, die für einen Hungerlohn auf Palmöl-Plantagen arbeiten“, so Abraham.

Etikettenschwindel „nachhaltiges Palmöl“

Wilmar räumt ein, dass es in seinen Geschäftstätigkeiten Probleme bei den Arbeitsbedingungen gibt. Trotz der Ausbeutung von Arbeiterinnen und Arbeitern wurden drei von fünf der untersuchten Palmölproduzenten vom „Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl“ (RSPO) zertifiziert. Der RSPO wurde 2004 nach einer Reihe von Umweltskandalen eingeführt, um den Palmölsektor „sauberer“ zu machen.

Mit Hilfe von Exportdaten und Informationen von Wilmar hat Amnesty International das Palmöl von den Plantagen bis zu den Abnehmerinnen, neun global tätige Nahrungsmittel- und Haushaltsmittelkonzerne, verfolgt. Sieben der neun Firmen bestätigten, dass sie Palmöl von Wilmar in Indonesien beziehen – aber nur zwei (Kellogg’s und Reckitt Benckiser) waren bereit zu sagen, welche ihrer Produkte konkret betroffen sind.

Die Konzerne müssen offenlegen, woher die Rohstoffe in ihren Produkten stammen. Dieses Verhalten ist auch respektlos gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten, die sich beim Kauf im Supermarkt bewusst ethisch korrekt verhalten möchten.

Seema Joshi, Leiterin für Wirtschaft und Menschenrechte bei Amnesty International

Schwere Formen der Kinderarbeit

Der Bericht deckt auf, wie Kinder schwere und gefährliche Arbeit auf Plantagen von Tochterfirmen und Zulieferern von Wilmar leisten. Sie arbeiten ohne Schutzkleidung auf Plantagen, auf denen giftige Chemikalien verwendet werden und tragen schwere Säcke mit Palmfrüchten, die zwischen 12 und 25 Kilo wiegen. Einige der Kinder haben die Schule abgebrochen, um ihren Eltern den ganzen Tag oder Halbtags auf den Plantagen zu helfen.

Freiwillige Initiativen reichen nicht, Amnesty fordert klare Regeln

Indonesien hat strenge Arbeitsgesetze – die meisten der dokumentierten Missbräuche können strafrechtlich verfolgt werden. Doch die Gesetze werden kaum durchgesetzt. Amnesty fordert von den indonesischen Behörden, dass sie Ermittlungen gegen die Ausbeutung auf den Plantagen einleiten.

Amnesty fordert die Länder auf, in denen die Palmöl importierenden multinationalen Konzerne ihren Sitz haben, wirkungsvolle Maßnahmen gegen den Missbrauch zu ergreifen. Freiwillige Initiativen reichen nicht. Es müssen Regeln und Gesetze erlassen werden, die die Konzerne dazu zwingen, ihre Sorgfaltspflichten wahrzunehmen.