Der schwerkranke gewaltlose politische Gefangene Arash Sadeghi hatte in den vergangenen 18 Monaten über anhaltende Schmerzen im Ellenbogen und in den Schultern geklagt. Statt diagnostische Untersuchungen vorzunehmen, hatten Mitarbeiter*innen des Gefängniskrankenhauses ihm jedoch lediglich entzündungshemmende Medikamente verschrieben. Ende Mai 2018 wurde er dann schließlich im Gefängniskrankenhaus geröntgt und kurze Zeit später einer Kernspintomographie (MRT) in einer Einrichtung außerhalb des Gefängnisses unterzogen. Anschließend brachte man ihn überraschend zu einem Facharzt für Krebserkrankungen. Arash Sadeghi bat den behandelnden Arzt mehrfach um Informationen, die er jedoch nicht erhielt. Am 13. Juni wurde Arash Sadeghi zu einer weiteren medizinischen Untersuchung außerhalb des Gefängnisses gebracht. Während dieses Termins erlaubte ihm ein Gefängnisangestellter einen kurzen Blick in seine Krankenakte. Daraus ging hervor, dass die Ärzt*innen einen Tumor in seinem Ellenbogen entdeckt haben und eine sofortige Verlegung in das Krebsinstitut des Imam-Khomeini-Krankenhauses empfahlen, um herauszufinden, ob es sich um Krebs handelt. Arash Sadeghi und seine Familie haben von der Staatsanwaltschaft bisher keine Erlaubnis erhalten, die gesamte Krankenakte einzusehen.
In den Tagen nach dem 13. Juni sprach Arash Sadeghi mit einem Mitarbeiter des Gefängniskrankenhauses. Dieser sagte ihm, dass in seiner Situation „Eile geboten“ sei und man sofort untersuchen müsse, ob er an Knochenkrebs leidet. Daraufhin beantragten die Angehörigen von Arash Sadeghi bei der Staatsanwaltschaft in Teheran die Genehmigung für eine Verlegung in das Imam-Khominei-Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft lehnte den Antrag jedoch ab und beharrte darauf, dass die Behandlung von Arash Sadeghi im Madani-Krankenhaus in Karadsch stattfindet. Amnesty International befürchtet, dass das Madani-Krankenhaus nicht über die erforderliche Ausstattung und Expertise zur Diagnostizierung und Behandlung von Knochenkrebs verfügt. Zudem arbeitet das Krankenhaus mit der Gefängnisbehörde zusammen, sodass die Behörden umfassenden Zugriff auf die Krankenakten von Häftlingen haben und diesen und ihren Familien den Zugang zu den Akten ganz oder teilweise verweigern können.
Seit Arash Sadeghi zwischen Oktober 2016 und Januar 2017 einen 71-tägigen Hungerstreik durchgeführt hat, hat sich sein Gesundheitszustand stark verschlechtert. Er leidet unter anderem an einer Nierenerkrankung, Verdauungsproblemen, Atembeschwerden und Herzrhythmusstörungen. Weil ihm die Strafverfolgungsbehörden anhaltend die Verlegung in medizinische Einrichtungen außerhalb des Gefängnisses verweigern, hat sich sein Zustand weiter verschlechtert. Ärzt*innen haben bereits wiederholt eine langfristige Verlegung in ein Krankenhaus empfohlen, damit Arash Sadeghi die erforderliche fachärztliche Behandlung für seine zahlreichen Erkrankungen erhalten kann. Die Staatsanwaltschaft und die Gefängnisbehörden verweigern ihm jedoch den Zugang zur dringend benötigten medizinischen Behandlung und geben an, auf Anweisung der Revolutionsgarden zu handeln.
Die Behörden verweigern Arash Sadeghi vorsätzlich die erforderliche medizinische Behandlung außerhalb des Gefängnisses, wodurch er starken Schmerzen und Leid ausgesetzt ist, um ihn so zu bestrafen und einzuschüchtern. Wie Amnesty International bereits erklärt hat, kommt dies Folter gleich.
Arash Sadeghi befindet sich seit Juni 2016 im Gefängnis, wo er zwei Haftstrafen verbüßt, die sich zusammen auf 19 Jahre belaufen. Er wird für seine friedliche Menschenrechtsarbeit bestraft: unter anderem für die Weiterleitung von Informationen zur Menschenrechtslage im Iran an Amnesty International. Bei der Urteilsverkündung wurden 50 friedliche Menschenrechtsaktivitäten als „Beweise“ für seine Beteiligung an „Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit“ angeführt.