Loading...
© Privat
Email Action

Israel/OPT: Palästinensischer Arzt nach Festnahme verschwunden

Der palästinensische Arzt Khaled Al Serr (32) wurde am 24. März 2024 von der israelischen Armee im Nasser-Krankenhaus im Gazastreifen festgenommen. Seither ist er verschwunden, die israelischen Behörden halten seinen Aufenthaltsort geheim.

Im März 2024 umstellte die israelische Armee das Nasser-Krankenhaus in Khan Yunis im Süden des Gazastreifens. Trotz der Gefahr entschied der junge Chirurg Khaled Al Serr, zurückzubleiben und sich um die Kranken und Verwundeten zu kümmern. Als die Armee das Krankenhaus stürmte, wurde Khaled Al Serr festgenommen.

Seine Familie erfuhr über Khaled Al Serrs Kolleg*innen von seiner Festnahme. Seither haben sie von den israelischen Behörden keinerlei Informationen über seinen Zustand, seinen Verbleib oder die Gründe seiner Festnahme erhalten. Die wenigen Informationen, die sie haben, stammen von entlassenen Mitinhaftierten von Dr. Khaled Al Serr. Einer von ihnen berichtete, dass Dr. Khaled Al Serr gefoltert wurde.

Die Festnahme von medizinischem Personal im Dienst und ihr Verschwindenlassen ist Teil der anhaltenden israelischen Angriffe auf das Gesundheitssystem und die Infrastruktur in Gaza. Nach Kenntnis von Amnesty International handelte Dr. Khaled Al Serr getreu seinen Verpflichtungen als Angehöriger eines medizinischen Berufs und sollte als solcher respektiert und geschützt werden.

Dr. Khaled Al Serr befindet sich in Haft, weil er seine Patient*innen nicht im Stich lassen wollte. Er muss sofort bedingungslos freigelassen werden.

Freilassung fordern!

Weitere Informationen

Der palästinensische Chirurg Dr. Khaled Al Serr gehörte zu den Beschäftigten, die sich entschieden, im Nasser-Krankenhaus in Khan Younis im Süden des Gazastreifens zu bleiben und sich um die Patient*innen zu kümmern, als das Krankenhaus von der israelischen Armee umstellt wurde. Seinen Kolleg*innen zufolge wurde Dr. Khaled Al Serr festgenommen, als die israelische Armee, die das Krankenhaus umstellt hatte, dessen Räumlichkeiten stürmte. Nach Kenntnis von Amnesty International handelte Dr. Khaled Al Serr getreu seinen Verpflichtungen als Angehöriger eines medizinischen Berufs und sollte als solcher respektiert und geschützt werden.

Die Familie von Khaled Al Serr erfuhr über seine Kolleg*innen von seiner Festnahme am 24. März 2024, hat aber seither von den israelischen Behörden keinerlei Informationen über seinen Zustand, seinen Verbleib oder die Gründe seiner Festnahme erhalten. Die wenigen Informationen, die seine Angehörigen erhalten haben, stammen von entlassenen Mitinhaftierten von Dr. Khaled Al Serr.

Ein freigelassener Mitgefangener berichtete den Medien, er habe gesehen, wie er gefoltert wurde. So habe man ihm u. a. den Bart mit einer Pinzette ausgezupft. Die von Amnesty International und anderen unabhängigen Menschenrechtsorganisationen zusammengetragenen Zeugenaussagen von inhaftierten und kürzlich freigelassenen Beschäftigten im palästinensischen Gesundheitswesen deuten darauf hin, dass die israelischen Behörden – und zwar sowohl Angehörige des Militärs als auch der israelischen Gefängnisbehörde – inhaftiertes medizinisches Personal routinemäßig Folter und anderen Misshandlungen aussetzen.

Festnahme von medizinischem Personal

Die Festnahme von medizinischem Personal im Dienst und dessen Verschwindenlassen ist Teil der anhaltenden israelischen Angriffe auf das Gesundheitssystem und die Infrastruktur in Gaza. Im Gesundheitswesen Beschäftigte müssen aufgrund von Militäroperationen und der Blockade einer angemessenen Versorgung mit medizinischem Bedarf und Treibstoff bei der Pflege ihrer Patient*innen immer entsetzlichere und unmenschlichere Bedingungen ertragen. Sie sind überlastet und arbeiten in langen Schichten ohne Zugang zu Nahrungsmitteln und sauberem Wasser. Darüber hinaus fällt das Kommunikationsnetz häufig aus. Nach Angaben des Amts der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten sind seit dem 5. Juni nur noch 16 der 36 wichtigsten Krankenhäuser, die früher über zwei Millionen Palästinenser*innen im Gazastreifen versorgten, teilweise funktionsfähig. Noch dazu ist die Art der medizinischen Leistungen, die sie erbringen können, stark eingeschränkt.

Der Weltgesundheitsorganisation zufolge wurden seit November 2023 mindestens 214 Beschäftigte im Gesundheitswesen von der israelischen Armee festgenommen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums befinden sich mindestens 106 der Beschäftigten in Haft oder sind "verschwunden", viele von ihnen unter Umständen, die dem Verschwindenlassen gleichkommen.

Verschwindenlassen und unrechtmäßige Inhaftierung

Das Verschwindenlassen ist eine Menschenrechtsverletzung und ein Verbrechen unter dem Völkerrecht. Wird es im Rahmen eines umfassenden oder systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung begangen, kann es nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Folter und andere Misshandlungen sind nach dem Völkerrecht absolut verboten und können Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Willkürliche Festnahmen verstoßen ebenfalls gegen die Verpflichtungen Israels aus den internationalen Menschenrechtsnormen und dem humanitären Völkerrecht.

Darüber hinaus müssen in bewaffneten Konflikten Beschäftigte und Einrichtungen des Gesundheitswesens, die ihre humanitären Aufgaben wahrnehmen, respektiert und geschützt werden und dürfen niemals vorsätzlich angegriffen werden.

Wie israelische Menschenrechtsorganisationen berichten, haben die israelischen Behörden seit dem 7. Oktober 2023 und insbesondere seit Beginn der Bodenoperationen im besetzten Gazastreifen Ende Oktober auf das Gesetz zu ungesetzlichen Kombattant*innen und andere nicht näher bezeichnete Bestimmungen zurückgegriffen, um Tausende von Palästinenser*innen aus dem besetzten Gazastreifen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren zu inhaftieren, sie an jeglichem Kontakt zur Außenwelt zu hindern und die meisten von ihnen, darunter auch Dr. Khaled Al Serr, außerhalb des Schutzes des Gesetzes unter Bedingungen festzuhalten, die dem Verschwindenlassen gleichkommen.

Die Anwendung des Gesetzes über ungesetzliche Kombattant*innen und dessen Ergänzungen, die Verweigerung des Zugangs zu Rechtsbeiständen, die Weigerung, das Schicksal und den Aufenthaltsort Inhaftierter bekannt zu geben, die Verweigerung des Rechts auf ein faires Gerichtsverfahren und die gut dokumentierte Anwendung von Folter und anderen Misshandlungen gegen inhaftierte Palästinenser*innen, insbesondere gegen solche aus dem besetzten Gazastreifen, sind allesamt eklatante Verstöße gegen Israels Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht und internationalen Menschenrechtsnormen. Folter und andere Misshandlungen sowie das Verschwindenlassen sind Verbrechen unter dem Völkerrecht. Die willkürliche Inhaftierung bei einem bewaffneten Konflikt und einer Besatzung ist ein Kriegsverbrechen. Derartige Handlungen können, wenn sie im Rahmen eines umfassenden oder systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung erfolgen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs darstellen.

Musterbrief

Appelle an

Brig. Gen. Yifat Tomer-Yerushalmi
Military Advocate General
Israel Defence Forces
Botschaft des Staates Israel
Anton-Frank-Gasse 20
1180 Wien
Fax: +972(0)35694526
Email: pazar@idf.il

 

Kopien an

Botschaft des Staates Israel
S.E. Herr David Yitshak ROET
Anton-Frank-Gasse 20
1180 Wien
Fax: (+43 / 1) 476 46 - 555
E-Mail: ambassador-assistant@vienna.mfa.gov.il

Amnesty fordert:

  • Hiermit bitte ich Sie, dafür zu sorgen, dass Dr. Khaled Al Serr freigelassen wird und dass das Schicksal, der Aufenthaltsort und der rechtliche Status alle anderen Beschäftigten im palästinensischen Gesundheitswesen, die in israelischem Gewahrsam "verschwunden" sind, offengelegt werden. Alle Personen, die willkürlich inhaftiert wurden, müssen unverzüglich freigelassen werden.
  • Sorgen Sie bis zur Freilassung von Dr. Khaled Al Serr auch dafür, dass die Gefängnisbehörden seine Familie sofort über seinen Aufenthaltsort, sein Schicksal und die etwaigen Gründe seiner Festnahme informieren. Khaled Al Serr muss Zugang zu einem Rechtsbeistand, medizinischer Versorgung und Familienangehörigen erhalten.

Inhalt

Dear Brig. Gen. Yifat Tomer-Yerushalmi,

I am writing to urge you to order the immediate release of Palestinian surgeon Khaled Al Serr from the occupied Gaza Strip, who has been held by Israeli authorities in conditions that amount to enforced disappearance since 24 March 2024.

According to his colleagues, Dr. Khaled Al Serr, 32, was detained from Nasser hospital in Khan Younis in the southern Gaza Strip as the Israeli military, having fully encircled the hospital, raided its premises. As far as Amnesty is aware Dr. Khaled Al Serr was acting in accordance with his duties as a medical professional and he should have been respected and protected as such. A released detainee, who was held along with Dr. Khaled Al Serr, reported to the media that he witnessed the torture of Dr. Khaled Al Serr which included plucking his beard with pliers. Testimonies collected by Amnesty International and other independent human rights organizations from Palestinian health workers detained and recently released indicate that Israeli authorities – both the military and the Israeli prison service – are routinely subjecting detained health workers to torture and other ill-treatment.

A dedicated and talented young surgeon, Dr. Khaled Al Serr was one of the health workers who decided to remain at Nasser hospital to tend to the patients even while it was being encircled by the Israeli military. According to the World Health Organization, at least 214 health workers have been detained by Israeli forces while on duty since November 2023. According to the Palestinian Health ministry, at least 106 health workers are either detained or missing, many in conditions that amount to enforce disappearance.

Enforced disappearance is a gross human rights violation and crime under international law. When perpetrated as part of a widespread or systematic attack on the civilian population, they may constitute crimes against humanity under the Rome Statute of the International Criminal Court. Torture and other ill-treatment are absolutely prohibited under international law and can constitute war crimes and crimes against humanity. Arbitrary detention also violates Israel’s obligations under international human rights law and humanitarian law.

Additionally, in a situation of armed conflict, health workers and healthcare facilities carrying out their humanitarian duties must be respected and protected and must never be deliberately targeted.

Therefore, I urge you to secure the release of Dr. Khaled Al Serr and to disclose the fate, whereabouts and legal status of all other Palestinian health workers who have been forcibly disappeared in Israeli custody. All those who are arbitrarily detained must be released immediately. Pending his release, I call on you to ensure that the prison authorities immediately inform Dr. Khaled Al Serr’s family of his whereabouts, fate and grounds of arrest, if any.

Yours sincerely,

Sofortige Freilassung fordern

Actions - jetzt mitmachen!