Der Sudan wird seit dem Sturz von Präsident Omar al-Bashir am 11. April nach Monaten anhaltender Proteste gegen seine 30-jährige Herrschaft von einem Übergangs-Militärrat (Transitional Military Council, TMC) geführt. Der TMC hat mit den Forces for Freedom and Change (FFC) - einem Bündnis von politischen Parteien, Organisationen der Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und bewaffneten Gruppen, die die Proteste angeführt haben - Verhandlungen über die Bildung und Zusammensetzung einer Übergangsregierung geführt. Diese Verhandlungen sind jedoch aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über das Ausmaß der Machtteilung zwischen Zivilpersonen und Militär und deren jeweilige Rolle ins Stocken geraten.
Der Übergangs-Militärrat selbst scheint nicht geeint zu sein, da es Anzeichen dafür gibt, dass es zum Bruch zwischen verschiedenen Gruppierungen der Sicherheitsdienste kommen könnte.
Ereignisse am 3. Juni 2019
Am Montag, dem 3. Juni, griffen die Rapid Support Forces (RSF), eine paramilitärische Truppe, die während des Darfur-Konflikts für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich war (sowohl in ihrer aktuellen RSF-Inkarnation als auch zuvor als Janjaweed), sudanesische Demonstrant*innen vor dem militärischen Hauptquartier in Khartum an. Nach Angaben des Sudanesischen Medizinischen Zentralkomitees wurden mindestens 100 Demonstrant*innen getötet und Hunderte weitere verletzt, einige Leichen wurden in den Nil geworfen. Seit dem Tag der gewaltsamen Zerstreuung der Demonstrierenden ist zudem das Internet blockiert.
Die RSF wird von Mohamed Hamdan Dalgo (alias Hemidti) geführt, der auch stellvertretender Vorsitzender des Übergangs-Militärrats ist.
Situation in Khartum
Die Situation in Khartum ist angespannt. Die Menschen sind zwei Hauptrisiken ausgesetzt: Erstens könnten die RSF und andere Sicherheitskräfte versuchen, die Proteste endgültig niederzuschlagen und ihr Vorgehen gegen Demonstrierende zu verschärfen, um die Position der FFC in den Übergangsverhandlungen zu schwächen. Zweitens könnten Spaltungen innerhalb der Sicherheitskräfte zu einer weiteren Eskalation und möglicherweise zu einem Bürgerkrieg führen, bei dem die Zivilbevölkerung die Hauptlast tragen würde.
In Anerkennung dieser ernsten Situation hat die Afrikanische Union (AU) den Sudan in der vergangenen Woche vorübergehend suspendiert, bis eine von Zivilpersonen geführte Übergangsbehörde eingerichtet wird. Am 7. Juni besuchte der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed, Vorsitzender der regionalen Intergovernmental Authority on Development (IGAD), Khartum und traf sich sowohl mit der Leitung des Übergangs-Militärrats und als auch der Leitung der FFC.
Die FFC weigert sich Berichten zufolge, Übergangsregelungen zu erörtern, solange der Übergangs-Militärrat nicht die Verantwortung für die Morde am 3. Juni übernimmt und einer internationalen Untersuchung zustimmt.