Ukraine: Schutz für Vitalina
Vitalina Koval (28) ist Menschenrechtsverteidigerin in der Stadt Uschhorod in der Westukraine. Seit 2016 engagiert sie sich in der LGBTIQ-Community und organisiert Veranstaltungen und regelmäßige Treffen. Doch in den letzten zwei Jahren ist es in der Ukraine schwierig geworden, sich für Menschenrechte einzusetzen.
Bei einer Demonstration für den internationalen Frauentag am 8. März 2017, bei der Teilnehmer*innen für Frauenrechte und LGBTIQ-Rechte protestierten, griffen etwa zwölf Mitglieder einer rechtsextremen Gruppe die Demonstrierenden an, zerrissen ihre Banner und drohten ihnen. Als Vitalina die Demonstration im folgenden Jahr organisierte, holte sie sich deshalb die Zusage des stellvertretenden Polizeichefs, dass die Polizei die Teilnehmer*innen schützen würde.
Doch es kam erneut zu einem Zwischenfall. Sechs Mitglieder der rechtsextremen Gruppe „Karpatska Sich“, die zu Hass und Diskriminierung aufrufen, beschimpften die Protestierenden und überschütteten sie mit roter Farbe. Vitalina bekam die Farbe in die Augen und musste ins Krankenhaus, wo eine Verätzung festgestellt wurden. Als sie anschließend zur Polizeistation ging, um den Vorfall anzuzeigen, hatte man ihre Angreifer bereits festgenommen. Sie wurden allerdings wenige Stunden später wieder freigelassen, doch nicht, bevor ein Polizeibeamter Vitalina in ihrer Hörweite laut nach deren Adresse gefragt hatte. Vitalina musste ihre Adresse in voller Lautstärke bekannt geben, sie fühlte sich unsicher und eingeschüchtert.
Aus Sicherheitsgründen ist Vitalina mittlerweile nach Kiew gezogen. Doch sie wird sich weiter für Frauen- und LGBTIQ-Rechte einsetzen. Ihren Mut kann ihr niemand nehmen.
Hab keine Angst davor zu tun, woran du glaubst - das, wofür dein Herz schlägt.
Über 30 Angriffe rechtsextremer Gruppen wurden in der Ukraine von Amnesty International seit April 2017 registriert, doch nur in einem dieser Fälle gab es bis jetzt rechtliche Konsequenzen. Der Raum für zivile Menschenrechtsarbeit in der Ukraine schrumpft und Frauen und LGBTIQ-Personen bzw. Aktivist*innen, die für Frauenrechte und LGBTIQ-Rechte arbeiten, sind besonders von der Gewalt rechtsextremer Gruppen bedroht.
Dass die Täter*innen in den allermeisten Fällen völlig ungestraft bleiben, ist ein klares Zeichen für beide Seiten. Gewaltbereite rechtsextreme Gruppen sind dadurch ermutigt, noch aggressiver aufzutreten, während Menschenrechtsverteidiger*innen eingeschüchtert und in ihrer für die ukrainische Gesellschaft essentiellen Arbeit behindert werden.
Es ist dringend notwendig, dass die ukrainischen Behörden das Problem wachsender Gewalt durch rechtsextreme Gruppen anerkennen und notwendige Änderungen an den Richtlinien und Regeln vornehmen, die das Verhalten der Polizei bei öffentlichen und geschlossenen Versammlungen regeln. Es müssen wirksame Schutzmaßnahmen ergriffen werden, insbesondere für Frauenrechte- und LGBTIQ-Aktivist*innen, um ein sicheres und förderliches Umfeld für Vitalina und andere Menschenrechtsaktivist*innen in der Ukraine zu gewährleisten.
Dieser Appell ist abgelaufen. Vielen Dank allen, die sich eingesetzt haben!