© Amnesty International
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Wie Saudi-Arabien schiitische Proteste brutal niederschlägt

Seit 2011 verfolgen die Behörden die im Land lebende schiitische Minderheit auf brutalste Arte und Weise. Sie wollen Proteste und Forderungen nach Rechten, Reformen sowie Entlassungen von Häftlingen, die ohne Anklage einsitzen, im Keim ersticken. Hunderte Menschen wurden im Zusammenhang mit Protesten im Bezirk al-Qatif in der östlichen Provinz, wo hauptsächlich Schiit*innen leben, festgenommen.

Schiitische Muslime wurden zum Tode verurteilt und wegen Verbrechen hingerichtet, die sie noch vor dem 18. Lebensjahr begangen hatten. Sie waren durch den Sondergerichtshof SCC (Specialised Criminal Court) auf der Basis von unter Folter erzwungenen „Geständnissen“ verurteilt worden. Die drei jungen Männer Ali al-Nimr, Abdullah al-Zaher und Dawood al-Marhoon wurden 2012 unabhängig voneinander im Alter von 17, 16 bzw. 17 Jahren festgenommen. Sie schweben in unmittelbarer Gefahr, hingerichtet zu werden, nachdem ihnen zutiefst ungerechte Prozesse am SCC gemacht wurden.

Am 2. Januar 2016 verkündeten die Behörden, dass Nimr al-Nimr und 46 weitere zum Tode verurteilte Häftlinge hingerichtet worden waren, was in der östlichen Provinz Proteste zur Folge hatte. Dass der SCC Todesstrafen und langjährige Gefängnisstrafen über schiitische Muslime aufgrund von Vergehen bei diesen Demonstrationen verhängte, verstärkte die Spannungen zusätzlich. Im Juni 2017 wurden etliche vom SCC zum Tode verurteilte Schiiten hingerichtet und im April kam es zu einer Massenhinrichtung von 37 Männern, darunter hauptsächlich Schiiten.

Todesstrafe gegen Minderjährige in Saudi-Arabien

Ali al-Nimr ging noch zur Schule, als er verhaftet wurde. Er liebt Fußball und interessiert sich für Fotografie und Computer. Sein Plan war, Informatik zu studieren. Doch seine Träume wurden durch seine willkürliche Festnahme zerstört.

Warum? Er hatte an Demonstrationen gegen die saudi-arabische Regierung teilgenommen. Nach seiner Festnahme wurde Ali von Sicherheitsbeamte gefoltert und gezwungen, ein "Geständnis" zu unterschreiben. Sechs Monate lang durfte er nicht mit seiner Familie sprechen. Nach einem unfairen Gerichtsverfahren verurteilte das für terrorismusbezogene Fälle zuständige Sonderstrafgericht (Specialized Criminal Court - SCC) Ali im Mai 2014 zum Tode (Update: Ali al-Nimr wurde am 27. Oktober 2021 freigelassen!).

Saudi-Arabien hat angekündigt, die Anwendung der Todesstrafe gegen Personen abzuschaffen, die zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahren waren. Der königliche Erlass schliesst jedoch Straftaten nach dem Antiterrorgesetz aus. Die Behörden haben den königlichen Erlass noch nicht öffentlich bekanntgegeben und die betroffenen Familien wurde bisher nicht über den Stand der Fälle informiert.

Hintergrund

Ali al-Nimr ist der Neffe von Nimr Baqir al-Nimr, eines prominenten schiitischen Geistlichen, der 2016 gemeinsam mit 46 weiteren Häftlingen hingerichtet wurde. Er hatte die saudi-arabische Regierung wiederholt öffentlich kritisiert und politische Reformen gefordert und war einer der Anführer der Proteste in der vorwiegend schiitischen Ostprovinz des Königreichs im Jahr 2011. Am 15. Oktober 2014 wurde Scheich Nimr Baqir al-Nimr in einem unfairen Verfahren vom Specialized Criminal Court zum Tode verurteilt und am 2. Januar 2016 hingerichtet. 

Update: Ali al-Nimr ist wieder frei! Danke an alle, die sich für seine Freilassung eingesetzt haben.