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Regierungen in Lateinamerika und der Karibik müssen Hochrisikogruppen für COVID-19 Impfungen priorisieren und Transparenz über die Gestaltung und Umsetzung ihrer Impfpläne und ihre Vereinbarungen mit Pharmafirmen gewährleisten. Der neue Amnesty-Bericht Vaccines in the Americas: Ten human rights musts to ensure health for all enthält eine Analyse der Impfstoffverteilung in 17 Ländern Lateinamerikas und der Karibik sowie zehn wichtige Empfehlungen für Regierungen und Unternehmen.
"Der Beginn der Impfungen gegen COVID-19 hat Hoffnung in eine Region gebracht, in der die Menschen bereits mehrere Menschenrechtskrisen erlebten, von denen sich viele durch die Pandemie noch verschärften", sagte Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin bei Amnesty International.
Ein Jahr nach dem Beginn der Lockdown-Maßnahmen in Lateinamerika und der Karibik müssen die Regierungen die Impfung als Chance nutzen, um Ungleichheiten zu überwinden, statt sie zu vergrößern.
Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin bei Amnesty International
Da in mehreren Ländern der Region im Jahr 2021 Präsidentschafts- oder Zwischenwahlen stattfinden, warnt Amnesty International davor, dass politischer Druck und Korruption den Zugang zu Impfstoffen und das universelle Recht auf Gesundheit beeinträchtigen könnten. Bei der Ausarbeitung ihrer Impfpläne müssen Regierungen sicherstellen, dass Risikogruppen, darunter medizinisches Personal und ältere Menschen, nicht zurück gelassen werden. Das gilt insbesondere auch für gesellschaftlich benachteiligte und diskriminierte Gruppen wie Indigene, Migrant*innen, Geflüchtete, People of Color und Menschen, denen ihre Bewegungsfreiheit entzogen wurden.
"Da dieses Jahr in zehn Ländern Wahlen anstehen, in einer Region, in der Korruption im Gesundheitssektor an der Tagesordnung steht, besteht ein großes Risiko, dass Regierungen Impfkampagnen für politische Zwecke nutzen. Politiker*innen dürfen Impfungen nicht dazu benutzen, Unterstützer*innen zu belohnen oder Druck auf jene Menschen in der Gesellschaft auszuüben, die ihnen kritisch gegenüberstehen. Gesundheit ist ein Menschenrecht, das niemals von der Politik missbraucht werden darf", sagte Erika Guevara-Rosas.
Amnesty International fordert die Staaten auf, den Zugang zu Informationen und Transparenz zu gewährleisten. Pharmakonzerne, die lebensrettende Impfstoffe liefern, haben die Transparenz bei Verhandlungen mit Ländern in der Region untergraben, was den allgemeinen Zugang zu Impfstoffen beeinträchtigen könnte. Amnesty International hat mehr als zwei Dutzend Interviews geführt und Informationsanfragen an 17 Länder gestellt und um spezifische Details zu den Verhandlungen und den Verträgen gebeten, die die Regierungen mit den Pharmaunternehmen unterzeichnet haben. Sieben Regierungen haben diese Anfragen beantwortet. Nicht eine von ihnen lieferte vollständige Antworten.
"Da weltweit Knappheit an Impfstoffen herrscht, sind Transparenz und Nachvollziehbarkeit darüber, wie Impfstoffe entwickelt, produziert, gekauft und verteilt werden, von entscheidender Bedeutung. Pharmazeutische Unternehmen haben nach internationalem Recht eine Verantwortung, die Menschenrechte zu respektieren. Sie müssen proaktiv Maßnahmen ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern und ihr Wissen und ihre Technologien teilen, um die Anzahl der verfügbaren Impfstoffdosen zu maximieren. Sie müssen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass jene Menschen, die am stärksten durch COVID-19 gefährdet sind, in allen Ländern sofort Zugang zu lebensrettenden Impfstoffen haben. Sie müssen Teil einer menschenrechtsbasierten Lösung sein", sagte Erika Guevara-Rosas.
13
13 der 17 im Bericht analysierten Länder haben ihre Impfpläne für COVID-19 entweder durch einen Erlass oder ein offizielles schriftliches Dokument, das der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, veröffentlicht.
34.000.000
34 Millionen Impfdosen wurden in den 17 im Bericht untersuchten Ländern bisher verabreicht (Stand: 21. März 2021. Quelle: Unsere Welt in Daten, basierend auf offiziellen Zahlen).
6
Nur 6 der 17 untersuchten Länder erwähnten indigene Gruppen in ihren nationalen Impfplänen.
Zum Zeitpunkt der Erarbeitung dieses Berichts hatten 13 Länder in der Region ihre nationalen Impfpläne veröffentlicht. Nur sehr wenige von ihnen hatten während der Entwurfsphase Expert*innen, lokale Gemeinschaften oder die Zivilgesellschaft einbezogen, und einige von ihnen hatten besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen übersehen. Alle 13 Länder haben in ihren Plänen dem an vordester Front tätigen Gesundheitspersonal Priorität beim Zugang zu Impfstoffen eingeräumt. Amnesty International hat aber Informationen aus Mexiko, Peru und Brasilien erhalten, aus denen hervorgeht, dass das Verwaltungs- oder Direktionspersonal von Krankenhäusern Impfstoffe vor denjenigen erhalten könnte, die COVID-19-Patienten behandeln. Nur sechs Länder verfügten über einigermaßen aktuelle, nach Geschlecht, Beruf, Standort und anderen Daten aufgeschlüsselte Register über die Zahl der Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen, die während der Pandemie von COVID-19 betroffen waren. In mehreren Ländern herrscht ein gravierender Mangel an Gesundheitspersonal, wobei die Zahl der Ärzt*innen und Krankenpfleger*innen pro Kopf weit unter dem Schwellenwert liegt, den die WHO für die Erbringung grundlegender Gesundheitsdienste in den ärmsten Ländern der Welt für notwendig hält.
"Die schockierenden Defizite bei der Personalausstattung, der Registrierung und beim Schutz des Gesundheitswesens in Lateinamerika zeigen einmal mehr, dass das Wirtschaftswachstum in vielen Ländern weder zur Stärkung sozialer Rechte noch zu robusteren Gesundheitssystemen geführt hat", sagte Erika Guevara-Rosas.
Ohne gut geschütztes Gesundheitspersonal und geschützte Gesundheitssysteme kann es keine erfolgreichen Impfkampagnen geben.
Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin bei Amnesty International
Mehrere Länder der Region haben Indigene als prioritäre Gruppen beim Zugang zu Impfstoffen berücksichtigt. Chile, die Dominikanische Republik, El Salvador, Guatemala, Honduras und Mexiko erwähnten indigene Gruppen nicht in ihren Plänen. Indigene Gruppen machen in mehreren dieser Länder einen hohen Anteil der Bevölkerung aus, werden aber seit Jahrhunderten systematisch ausgegrenzt und von der staatlichen Gesundheitspolitik ausgeschlossen.
Darüber hinaus haben Chile, Kolumbien, Mexiko, die Dominikanische Republik, Guatemala, El Salvador und Costa Rica entweder erhebliche Hürden für den Zugang von Migrant*innen und Geflüchteten zu Impfstoffen geschaffen oder ihnen den Zugang offen verwehrt, obwohl der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge darauf hingewiesen hat, dass die Einbeziehung dieser Gruppen in die Impfpläne ein wesentlicher Faktor zur Bekämpfung der Pandemie ist.
Zwar haben viele Regierungen öffentlich zugesagt, dass die COVID-19-Impfstoffe für alle kostenlos sein werden, aber nur neun der 17 Länder in dem Bericht haben dies in ihren offiziellen Plänen bestätigt oder entsprechende Regelungen eingeführt. In der Zwischenzeit haben Mitglieder des Privatsektors in mehreren Ländern Versuche unternommen, Impfstoffe direkt von den Entwicklungsfirmen aufzukaufen, wodurch möglicherweise parallele Prozesse bei der Einführung von Impfstoffen entstehen, durch die jegliche Fairness für alle untergraben werden könnten.
"Staaten müssen ihren Verpflichtungen nachkommen und sicherstellen, dass Impfstoffe am Behandlungsort kostenlos bleiben. Die Regierungen sollten direkte private Käufe per Gesetz verbieten und die Sanktionierung von Einzelpersonen oder privaten Organisationen in Betracht ziehen, die den nationalen Impfplan umgehen oder die Maßnahmen des Staates zur Sicherstellung eines fairen Zugangs zu den Impfstoffen anderweitig unangemessen behindern. Der Impfstoff wird zuerst von den Bevölkerungsgruppen benötigt, die am meisten gefährdet sind", schloss Erika Guevara-Rosas.
70%
Mindestens 70% der Belegschaft des Gesundheitspersonals in Nord- und Südamerika sind Frauen (Berechnungen von Amnesty International auf der Grundlage von WHO- und OECD-Daten).
4 $
4 Dollar verdient ein*e Krankenpfleger*in pro Monat in Venezuela (Währungskurs Oktober 2020).
10
Mindestens 10 der 17 im Bericht untersuchten Länder haben nicht genügend Ärzt*innen oder Krankenpfleger*innen, um auch nur eine Grundversorgung (gemäß WHO-Richtlinien) für die Gesundheit von Kindern und Müttern abzudecken. (Daten von der WHO).