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Bangladesch: Übergangsregierung muss Meinungsfreiheit in Bangladesch wiederherstellen und Cyber Security Act aufheben

8. August 2024

Das Cybersicherheitsgesetz (CSA) 2023 ist eine Fortsetzung der repressiven Gesetzgebung in Bangladesch, die instrumentalisiert wurde, um Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen und Kritiker*innen ins Visier zu nehmen, auch während der jüngsten von Studierenden angeführten Proteste gegen die Quotenreform. Das zeigt ein neuer Bericht von Amnesty International mit dem Titel Repackaging Repression: The Cyber Security Act and the Continuing Lawfare Against Dissent in Bangladesh.

Das CSA löste das gleichermaßen repressive Gesetz über digitale Sicherheit (Digital Security Act) ab. Beide Gesetze wurden von den Behörden wiederholt dazu verwendet, um den Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft einzuschränken und die Menschenrechte zu beschneiden – so auch während der Studierendenproteste gegen die Quotenregelung für Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. 

Am 26. Juni 2024 nahm die Polizei im Vorfeld der Proteste für eine Quotenreform einen Mann unter dem CSA fest, weil er in einem Facebook-Post das Quotensystem kritisiert hatte. In einem anderen Fall wurden am 24. Juli während der Proteste sieben Personen gemäß dem CSA angeklagt, weil sie in einem Facebook-Post Angehörige der ehemaligen Regierung, darunter die kürzlich zurückgetretene Premierministerin Sheikh Hasina, „mit Bildern parodiert und verspottet“ haben sollen.

„Das scharfe und in vielen Fällen tödliche Vorgehen gegen die jüngsten Studierendenproteste in Bangladesch geschah vor einem Hintergrund erhöhter Intoleranz und stärkerer Unterdrückung von abweichenden Meinungen im Land,“ so Taqbir Huda, Regionalexperte für Südasien bei Amnesty International.

Die Interimsregierung muss dieses langjährige Erbe der Unterdrückung abweichender Meinungen beseitigen, indem sie Gesetze wie das CSA aufhebt, die das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Privatsphäre in Bangladesch bedrohen und untergraben.

Taqbir Huda, Regionalexperte für Südasien bei Amnesty International

Missbrauch des Rechtssystems muss enden

Der neue Amnesty-Bericht enthält eine umfassende Analyse des neu in Kraft getretenen CSA und der darunter erhobenen Anklagen. Er basiert auf Interviews mit verschiedenen betroffenen Personen wie z. B. ehemaligen Inhaftierten und ihren Verwandten und Rechtsbeiständen sowie Journalist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen in Bangladesch.

Der Bericht legt zudem nahe, dass die Behörden sich einer Reihe von repressiven Befugnissen und Maßnahmen bedienten, um zivilgesellschaftliche Stimmen zu unterdrücken. So kann die Polizei beispielsweise Menschen ohne Haftbefehl festnehmen und kontrollieren. Festgenommene Personen wurden unverhältnismäßig häufig in Untersuchungshaft genommen und eine Freilassung gegen Kaution abgelehnt. Ebenfalls gang und gäbe ist die willkürliche Löschung von Online-Inhalten. Diese Praktiken kamen immer stärker zum Einsatz, um die laufenden Proteste von Studierenden gegen die Quotenregelung im öffentlichen Dienst zu unterdrücken, bevor sie zum Rücktritt der ehemaligen Premierministerin Sheikh Hasina führten.

„Die Behörden missbrauchten seit zehn Jahren das Rechtssystem und gehen so gegen Menschen vor, die friedlich abweichende Meinungen äußern. Dies führte zur verstärkten Unterdrückung von Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen und Regierungskritiker*innen und hat einen Zustand der Selbstzensur hervorgerufen, der so lange anhalten wird, bis die laufenden Anklagen fallen gelassen und die repressiven Bestimmungen des CSA entfernt werden. Amnesty International fordert die interimistische Regierung von Bangladesch auf, das CSA aufzuheben oder substanziell abzuändern, um es vollständig mit internationalen Menschenrechtsnormen in Einklang zu bringen. Die Behörden müssen unverzüglich all jene freilassen, die unter dem Informations- und Kommunikationsgesetz (ICT Act), dem DSA bzw. CSA oder anderen Gesetzen inhaftiert sind, weil sie friedlich ihre Menschenrechte wahrgenommen haben. Die Anklagen gegen sie müssen fallen gelassen werden“, forderte Taqbir Huda.

Hintergrund: CSA und DSA

Im September 2023 ersetzte das CSA das umstrittene DSA, das systematisch dazu verwendet wurde, friedlichen Dissens zu unterdrücken und kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Das CSA übernahm jedoch fünf autoritäre Bestimmungen gegen die freie Meinungsäußerung aus dem DSA, die von der Regierungspartei und ihren Verbündeten instrumentalisiert wurden, um friedliche Kritiker*innen mundtot zu machen. Diese Straftatbestände kriminalisieren Ansichten, die von den Behörden als „Propaganda gegen den Geist des Befreiungskrieges“, „falsche und anstößige Informationen“, „Verletzung religiöser Gefühle“, „verleumderische Informationen“ oder „Beeinträchtigung von Recht und Ordnung“ durch „Störung der kommunalen Harmonie“ eingestuft werden können.