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Die Reaktion auf eine Epidemie hat das Potenzial, die Menschenrechte von Millionen von Menschen zu verletzen. An erster Stelle steht das Recht auf Gesundheit, das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte garantiert wird. Dazu gehören das Recht auf Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Informationen. Teil der Erklärung ist auch das Verbot der Diskriminierung bei der Bereitstellung medizinischer Dienstleistungen, die Freiheit von nicht einvernehmlicher medizinischer Behandlung und andere wichtige Garantien.
Aus menschenrechtlicher Sicht ist es wichtig, dass in so einer Situation verhältnismäßig und mit dem sogenannten „gelindesten Mittel“ reagiert wird. Maßnahmen, die derzeit in Österreich und in anderen europäischen Ländern zur Bekämpfung des Coronavirus gesetzt werden, sind sinnvoll und verhältnismäßig. Bis jetzt wurde einwandfrei vernünftig und vorausschauend gearbeitet. In anderen Ländern beobachtet Amnesty International jedoch Zensur, willkürliche Verhaftungen und das Unterdrücken anderslautender Meinungen:
Zensur, Diskriminierung, willkürliche Verhaftungen und Menschenrechtsverletzungen haben keinen Platz im Kampf gegen das Coronavirus.
Nicholas Bequelin, Regionaldirektor bei Amnesty International
„Wenn Menschenrechte gewahrt werden, können Einsatzkräfte auf Notfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit rascher und effizienter reagieren. Menschenrechtsverletzungen hingegen untergraben deren Effizienz", sagt Nicholas Belequin.
Während einer Epidemie stehen auch andere Rechte auf dem Spiel: Freiheit vor willkürlicher Verhaftung, Bewegungsfreiheit, Meinungsfreiheit und andere sozioökonomische Rechte. Diese Rechte können zwar eingeschränkt werden, aber nur, wenn das notwendig und verhältnismäßig ist sowie dem Prinzip der Legalität entspricht.
Die chinesische Regierung hat viel unternommen, um Informationen über das Coronavirus und die Gefahren, die es für die öffentliche Gesundheit darstellt, zurückzuhalten. Ende Dezember 2019 teilten Ärzt*innen in Wuhan mit Kolleg*innen ihre Befürchtungen über Patient*innen, die ähnliche Symptome aufwiesen wie bei dem schweren akuten Atemwegssyndrom (SARS), das 2002 in Südchina ausbrach. Sie wurden sofort zum Schweigen gebracht und von den örtlichen Behörden wegen „Verbreitens von Gerüchten“ bestraft.
„Mediziner*innen in China versuchten, Alarm zu schlagen. Hätte die Regierung nicht versucht, die Gefahr zu verharmlosen, hätte die Welt zeitgerechter auf das sich ausbreitende Virus reagieren können“, sagte Nicholas Bequelin.
Einen Monat später stellte das Oberste Volksgericht in einem Online-Posting die Entscheidung der Behörden von Wuhan in Frage.
Dennoch wurde auf höchster Ebene der chinesischen Regierung weiter versucht, das Virus zu verharmlosen – etwa durch aggressive Lobbyarbeit Chinas bei der Weltgesundheitsorganisation, den Ausbruch nicht zum globalen Gesundheitsnotstand zu erklären. Bis die WHO es schließlich tat.
Das medizinische System in Wuhan ist überfordert. Die medizinischen Einrichtungen und das Gesundheitspersonal haben Mühe, mit dem Ausmaß des Ausbruchs fertig zu werden.
Viele Patient*innen werden nach stundenlangem Anstehen von den Krankenhäusern abgewiesen. Die Einrichtungen haben keinen Zugang zu den notwendigen diagnostischen Tests.
„China muss sicherstellen, dass alle vom Coronavirus betroffenen Menschen in Wuhan und anderswo Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung haben. Die Eindämmung der Epidemie ist wichtig, aber auch Prävention und Behandlung. Deshalb sollte das Recht auf Gesundheit ein integraler Teil der Reaktion sein“, sagte Nicholas Bequelin und sagt weiter:
„Während die WHO China unaufhörlich mit Lob überschüttet hat, ist die Reaktion der Regierung in Wirklichkeit höchst problematisch – und bleibt es auch.“
Lokale Medien berichteten, dass die Menschen wegen des Stopps des öffentlichen Verkehrs nicht in der Lage sind, schnell zu den Krankenhäusern zu gelangen. In einigen Fällen sind sie auch nicht in der Lage, die Leichen der Erkrankten aus ihren Häusern zu entfernen.
Die chinesischen Behörden beharren auf die Kontrolle der Nachrichten und unterdrücken negative Berichterstattung, auch legitime Informationen über das Virus wird zensiert.
Seit Beginn der Krise wurden zahlreiche Artikel zensiert, darunter auch welche von Mainstream-Medienorganisationen wie einer Tochtergesellschaft der Beijing Youth Daily und Caijing.
Die chinesischen Behörden laufen Gefahr, Informationen zurückzuhalten, die der medizinischen Gemeinschaft bei der Bekämpfung des Coronavirus helfen und die Menschen unterstützen könnte, sich vor dem Virus zu schützen."
Nicholas Belequin
"Die Tatsache, dass einige dieser Informationen nicht allen Menschen zur Verfügung stehen, erhöht das Risiko von Schäden durch das Coronavirus und verzögert eine wirksame Reaktion", sagt Nicholas Belequin.
Auch Menschen, die versuchen, Informationen über das Coronavirus über soziale Medien zu verbreiten, werden von der chinesischen Regierung ins Visier genommen: So berichtete beispielsweise der Anwalt und Bürgerjournalist Chen Qiushi, dass er von den Behörden schikaniert wurde, nachdem er Filmmaterial aus Krankenhäusern in Wuhan veröffentlicht hatte.
Auch der in Wuhan ansässige Fang Bin wurde von den Behörden abgeführt, nachdem er ein Video veröffentlicht hatte, das angeblich Leichen von Menschen zeigte, die am Coronavirus starben.
„Die Widerlegung falscher Behauptungen über das Virus ist von entscheidender Bedeutung; auch, dass genaue und richtige Gesundheitsinformationen verbreitet werden, ist wichtig, Aber das Abschalten legitimer journalistischer und sozialer Medieninhalte zu diesem Thema dient nicht dem Zweck der öffentlichen Gesundheit“, sagte Nicholas Bequelin.
Mit der Ausbreitung des Virus von China auf Nachbarländer in Südostasien verstärkt sich auch der Trend, dass Staaten die Berichterstattung über die Geschichte kontrollieren wollen.
In Malaysia, Thailand und Vietnam wurden Menschen verhaftet oder zu Geldstrafen verurteilt, weil sie „Fake News“ über den Ausbruch veröffentlicht hätten.
„Regierungen müssen Desinformationen verhindern. Gleichzeitig müssen sie rasch und genaue gesundheitliche Beratung anbieten. Einschränkungen der Meinungsfreiheit müssen immer verhältnismäßig, legitim und notwendig sein“, sagte Nicholas Bequelin, und sagt weiter:
„Wenn Regierungen in Südostasien und anderswo eine Lehre aus Chinas Umgang mit der Coronavirus-Krise ziehen sollten, dann die, dass die Einschränkung von Informationen und die Unterdrückung einer Debatte im Namen der 'Stabilität' ernste Risiken birgt und katastrophal kontraproduktiv sein kann.
Medienberichten zufolge wurden Menschen aus Wuhan – auch solche ohne Symptome – von Hotels abgewiesen, in ihren eigenen Wohnungen verbarrikadiert. Auch ihre persönlichen Daten wurden in China online durchgesickert.
Auch in anderen Ländern gibt es weit verbreitete Berichte über anti-chinesische oder anti-asiatische Fremdenfeindlichkeit. Einige Restaurants in Südkorea, Japan und Vietnam haben sich geweigert, chinesische Gäste zu empfangen; chinesische Gäste wurden von einer Gruppe von Demonstrant*innen aufgefordert wurden, ein Hotel in Indonesien zu verlassen. Französische und australische Zeitungen wurden in ihrer Berichterstattung über die Krise ebenfalls des Rassismus beschuldigt.
Asiatische Gemeinden auf der ganzen Welt haben sich zurückgehalten, und der Twitter-Hashtag #JeNeSuisPasUnVirus (Ich bin kein Virus) hat in Frankreich einen Trend gesetzt.
„Die chinesische Regierung sollte Maßnahmen ergreifen, um Menschen vor Diskriminierung zu schützen. Gleichzeitig dürfen Regierungen weltweit keine Toleranz gegenüber rassistischen Angriffen auf Menschen chinesischer und asiatischer Herkunft zeigen. Die einzige Möglichkeit, wie die Welt diesen Ausbruch bekämpfen kann, ist durch Solidarität und Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg“, sagte Nicholas Bequelin.
Als Reaktion auf das Virus haben viele Länder ihre Türen für Reisende aus China oder anderen asiatischen Ländern geschlossen, andere Staaten haben strenge Quarantänemaßnahmen verhängt.
Die australische Regierung hat Hunderte von Australier*innen in ein Anhaltezentrum für Migrant*innen auf den Weihnachtsinseln geschickt. Zuvor hatte die australische Ärztekammer die Bedingungen dort als „unmenschlich“ bezeichnet, weil Menschen dort psychisch und physisch leiden müssen.
Papua-Neuguinea hat seine Grenzen für Menschen aus allen anderen asiatischen Ländern geschlossen, nicht nur für Menschen, bei denen der Coronavirus bestätigt wurde. Einige Student*innen aus Papua-Neuguinea strandeten auf den Philippinen, nachdem sie auf Anweisung der Behörden Papua-Neuguineas an einem Heimflug gehindert wurden.
Quarantänen, die das Recht auf Freizügigkeit einschränken, sind nach dem Völkerrecht nur dann gerechtfertigt, wenn sie
Quarantänen müssen in einer sicheren und respektvollen Weise verhängt werden. Die Rechte der unter Quarantäne stehenden Menschen müssen respektiert und geschützt werden. Darunter fallen auch die Gewährleistung des Zugangs zu medizinischer Versorgung, Nahrung und anderen Notwendigkeiten.
„Regierungen sind mit einer schwierigen Situation konfrontiert und müssen Maßnahmen ergreifen, um die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern und gleichzeitig sicherzustellen, dass Betroffene Zugang zu der von ihnen benötigten Gesundheitsversorgung haben“, sagte Nicholas Bequelin.
Der Ausbruch des Coronavirus (2019-nCov) begann Ende 2019 in der chinesischen Stadt Wuhan (Provinz Hubei).
Anfang Februar dürfte die Epidemie weltweit mehr als 24.500 Menschen infiziert haben. Die chinesischen Behörden haben 490 Todesfälle, hauptsächlich in der Provinz Hubei, und insgesamt über 24.300 Fälle gemeldet (Stand Anfang Februar 2020). Das Virus hat sich mit Stand Anfang Februar 2020 auf 25 weitere Länder und Gebiete auf der ganzen Welt ausgebreitet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief den globalen Gesundheitsnotstand aus.