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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass die Inhaftierung von Asylbewerber*innen in den Transitzonen nahe der serbischen Grenze durch Ungarn rechtswidrig ist.
„Das ist eine vernichtende Anklage gegen Ungarns Behandlung von Asylsuchenden. Der EU-Gerichtshof hat klargestellt: Ungarn hielt zwei asylsuchende Familien mehr als ein Jahr lang in einer Grenztransitzone gefangen. Dadurch hatten sie keine Möglichkeit, ihre Situation von einem Gericht überprüfen zu lassen, und keine Möglichkeit, diese Zone aus eigenem freien Willen rechtmäßig in irgendeine Richtung zu verlassen. Damit verstieß Ungarn gegen EU-Recht“, sagt Dávid Vig, Geschäftsführer von Amnesty International Ungarn, und sagt weiter:
„Die ungarische Regierung muss unverzüglich die unmenschliche Praxis beenden, Menschen in Gewahrsam zu nehmen, während diese auf Entscheidungen über ihre Asylanträge warten. Darüber hinaus muss Ungarn dieses Urteil umsetzen und dementsprechend Frauen, Männer und Kinder, die derzeit in den Transitzonen festgehalten werden, freilassen.“
Die ungarische Regierung muss unverzüglich die unmenschliche Praxis beenden, Menschen in Gewahrsam zu nehmen, während diese auf Entscheidungen über ihre Asylanträge warten.
Dávid Vig, Geschäftsführer von Amnesty International Ungarn
„Das Asylgesetz muss außerdem vom ungarischen Parlament geändert werden, um sicherzustellen, dass sich die Ungerechtigkeiten, die diese Familien erlitten haben, nicht wiederholen“, sagt Dávid Vig.
Dieser Entscheidung ging das Urteil der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in der Rechtssache Ilias und Ahmed gegen Ungarn im November 2019 voraus, in dem festgestellt wurde, dass Ungarn Menschenrechte verletzt hat, indem es Asylsuchende nach Serbien zurückgeschickt hat, ohne das Risiko zu berücksichtigen, dass sie bei ihrer Ankunft einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein könnten. Der EuGH geht weiter als der EGMR und stellt fest, dass eine Inhaftierung in der Transitzone von Röszke ohne formelle Entscheidung und angemessene Verfahrensgarantien einer willkürlichen Inhaftierung gleichkommt.
Seit 2015 dokumentiert Amnesty International, wie die ungarischen Behörden Menschen auf der Flucht und Asylsuchende nach und nach den Zugang zum Land einschränken, sie willkürlich festhalten, während sie auf das Ergebnis ihres Asylantrags warteten, sie gewaltsam über die Grenzen zurückdrängen und das Leben derjenigen, die auf ihre Abschiebung warteten, gefährden, indem sie ihnen Nahrung verweigern.
Der vom EuGH diskutierte Fall betrifft eine iranische und eine afghanische Familie, die über Serbien nach Ungarn eingereist sind und im Dezember 2018 bzw. im Februar 2019 in der Transitzone Röszke an der serbisch-ungarischen Grenze Asyl beantragt haben. Nach ungarischem Recht wurden ihre Anträge sofort als unzulässig abgelehnt, und sie mussten nach Serbien zurückkehren; ein Land, das Ungarn als „sicher“ betrachtet.
Da Serbien sich weigerte, die Familien wieder aufzunehmen, unterließen es die ungarischen Behörden, ihre Asylanträge in der Sache zu prüfen, sondern änderten das Zielland in das jeweilige Herkunftsland der Asylsuchenden um.
Gegen die Änderungsentscheidungen legten die Betroffenen Einspruch ein, der abgelehnt wurde. Obwohl ein solcher Rechtsbehelf im ungarischen Recht nicht vorgesehen ist, fochten die Antragsteller die Entscheidung über ihre Einwände vor einem ungarischen Gericht an und beantragten die Aufhebung der Entscheidungen über die Ablehnung ihrer Einwände sowie die Durchführung eines neuen Asylverfahrens durch die Asylbehörde.
Die beiden Familien, die von Anwälten des Ungarischen Helsinki-Komitees vertreten werden, wurden über ein Jahr lang (464 bzw. 526 Tage) in einer Transitzone festgehalten, um auf eine Entscheidung über ihre Klage vor Gericht zu warten.