„Der Bericht mag für die FIFA unangenehme Lektüre sein, aber es gibt überwältigenden öffentlichen Druck auf die FIFA, zu handeln. Es gibt keine Entschuldigung für eine weitere Verzögerung. Eine Verpflichtung zur Beseitigung der Missstände im Zusammenhang mit der letzten Weltmeisterschaft wäre ein wichtiger Schritt, damit die FIFA endlich ihrer menschenrechtlichen Verantwortung gerecht wird, und könnte für die Arbeiter*innen und ihre Familien lebensverändernd sein", sagt Steve Cockburn, Leiter des Bereichs Arbeitsrechte und Sport bei Amnesty International.
Ausbeutung und Tote bei der FIFA WM 2022
Hunderttausende von Arbeitsmigrant*innen haben während ihrer Arbeit für die Ausrichtung der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar schwer gelitten. Extreme Hitze und unsichere Arbeitsbedingungen führten dazu, dass viele Arbeiter*innen ihr Leben verloren. Die katarischen Behörden haben es versäumt, den Tod von Tausenden von Arbeiter*innen im ganzen Land in den zehn Jahren vor dem Turnier zu untersuchen.
Andere Arbeitnehmer*innen zahlten erpresserische Vermittlungsgebühren für Jobs, wurden aber später um das versprochene Geld betrogen und mussten entsetzliche Arbeitsbedingungen oder andere Misshandlungen, einschließlich Zwangsarbeit, ertragen. Die Situation hat viele Betroffene finanziell und emotional zerrüttet und unfähig gemacht, sich ein neues Leben aufzubauen.
Mit der Vergabe des Turniers an Katar, ohne zuvor sicherzustellen, dass ausreichende Garantien zum Schutz der Menschenrechte bestehen, trug die FIFA zu mehr als einem Jahrzehnt des Missbrauchs bei, der bis heute nicht behoben wurde. In den letzten Jahren hat die FIFA ihre Statuten und Richtlinien reformiert, um ihren Menschenrechtsverpflichtungen besser gerecht zu werden, aber es bestehen nach wie vor ernsthafte Zweifel an ihrer Zusage, diese einzuhalten.
Die FIFA ist derzeit im Vergabeprozess der Austragungsrechte für die Fußballweltmeisterschaften der Männer in den Jahren 2030 und 2034. Eine gemeinsame Bewerbung von Spanien, Portugal und Marokko ist die Einzige, die für 2030 eingereicht wurde, und Saudi-Arabien ist das einzige Bewerberland für 2034.
„Es kann nicht sein, dass die FIFA einfach zur Organisation anderer Turniere übergeht und das Leid der Arbeitnehmer*innen hinter sich lässt, zumal sie die Chance hat, die Dinge endlich in Ordnung zu bringen. Es ist höchste Zeit, dass die FIFA den Bericht veröffentlicht, die Missstände im Zusammenhang mit der letzten Weltmeisterschaft vollständig aufarbeitet und endlich etwas für die Arbeitnehmer*innen tut, die das Turnier ermöglicht haben", so Steve Cockburn.
Hintergrund
Die FIFA wird ihren Jahreskongress am 17. Mai in Bangkok in Thailand abhalten. Erwartet werden Mitglieder von Fußballverbänden aus 211 Staaten.
Umfragen haben gezeigt, dass in der Öffentlichkeit breite Unterstützung für die Einrichtung eines Mechanismus zur Entschädigung der in Katar misshandelten Arbeiter*innen durch die FIFA besteht und, dass die Menschenrechte bei der Auswahl aller Turnierveranstalterländer durch die FIFA eine entscheidende Rolle spielen sollten. Der Zugang der Betroffenen zu einem von Katar für 2020 eingerichteten Fonds ist mit zahlreichen Hindernissen verbunden. Die Zahlungen sind gedeckelt, und es ist fast unmöglich für die Arbeitnehmer*innen oder ihre Familien, einen Antrag zu stellen, nachdem sie in ihr Heimatland zurückgekehrt sind.
Amnesty International und die #PayUpFIFA-Koalition haben sich dafür eingesetzt, dass die FIFA ein eigenes Entschädigungssystem einrichtet und finanziert, und sie haben gefordert, dass der Vermächtnisfonds der FIFA für die Weltmeisterschaft 2022 zur Behebung von Missständen verwendet wird. Die Weltmeisterschaft in Katar war mit 7,5 Milliarden US-Dollar das profitabelste Turnier, das die FIFA je veranstaltet hat.