Hongkong: Hymnengesetz ist eine Beleidigung der Meinungsfreiheit
5. Juni 2020Das Parlament in Hongkong hat gestern, am 4. 6. 2020, das sogenannte Hymnengesetz verabschiedet, das die "Beleidigung" der chinesischen Nationalhymne unter Strafe stellt. Joshua Rosenzweig, stellvertretender Regionaldirektor für Ost- und Südostasien bei Amnesty International, kommentiert den Entscheid: "Wer die chinesische Nationalhymne 'beleidigt', dem drohen nun bis zu drei Jahre Gefängnis."
Mit diesem jüngsten Versuch, friedliche Kritiker*innen zu kriminalisieren, haben die Behörden Hongkongs das Recht auf freie Meinungsäußerung ein weiteres Mal beleidigt.
Joshua Rosenzweig, Regionaldirekt für Ost- und Südostasien bei Amnesty International
"Das Recht der Menschen, ihre unterschiedlichen Gefühle gegenüber Nationalhymnen und anderen Staatssymbolen zum Ausdruck zu bringen, ist eigentlich durch internationales Recht geschützt. Doch die weit gefassten und subjektiven Bestimmungen dieses Hymnengesetzes öffnen Tür und Tor für den Missbrauch durch die Behörden," sagte Joshua Rosenzweig und sagte weiter:
"Die Verabschiedung dieses Gesetzes ist ein unheilvolles Zeichen für die Zukunft der Menschenrechte in Hongkong. Die Recht und Freiheiten seiner Bürger*innen sind stärker denn je in Gefahr, denn es droht auch die Anwendung des rücksichtlosen nationalen Sicherheitsgesetzes durch China."
Hintergrund
Das Gesetz über die Nationalhymne sieht vor, dass die "Beleidigung" oder der "Missbrauch" der chinesischen Nationalhymne mit einer Geldstrafe von bis zu 50‘000 HK$ (6400 US-Dollar) und mit einer Höchststrafe von drei Jahren Haft geahndet werden kann.
Seit 2015 gab es mehrere Vorfälle, in denen Hongkonger Fußballfans während Fußballspielen die chinesische Nationalhymne ausbuhten oder sich abwandten. Ein solches Verhalten wird nun ein Straftatbestand sein, wenn das Gesetz am 12. Juni in Kraft tritt.
Die Meinungsäußerungsfreiheit schützt Ideen und Äußerungen, die als beleidigend empfunden werden können, wenn sie nicht darauf abzielen oder geeignet sind, zu Gewalt anzustiften. Gemäß internationalen Menschenrechtsnormen stellt die gewaltlose Kritik oder Beleidigung einer Nation oder ihren Symbolen keine Bedrohung der nationalen Sicherheit dar und muss erlaubt sein.