Hongkonger Protestierende bei Protesten im Jahr 2019 © Vernon Yuen, Nurphoto via Getty Images
Hongkonger Protestierende bei Protesten im Jahr 2019 © Vernon Yuen, Nurphoto via Getty Images
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Neues Amnesty-Büro für Hongkong eröffnet „im Exil“ in der Schweiz

15. April 2025

Amnesty International hat die Gründung einer neuen Hongkonger Sektion „im Exil“ angekündigt, nachdem ihre Büros nach der Niederschlagung der Menschenrechtsbewegung in der Stadt 2021 geschlossen worden waren. Amnesty International Hong Kong Overseas (AIHKO) wird von Aktivist*innen aus der Hongkonger Diaspora geleitet, die von internationalen Zentren wie Australien, Kanada, Taiwan, Großbritannien und den USA aus tätig sind. Ihren offiziellen Sitz hat die neue Sektion in der Schweiz. AIHKO ist die erste Sektion von Amnesty International, die vollständig „im Exil" gegründet wurde und dort arbeitet.

„Die Eröffnung von Amnesty International Hong Kong Overseas markiert ein neues Kapitel im verstärkten Engagement der Organisation für die Menschenrechte in Hongkong und stärkt ihre Unterstützung für die Hongkonger Diaspora in aller Welt“, sagte Chi-man Luk, der neue AIHKO-Exekutivdirektor.

Die Zerschlagung der Zivilgesellschaft in Hongkong ist eine Tragödie für die Stadt: Mehr als 100 gemeinnützige Organisationen und Medien wurden geschlossen oder ihre Mitarbeiter*innen mussten fliehen. Doch seit der Schließung von Amnesty International Hongkong vor drei Jahren ist unser Engagement nur noch größer geworden. Wir sind nun bereit, unsere Arbeit zu intensivieren, indem wir ein neues Netzwerk an Unterstützer*innen aufbauen, die von der Hongkonger Diaspora getragen werden.

Chi-man Luk, Exekutivdirektor Amnesty International Hong Kong Overseas (AIHKO)

Die Menschenrechtskrise in Hongkong

Seit der Demokratie-Bewegung 2019 in Hongkong wurden mehr als 10.000 Menschen, darunter viele Studierende, wegen Protestaktionen festgenommen. Über 300 Personen kamen wegen angeblicher „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ in Haft.

Prominente Aktivist*innen, darunter die Rechtsanwältin Chow Hang-tung und der Medienanwalt Jimmy Lai, wurden wegen ihres friedlichen Engagements zu langen Haftstrafen verurteilt.  Amnesty International betrachtet beide als gewaltlose politische Gefangene.

Die Hongkonger Behörden setzen Gesetze aus der Kolonialzeit gegen Aufwiegelung als Waffe ein und führen neue repressive Gesetze ein. Sie haben ein ganzes Arsenal von Instrumenten gegen jede Form von Dissens geschaffen und gehen sogar gegen Kritiker*innen im Ausland vor, indem sie Kopfgelder aussetzen und Pässe entziehen.

Die Drohungen haben uns nur stärker gemacht. Sie erinnern daran, dass selbst denjenigen, die Hongkong verlassen haben, die Freiheit verwehrt bleibt. Um wirklich frei von Unterdrückung zu sein, müssen wir auch außerhalb unserer Grenzen weiterhin für die Menschenrechte kämpfen. Wir werden dies im Namen der Hongkonger*innen tun, sowohl in Hongkong als auch in der ganzen Welt.

Joey Siu, AIHKO-Vorstandsmitglied und einer von 19 Hongkonger Aktivist*innen, auf die die Polizei ein Kopfgeld ausgesetzt hat

Die erste Amnesty-Sektion, die vollständig im Exil arbeitet

AIHKO ist die erste Sektion von Amnesty International, die vollständig „im Exil" gegründet wurde und dort arbeitet. Der Grund dafür ist, dass Hunderttausende von Hongkonger*innen auf der Suche nach Sicherheit und Freiheit ins Ausland gegangen sind.

„Die Arbeit aus dem Ausland bietet uns ein gewisses Maß an Schutz und ermöglicht es uns, freier zu sprechen und uns zu engagieren. Wir haben die Verantwortung, mehr zu tun, um diejenigen zu unterstützen, die in Hongkong bleiben und ihre enorm wichtige Arbeit fortsetzen“, sagte Fernando Cheung, AIHKO-Vorstandsmitglied und ehemaliger Abgeordneter in Hongkong.

AIHKO reiht sich ein in eine wachsende Zahl von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich mit Hongkong-Themen befassen und aufgrund des schrumpfenden Handlungsspielraums für die Zivilgesellschaft und die freie Meinungsäußerung außerhalb von Hongkong weiterarbeiten.

AIHKO ist offiziell in der Schweiz registriert und wird sich darauf konzentrieren, für die Menschenrechte von Hongkonger*innen in Hongkong und im Ausland einzutreten, ihren Stimmen Gehör zu verschaffen und eine starke Diaspora-Gemeinschaft auf der ganzen Welt zu fördern.

Das Amnesty-Überseebüro für Hongkong zeigt die Widerstandsfähigkeit unserer Bewegung, unsere Entschlossenheit, niemals zum Schweigen gebracht zu werden, und unser Engagement, die Menschenrechte zu verteidigen, ganz gleich, welchen Herausforderungen wir uns stellen müssen. Diese neue Sektion und das ihr zugrunde liegende Modell werden eine entscheidende Rolle in unserem Kampf gegen autoritäre Bedrohungen in Hongkong und darüber hinaus spielen.

Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International

einstellung der tätigkeit  2021

Das lokale Sektionsbüro von Amnesty International in Hongkong hat seine Tätigkeit am 31. Oktober 2021 eingestellt, während das Regionalbüro, das Teil des Internationalen Sekretariats von Amnesty ist, seine Tätigkeit in die anderen Büros der Organisation im asiatisch-pazifischen Raum und in Europa verlegt hat.

Als „gewaltlose politische Gefangene“ bezeichnet Amnesty International Menschen, die lediglich aufgrund ihrer aus Gewissensgründen vertretenen Ansichten festgehalten werden, oder deren Inhaftierung auf diskriminierenden Gründen beruht wie z. B. ethnischer Zugehörigkeit, Sexualität oder anderen Identitätsmerkmalen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die betreffende Person niemals Gewalt angewendet oder Gewalt bzw. Hass befürwortet hat.

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