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Saudi-Arabien hat angekündigt, die Todesstrafe für Menschen, die zum Zeitpunkt der Tat unter 18 Jahre alt waren, abzuschaffen. Ausgenommen davon sind all jene Fälle, die unter das Antiterrorgesetz fallen. Amnesty International fordert zu diesem Anlass von Saudi-Arabien, die Todesstrafe vollständig abzuschaffen.
„Die angekündigte Änderung wäre für Saudi-Arabien ein bedeutender Schritt, gleichzeitig erreichte die fortgesetzte Anwendung der Todesstrafe im letzten Jahr mit 184 registrierten Hinrichtungen einen schockierenden Höchststand,“ sagt Heba Morayef, Regionaldirektorin Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International und sagt weiter: "Die Todesstrafe ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen. Sie sollte von keinem Staat angewendet werden und Saudi-Arabien hat in dieser Hinsicht eine besonders schlechte Bilanz vorzuweisen. Abgesehen davon befinden sich Dutzende friedliche Menschenrechtsaktivist*innen in Haft. Sie haben sich mutig in diesem äußerst repressiven Umfeld für Gleichheit und Gerechtigkeit eingesetzt und wurden in unfairen Prozessen verurteilt."
Saudi-Arabien muss jetzt als ersten Schritt zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe ein Hinrichtungsmoratorium erlassen.
Heba Morayef, Regionaldirektorin Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International
Die saudi-arabischen Behörden kündigten am 27. April an, dass das Land die Todesstrafe nicht mehr bei Menschen anwenden wird, die zum Zeitpunkt der Straftat unter 18 Jahre alt waren. Die Todesstrafe wird in diesen Fällen durch eine Höchststrafe von zehn Jahren Gefängnis ersetzt.
Nach Informationen von Amnesty International schließt der entsprechende königliche Erlass jene Straftaten aus, die unter das Antiterrorgesetz fallen. Es ist unklar, wie in diesen Fällen die Strafe für jugendliche Straftäter*innen stattdessen aussehen soll. Amnesty International hat den Missbrauch des Antiterrorgesetzes durch die saudi-arabischen Behörden dokumentiert. Dieses enthält zu weit gefasste und vage Definitionen von „Terrorismus“ und „terroristischen Verbrechen“ sowie eine Reihe von Bestimmungen, die friedliche Kritiker*innen des Regimes kriminalisieren und die Meinungsäußerungsfreiheit einschränken.
Saudi-Arabien missachtet seit Jahren das Völkerrecht. Dieses sieht einen besonderen Schutz für Minderjährige vor und verbietet die Anwendung der Todesstrafe gegen Menschen, die zum Zeitpunkt der Tat noch unter 18 Jahre alt waren.
Amnesty International fordert seit langem die Aufhebung der Todesurteile gegen Ali al-Nimr, Abdullah al-Zaher und Dawood al-Marhoon – drei junge Männer aus der schiitischen Minderheit Saudi-Arabiens, die alle jünger als 18 Jahre alt waren, als sie festgenommen wurden. Sie wurden nach grob unfairen Verfahren vor dem Sonderstrafgericht verurteilt und sind unmittelbar von der Hinrichtung bedroht.
Die Behörden haben den königlichen Erlass zur geplanten Reform noch nicht öffentlich bekanntgegeben und auch die genauen Durchführungsbestimmungen sind noch unklar. Nach Kenntnis von Amnesty International haben Familien von zum Tode verurteilter Menschen bisher noch keine Informationen über den Stand der Fälle ihrer Angehörigen erhalten.
In der vergangenen Woche hat der Oberste Gerichtshof Saudi-Arabiens eine Weisung an die Gerichte erlassen, keine nach freiem Ermessen anwendbare Auspeitschungsstrafen mehr zu verhängen. Stattdessen sollen diese durch Haft- und/oder Geldstrafen ersetzt werden. Es ist noch unklar, ob dies auch für die obligatorischen Prügelstrafen für Straftaten nach der Scharia gilt, darunter Alkoholkonsum und Sexualdelikte.
Die jüngste Ankündigung folgt auf das 2018 erlassene Jugendgesetz, das Gerichte daran hinderte, nach freiem Ermessen Todesurteile gegen Menschen unter 15 Jahren zu verhängen. Weiterhin möglich waren allerdings Todesurteile gegen Menschen, die für hadd-Verbrechen (mit festen und strengen Strafen nach der Scharia) oder für Verbrechen verurteilt wurden, die mit qisas (Vergeltung) bestraft werden. Bei dieser Kategorie von Verbrechen nach der Scharia werden Mord und Körperverletzung mit derselben Tat bestraft, und zwar Mord mit der Todesstrafe und Körperverletzung mit der Zufügung derselben Verletzung. Das Gesetz blieb somit hinter den Verpflichtungen Saudi-Arabiens gemäß dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention) zurück.
Die angekündigten Änderungen stellen einen Fortschritt im Vergleich zum Jugendgesetz dar. Jetzt müssen klare Durchführungsbestimmungen folgen, die sicherstellen, dass keine Minderjährigen von der Reform augeschlossen sind.
In ihrem jährlichen Bericht zur Todesstrafe hat Amnesty International dokumentiert, dass in Saudi-Arabien 2019 sehr viele Menschen hingerichtet wurden, entgegen dem weltweiten Trend einer Abnahme der Hinrichtungen. Die saudischen Behörden haben im vergangenen Jahr 184 Personen hinrichten lassen, die höchste Zahl, die von Amnesty International unter Berufung auf die Zahlen des Innenministeriums seit 2000 dokumentiert wurde.