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Mit der Volksanwaltschaft hat Österreich eine nationale Menschenrechtsinstitution. Solche nationalen Menschenrechtsinstitutionen (NMRI) spielen eine entscheidende Rolle dafür, dass Menschenrechte im Land gefördert und eingehalten werden – und dafür, dass die Einhaltung auch kontrolliert wird. Die Volkanwaltschaft hat nun einen Antrag auf internationale Akkreditierung bei den Vereinten Nationen eingebracht. Amnesty International begrüßt diesen Schritt und gibt gemeinsam mit 10 anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen in einer umfassenden Stellungnahme Empfehlungen, wie die Volksanwaltschaft gestärkt werden kann, damit Menschenrechte in Österreich besser geschützt werden.
Nationale Menschenrechtsinstitutionen (NMRI) sind zentral dafür, dass internationale Menschenrechtsstandards auf nationaler Ebene wirksam umgesetzt werden und die Umsetzung auch überwacht wird. Diese Institutionen leisten einen Beitrag zur wirksamen parlamentarischen Kontrolle und zur Information der Zivilgesellschaft. Sie tragen dazu bei, dass Menschenrechtsbildungsprogramme in Schulsystemen umgesetzt werden und fördern die Achtung der universellen Menschenrechte in der Gesellschaft. Darüber hinaus können sie auch eine zentrale Schutzfunktion bei der Verhütung von Folter und erniedrigender Behandlung einnehmen.
Um wirksam zu sein und von der internationalen Gemeinschaft anerkannt zu werden, müssen NMRI die Standards einhalten, die in den Pariser Prinzipien festgelegt sind. Diese Prinzipien sind eine Reihe von Grundsätzen für die Ausgestaltung von NMRI, die 1993 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurden. Die Globale Allianz der nationalen Menschenrechtsinstitutionen (GANHRI) gewährt Mitgliedschaften und vergibt zwei verschiedene Statusebenen auf der Grundlage der in den Pariser Grundsätzen festgelegten Kriterien.
Die österreichische Volksanwaltschaft musste sich nach ihrer 2011 abgeschlossenen Reakkreditierung im Jahr 2011 mit einem B-Status begnügen und hat deshalb im Menschenrechtssystem der Vereinten Nationen nur Beobachterstatus. Im Rahmen der dritten universellen Menschenrechtsprüfung wurde daher der österreichischen Bundesregierung empfohlen, die Pariser Prinzipien vollständig umzusetzen und die Volksanwaltschaft als Nationale Menschenrechtsinstitution weiter zu stärken. Diese Empfehlung wurde von der Bundesregierung angenommen.
Amnesty International Österreich begrüßt das Vorhaben der Bundesregierung, die Volksanwaltschaft zu stärken und hat aus diesem Grund am 6. Oktober gemeinsam mit zehn anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen eine umfassende Stellungnahme zu dem von der Volksanwaltschaft eingebrachten Antrag auf internationale Reakkreditierung als Nationale Menschenrechtsinstitution (NMRI) bei der Global Alliance for Human Rights Institutions (GANHRI) abgegeben. Zu den Organisationen zählen Asylkoordination, Caritas, Diakonie, Hemayat, Netzwerk Kinderrechte, Österreichische Liga für Menschenrechte, SOS Mitmensch, Verein Projekt Integrationshaus, Volkshilfe und ZARA.
Die Stellungnahme zielt darauf ab, sachdienliche Informationen und Analysen bereitzustellen, um den GANHRI-Unterausschuss für Akkreditierung bei seiner Überprüfung der Volksanwaltschaft zu unterstützen. In dieser Stellungnahme werden folgende Bereiche, in denen die Volksanwaltschaft gestärkt werden könnte, um ihr Mandat als NMRI effektiv umzusetzen und ihre entscheidende Rolle bei der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte in Österreich zu erfüllen, näher beleuchtet:
Was ist die Volksanwaltschaft?
Die Volksanwaltschaft ist eine unabhängige Kontrolleinrichtung, die Beschwerden von Bürger*innen nachgeht und die öffentliche Verwaltung kontrolliert. Seit 2011 hat die Volksanwaltschaft auch das Mandat einer Nationalen Menschenrechtsinstitution (NMRI) inne.
Was sind NMRI?
Nationale Menschenrechtsinstitutionen (NMRI) sind zentral dafür, dass die Menschenrechte in Ländern auf nationaler Ebene eingehalten werden und, dass die Einhaltung auch kontrolliert wird.
Wofür steht GANHRI?
Nationale Menschenrechtsinstitutionen (NMRI) werden durch die GANHRI akkreditiert. Die Globale Allianz der nationalen Menschenrechtsinstitutionen (GANHRI) vergibt zwei verschiedene Statusebenen an nationale Menschenrechtsinstitutionen.
Gemäß Pariser Prinzipien sollte eine NMRI mit der Kompetenz zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte beauftragt werden. Dieses Mandat sollte „so umfassend wie möglich“ sein und alle Menschenrechte umfassen, die in internationalen, regionalen und nationalen Instrumenten festgelegt sind – also nicht nur bürgerliche und politische, sondern auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte.
Im Rahmen ihrer Analyse kommen Amnesty International Österreich und die genannten Organisationen zu dem Ergebnis, dass das Menschenrechtsmandat der Volksanwaltschaft einen starken Fokus auf die Überprüfung von Orten der Freiheitsentziehung, dem Besuch von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und der Überwachung von Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt legt. Dieses Mandat wird in der Praxis jedoch oft sehr eng ausgelegt. Durch eine Ausweitung ihres Mandats könnte sich die Volksanwaltschaft auch stärker auf andere dringende Fragen wie die Prävention von Gewalt gegen Frauen und Kinder im Allgemeinen konzentrieren, oder sich stärker für die Umsetzung von sozialen Rechten in Österreich einsetzen.
Die Organisationen empfehlen daher eine Evaluierung des aktuellen Mandats inklusive möglicher Gesetzesänderungen, um den Fokus des Mandats auf die Förderung und den Schutz aller Menschenrechte zu erweitern – insbesondere um wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte einzubeziehen, angesichts ihres derzeit schwachen Schutzes in Österreich.
Die Pariser Prinzipien legen Kriterien fest, um die Unabhängigkeit und den Pluralismus einer effektiv funktionierenden NMRI zu gewährleisten. Im Rahmen ihrer Analyse äußert Amnesty International Österreich und die genannten Organisationen Bedenken, dass die Zusammensetzung und der parteipolitische Bestellungsmodus der Volksanwält*innen diesen Kriterien nicht vollständig entsprechen.
Die Organisationen empfehlen daher, Regelungen für eine pluralistische Zusammensetzung der Volksanwaltschaft zu treffen, die die vielfältige Gesellschaft in Österreich bestmöglich repräsentiert. Außerdem empfehlen die Organisationen, das Auswahl- und Ernennungsverfahren – in enger Abstimmung mit der Zivilgesellschaft – zu überprüfen und zu reformieren, um sicherzustellen, dass die Prinzipien und Standards der Unabhängigkeit und des Pluralismus eingehalten werden.
Im letzten Reakkreditierungsverfahren im Jahr 2011 wurde die Volksanwaltschaft dazu ermutigt, regelmäßige und systematische Arbeitsbeziehungen mit der Zivilgesellschaft aufzubauen. Angesichts der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Herausforderungen für den Schutz der Menschenrechte ist ein kontinuierlicher Dialog und eine Konsultation mit der breiten Zivilgesellschaft, einschließlich Gewerkschaften und akademischen Einrichtungen, wichtig. Vor diesem Hintergrund empfehlen Amnesty International Österreich und die genannten Organisationen die Institutionalisierung einer besseren Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und anderen relevanten Akteur*innen, wie in den Pariser Prinzipien vorgesehen.
Die Stellungnahme wurde unterstützt von