Wachsender Widerstand gegen saudisches Waffenschiff
3. Februar 2020Zusammenfassung
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Das saudische Schiff Bahri Yanbu ist Teil einer Flotte, die Waffen im Wert von Hunderten von Millionen Dollar in den Krieg im Jemen liefert
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Die Waffen könnten potentiell Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen im Jemen verursachen
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Anfang Februar steuert die Bahri Yanbu fünf europäische Häfen an; Proteste und Klagen sind in mehreren Ländern geplant; Amnesty fordert Regierungen auf, internationale Waffenabkommen zu respektieren
Update 10. Februar 2020
In mehreren europäischen Häfen sind Klagen, Proteste und andere Aktionen gegen die Bahri Yanbu geplant. Das saudische Frachtschiff hat in der Vergangenheit Waffen im Wert von zehn Millionen Dollar transportiert, die den Krieg im Jemen schüren und potentiell Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen verursachen. Nun steuert es nach einem Zwischenstopp in den USA und Kanada fünf europäische Häfen an, bevor es seine Weiterreise nach Saudi-Arabien fortsetzt. Dazu gehören die Häfen in Bremerhaven (Deutschland), Antwerpen (Belgien), Tilbury (Großbritannien), Cherbourg (Frankreich) und Genua (Italien).
„Aktivist*innen und Hafenarbeiter*innen sind in höchster Alarmbereitschaft. Denn Bahri Yanbu droht erneut, das Völkerrecht im Namen lukrativer Waffengeschäfte zu missachten", sagt Patrick Wilcken, Experte für Waffenexporte bei Amnesty International.
Die Fracht der Bahri Yanbu könnte die schreckliche humanitäre Katastrophe im Jemen weiter anheizen. Regierungen müssen endlich ihre rechtlichen Verpflichtungen ernst nehmen und Waffenlieferungen, die potentiell Menschenrechtsverletzungen verursachen, stoppen.
Patrick Wilcken, Experte für Waffenexporte bei Amnesty International
„Auf einer ähnlichen Reise im Mai 2019 verhinderten Proteste und Klagen, dass einige der Waffen, die im Konflikt im Jemen eingesetzt werden, auf die Bahri Yanbu verladen wurden. Trotzdem schlüpften Teile von Militärflugzeuge und andere Waffen im Wert von mehreren Millionen Dollar durch. Mehrere Staaten sind ihren internationalen Verpflichtungen, Waffentransfers für den Einsatz bei Kriegsverbrechen und schweren Menschenrechtsverletzungen zu stoppen, nicht nachgekommen.“
Gegen die aktuelle Reise der Bahri Yanbu wächst Widerstand in mehreren europäischen Ländern:
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Belgien: Drei zivilgesellschaftliche Organisationen haben eine Klage vor Gericht eingereicht. Sie möchten eine einstweilige Verfügung gegen die belgische Regierung erwirken, die Waffentransfers nach Saudi-Arabien genehmigt.
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Frankreich: Freiwillige von Amnesty International Frankreich planen, im Hafen von Cherbourg zu protestieren.
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Italien: Hafenarbeiter*innen planen in Genua einen Streik. Die Gewerkschaften haben sich wiederholt gegen die Verladung „heißer Ladung“, die für den Einsatz im Krieg im Jemen bestimmt ist, ausgesprochen. Auch Unterstützer*innen von Amnesty International Italien wollen in dem Hafen protestieren.
Im Dezember 2019 protestierte Amnesty International Spanien gemeinsam mit anderen Organisationen im Zuge einer nationalen Kampagne für Waffenkontrolle gegen die Ankunft des Schwesterschiffs der Bahri Yanbu, der Bahri Abha, in Sagunto bei Valencia. Die spanische Regierung teilte Amnesty International Spanien mit, dass das Schiff Container für die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten geladen habe. Deren Inhalt wurde allerdings nicht offengelegt.
Waffen im Wert von mehreren Millionen Dollar
Der Inhalt der Bahri Yanbu wird geheim gehalten. Daher fehlen Amnesty International konkrete Hinweise darauf, dass es derzeit Waffen nach Saudi-Arabien liefert. Allerdings lassen Herkunft, Route und bisherige Ladungen des Schiffs darauf schließen, dass es Waffen liefert und Regierungen erneut ihren gesetzlichen Verpflichtungen zur Beendigung der illegalen Waffentransfers nicht nachkommen.
Amnesty International analysierte Frachtdaten der Bahri Yanbu seit Beginn des Krieges im Jemen im Jahr 2015: Auf zehn Reisen von den USA nach Saudi-Arabien transportierte es Militär- und Dual-Use-Ausrüstung im Wert von fast 360 Millionen US-Dollar.
Auf ihrer letzten Reise im Mai 2019, bei der das Schiff mehrere europäische Häfen ansteuerte, führte es Militärkomponenten und -ausrüstung im Wert von 47 Millionen US-Dollar aus amerikanischer Produktion mit sich – ein Großteil wird für Militärflugzeuge verwendet. In Belgien und Spanien wurden Waffencontainer verladen, in Frankreich sollten Kanonen für Haubitzen geladen werden. NGOs leiteten daraufhin rechtliche Schritte ein, um den Waffentransfer zu stoppen. Amnesty International hat auch glaubwürdige Berichte darüber erhalten, dass das Schiff damals mit leichten kanadischen Panzerfahrzeugen (LAVs) beladen war.
Staaten müssen rechtliche Verpflichtungen einhalten
Belgien, Kanada, Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien und das Vereinigte Königreich haben alle das weltweite Waffenhandelsabkommen unterzeichnet. Obwohl die USA zu den Unterzeichner*innen gehören, hat die Trump-Regierung erklärt, dass sie nicht beabsichtigt, die Verpflichtungen des Abkommens zu erfüllen. Der Vertrag verbietet internationale Waffentransfers, die für Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, wie z. B. Angriffe auf die Zivilbevölkerung, genutzt werden können. Der Gemeinsame Standpunkt der EU zu Waffenexporten verbietet es EU-Mitgliedsstaaten auch, in solchen Situationen Waffentransfers zuzulassen.
Beim Luft- und Bodenkrieg im Jemen wurden Tausende Zivilist*innen getötet und verletzt. Einige der Angriffe haben gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen und stellen mutmaßliche Kriegsverbrechen dar. Die Militäroffensive wird von Saudi-Arabien und den Emiraten angeführt.