Deine Spende wird heute verdoppelt
Jede Spende bis zum 31. Dezember wird verdoppelt. So entfaltet dein Beitrag doppelte Wirkung und schützt weltweit die Rechte von Menschen in Gefahr.
Terror will Angst schüren, uns entzweien und uns unsere Freiheiten nehmen. Er zielt auf die Zerstörung des Fundaments unseres Zusammenlebens ab. Der Schutz und die Stärkung von Menschenrechten müssen daher im Mittelpunkt effektiver Anti-Terror-Maßnahmen stehen – nicht ihre Einschränkung.
Terrorismus ist eine ernstzunehmende Bedrohung für die Menschenrechte. Der Anschlag in Wien am 2. November brachte Schrecken, Leid und Verunsicherung nun auch nach Österreich. Terror ist nicht nur ein Angriff auf Menschen. Er ist auch ein Angriff auf Menschenrechte und auf das, wofür sie stehen: Freiheit, gegenseitiger Respekt und ein friedliches Miteinander.
Staaten sind verpflichtet, Terrorismus effektiv zu bekämpfen und vorzubeugen. Es ist Aufgabe der Regierungen, ein sicheres Umfeld zu schaffen, in dem wir alle unsere Rechte wahrnehmen können. Gleichzeitig müssen die Maßnahmen gegen Terrorismus stets verhältnismäßig sein und dürfen unsere Menschenrechte nicht verletzten.
Die Realität sieht jedoch häufig anders aus: Eilig vorangetriebene oder erweiterte Ausnahmezustände und andere Anti-Terror-Maßnahmen verletzten immer wieder Menschenrechte.
Ein Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2017 zeigte beispielsweise, dass weitreichende Anti-Terror-Gesetze Europa in einen tiefen und gefährlichen Zustand permanenter Überwachung versetzen. 2016 untersuchte Amnesty den Ausnahmezustand in Frankreich und zeigte auf, wie Notfallmaßnahmen die Rechte Tausender verletzten, Menschen traumatisierte und stigmatisierte.
Anti-Terror-Maßnahmen liegt oft die falsche Annahme zugrunde, Rechte müssten eingeschränkt werden, um Sicherheit für die Menschen zu gewährleisten.
Auch in Österreich reagierte die Regierung nach dem Anschlag vom 2. November mit der Ankündigung, ein neues Anti-Terror-Paket zu schnüren – auch sollen die geplanten Maßnahmen menschenrechtskonform sein. Doch erste Informationen deuten darauf hin, dass auch die österreichische Regierung nach Maßnahmen greift, die Menschenrechte bedrohen und damit dem Ziel – Terror effektiv zu begegnen – zuwiderlaufen.
Eine strafrechtliche Verfolgung einer Gesinnung verstößt grundsätzlich gegen die Meinungsfreiheit.
Eine Präventivhaft nach dem Beispiel des Maßnahmenvollzugs ist ungeeignet, um Terror und Radikalisierung zu vermeiden und birgt das Risiko des willkürlichen Freiheitsentzuges auf unbestimmte Zeit.
Die Schaffung eines Straftatbestandes, der auf den Islam abzielt, ist diskriminierend und kann eine abschreckende Wirkung auf die Religionsfreiheit haben. Zudem wird die Ausgrenzung von Muslim*innen und das Risiko der Radikalisierung dadurch noch verstärkt.
Die Schließung von Vereinen und Kultusstätten zählt zu den schwersten Eingriffen in die Vereinigungs- und Religionsfreiheit, die nur unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips erfolgen darf.
Eine Verschärfung des Vereinsgesetzes in Österreich scheint aufgrund der bereits vorhandenen Möglichkeiten zur Vereinsauflösung nicht erforderlich. Derartige Maßnahmen – wie auch die Einrichtung eines sogenanntes Imame-Verzeichnisses – können eine abschreckende Wirkung auf die Religions- und Vereinigungsfreiheit haben. Niemand darf aufgrund der Religionszugehörigkeit diskriminiert werden!
Niemandem darf die eigene Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen werden. Dies gilt auch für Menschen mit einer Doppelstaatsbürgerschaft.
Auch der Entzug von finanzieller und sozialer Unterstützung darf nicht leichtfertig erfolgen und niemals die Menschenwürde verletzen. Zudem können solche Maßnahmen die gesellschaftliche Ausgrenzung und das Risiko einer Radikalisierung verstärken.
Terror stellt eine Gesellschaft zweifellos vor große Herausforderungen.
Lasst uns gemeinsam Menschenrechte im Alltag leben und sie verteidigen, damit Terror nicht über unsere Art zu leben siegen kann!
1. Halten wir zusammen, lassen wir uns nicht spalten! Terror will uns entzweien – stellen wir uns bewusst dagegen. Es liegt jetzt an uns allen, ein friedliches Miteinander zu fördern und dafür sorgen, dass wir keinen Menschen und keine Gruppen ausgrenzen.
2. Bleiben wir kritisch: Jede*r von uns hat eine wichtige Funktion in der politischen Debatte. Schauen wir gemeinsam darauf, dass Eingriffe in unsere Rechte so gering wie nötig sind.
3. Informieren wir uns: Dazu gehört auch, dass allen grundlegende Informationen über unsere Rechte und zu geplanten Maßnahmen zur Verfügung stehen. Fordern wir gemeinsam Transparenz und eine Einbindung der Zivilgesellschaft ein!
Entscheidungsträger*innen sind besonders gefordert, Menschenrechte in den Mittelpunkt von Anti-Terror-Maßnahmen zu stellen.
Unsere Forderungen an Entscheidungsträger*innen:
Der erste Schritt sollte sein, sorgfältig zu untersuchen, warum die bereits existierenden Maßnahmen nicht wirksam genutzt worden sind, um Terror zu verhindern. Neue Maßnahmen dürfen nicht von möglichen Behördenversagen ablenken.
Wenn neue Maßnahmen eingeführt werden, müssen diese auch nachweislich wirksam sein. Ein Staat muss also auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen zeigen, dass eine Maßnahme geeignet ist, um Terror zu bekämpfen. Vor allem dürfen keine Maßnahmen getroffen werden, die Ausgrenzung und Hass noch verstärken.
Neue Maßnahmen dürfen niemals leichtfertig Menschenrechte einschränken oder Menschen diskriminieren. Sie müssen stets verhältnismäßig, das heißt vor allem zielgerichtet und notwendig sein, um uns alle vor Terror zu schützen. Der Terror einzelner darf nicht zur unnötigen Beschränkung unser aller Menschenrechte führen!
Der Begriff „Terrorismus“ ist aus menschenrechtlicher Sicht heikel, denn er wurde und wird von Regierungen manipuliert und vereinnahmt. Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung werden Menschenrechte verletzt und die Rechtsstaatlichkeit unterminiert. Das war etwa nach den Anschlägen vom 11. September 2001 der Fall, als die US-Regierung unter dem Titel „Kampf gegen den Terrorismus“ das menschenrechtswidrige Gefängnis auf Guantanamo eröffnete, das zum Symbol für Folter und unbefristete Inhaftierung von Gefangenen ohne Anklage und Gerichtsurteil geworden ist. In unzähligen Ländern der Welt werden Menschen willkürlich auf Basis vager Terrorismusvorwürfe von Gerichten verurteilt – etwa weil sie von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht oder weil sie protestiert haben. Maßnahmen zur so genannten Terrorismusbekämpfung können auch im Widerspruch zu unserem Recht auf Privatsphäre stehen, zum Beispiel durch die Umgehung der Verschlüsselung auf Mobiltelefonen.
Der Begriff Terrorismus wurde bis dato nicht umfassend und einheitlich in internationalen Verträgen definiert. Versuche der Staaten, ein umfassendes Übereinkommen zu verabschieden, das eine einzige, rechtsverbindliche Definition von Terrorismus enthält, sind bis jetzt gescheitert. Auch wenn es im öffentlichen Diskurs ein gemeinsames Verständnis dafür gibt, dass manche Handlungen Terrorismus darstellen, bleiben die Grenzen des Begriffs äußerst unscharf und bieten Raum für Missbrauch durch Regierungen, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und zivilgesellschaftlich Arbeit einzuschränken.
Für Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International ist es daher wichtig, den Begriff Terrorismus mit größter Vorsicht und nur dann zu verwenden, wenn er durch die Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch im öffentlichen Diskurs allgegenwärtig und daher auch in unserer Kommunikation nicht vermeidbar ist. Doch auch wenn wir den Begriff nicht oder nur sehr restriktiv einsetzen, bedeutet dies nicht, dass wir menschenrechtswidrige und abscheuliche Angriffe wie den Hamas-Anschlag nicht verurteilen.
Um auf Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen und aufzuklären, arbeitet Amnesty International jedoch primär mit Begrifflichkeiten, die im Völkerrecht – insbesondere im internationalen Menschenrechtsrahmenwerk und internationalen Strafrecht – bereits gut etabliert und verankert sind. Dazu gehören außergerichtliche Tötungen, Entführungen, Geiselnahmen, Angriffe auf Zivilist*innen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen. Bei der Einordnung von kriegerischen Handlungen berufen wir uns auf das humanitäre Völkerrecht. Diese Begriffe sind eindeutig definiert und verweisen auf einen gefestigten Rechtsrahmen, der wiederum Grundlage für präzisere Forderungen und Empfehlungen an Regierungen sein kann.