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Die allgegenwärtige Überwachung von Milliarden Menschen durch Facebook und Google stellt eine Bedrohung für die Menschenrechte dar. Zu diesem Schluss kommt Amnesty International in einem neuen Bericht, der heute veröffentlicht wird. Amnesty fordert den radikalen Umbau der Geschäftsmodelle der Tech-Giganten.
„Das Internet ist für die Wahrnehmung zahlreicher Rechte unentbehrlich geworden. Milliarden von Menschen haben keine andere Wahl, als diesen öffentlichen Raum zu den von Facebook und Google vorgegebenen Bedingungen zu nutzen“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, und sagt weiter:
„Digitalisierung und die Möglichkeiten in der digitalen Welt sind an sich eine Riesenchance für die Stärkung der Menschenrechte. Eine starke, globale Menschenrechtsbewegung im Jahr 2019 baut auch auf die Möglichkeiten in der digitalen Welt auf. Für Amnesty International gibt sie die Möglichkeit, mit möglichst vielen Menschen im Austausch zu sein und sich effektiv für ihre Rechte und die Rechte anderer einzusetzen. Für uns ist daher zentral: Der Dialog in der digitalen Welt muss möglichst frei von Hürden sein."
Allen Menschen muss ermöglicht werden, auf den derzeit großen Austauschplattformen teilnehmen zu können – ohne Gefahr zu laufen, dass ihre Menschenrechte verletzt werden.
Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich
Der Bericht Surveillance Giants zeigt auf, dass das auf Überwachung basierende Geschäftsmodell von Facebook und Google per se unvereinbar ist mit dem Recht auf Privatsphäre. Es bedroht außerdem die Rechte auf Meinungs- und Gedankenfreiheit sowie das Recht auf Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung.
„Um im digitalen Zeitalter unsere menschlichen Grundwerte zu schützen – also Würde, Selbstbestimmung und Privatsphäre –, braucht es einen radikalen Wandel in der Arbeitsweise der Tech-Giganten. Wir brauchen ein Internet, dessen zentraler Algorithmus die Menschenrechte sind“, sagt Kumi Naidoo, internationaler Generalsekretär von Amnesty International.
Regierungen müssen dringend Maßnahmen ergreifen, um das auf Überwachung basierende Geschäftsmodell umzukrempeln und uns vor Menschenrechtsverstößen durch Konzerne zu schützen, fordert Amnesty. Hierzu braucht es unter anderem die Durchsetzung solider Datenschutzgesetze und eine wirksame und menschenrechtskonforme Regulierung der großen Technologieunternehmen.
Google und Facebook haben unsere Privatsphäre im Laufe der Zeit immer weiter ausgehöhlt.
Kumi Naidoo, Generalsekretär von Amnesty International
„Wir müssen uns dieser Überwachungsmaschinerie entweder ergeben und hinnehmen, dass unsere Daten für Manipulation und Beeinflussung genutzt werden, oder wir müssen auf die Vorteile der digitalen Welt verzichten. Das darf nicht die einzig legitime Wahl sein, vor die wir gestellt werden. Wir müssen diesen wichtigen öffentlichen Raum zurückerobern, damit wir teilhaben können, ohne dass unsere Rechte verletzt werden“, sagt Kumi Naidoo.
Regierungen müssen daher zunächst Gesetze erlassen, die es Firmen wie Google und Facebook verbieten, den Zugang zu ihren Dienstleistungen von der Einwilligung zur Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe persönlicher Daten für Marketing- oder Werbezwecke abhängig zu machen. Unternehmen wie Google und Facebook sind außerdem in der Pflicht, die Menschenrechte zu achten, ungeachtet ihres Standortes oder Betriebsmodells.
„Facebook und Google dürfen uns nicht vorschreiben, wie unsere digitale Welt auszusehen hat. Diese Unternehmen haben sich für ein bestimmtes überwachungsbasiertes Geschäftsmodell entschieden, das die Privatsphäre, Meinungsfreiheit und andere Menschenrechte beeinträchtigt. Die Technologie, auf die das Internet aufgebaut ist, ist mit unseren Rechten vereinbar – das von Facebook und Google gewählte Geschäftsmodell allerdings nicht“, sagt Kumi Naidoo.
Wir müssen nun dringend diesen wichtigen öffentlichen Raum für alle zurückerobern und nicht nur für eine Handvoll Firmen im Silicon Valley, die niemandem Rechenschaft schuldig sind.
Kumi Naidoo, Generalsekretär von Amnesty International
Google und Facebook dominieren mittlerweile diejenigen Kanäle, die in den meisten Teilen der Welt – bis auf China – für die Wahrnehmung unserer Rechte im Internet wichtig geworden sind. Sie kontrollieren zahlreiche Plattformen wie Facebook, Instagram, Google-Suche, YouTube und WhatsApp. Diese ermöglichen es Menschen, Informationen ausfindig zu machen und zu teilen, mit anderen zu diskutieren und sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Die meisten Smartphones der Welt laufen zudem mit dem Android-Betriebssystem von Google.
Andere große Technologieunternehmen wie Apple, Amazon und Microsoft verfügen zwar in bestimmten Bereichen ebenfalls über erheblichen Einfluss, doch die von Facebook und Google kontrollierten Plattformen sind diejenigen, die für den menschlichen Austausch unverzichtbar geworden sind – sie sind faktisch die neuen Plätze des globalen öffentlichen Lebens.
Die Tech-Giganten bieten Milliarden von Menschen diese Dienste an – ohne eine Gebühr zu erheben. Stattdessen zahlen wir mit einer anderen Währung: beispielsweise mit vertraulichen persönlichen Daten oder der ständigen Überwachung unserer Bewegungen – im Internet und in der realen Welt – dank miteinander verbundener Geräte.
Die Erhebung und Auswertung persönlicher Daten in diesem nie dagewesenen Ausmaß ist mit dem Recht auf Privatsphäre gänzlich unvereinbar. Zu diesem Recht gehört die Wahrung des Privatlebens, die Kontrolle über persönliche Informationen und das Recht auf einen Raum, in dem wir uns frei entfalten können.
Die Plattformen von Google und Facebook basieren auf algorithmischen Systemen, die riesige Datenmengen verarbeiten, um daraus enorm detaillierte persönliche Merkmale abzuleiten und die Nutzererfahrung im Internet zu gestalten. Facebook und Google werden dann von Werbetreibenden dafür bezahlt, dass diese Nutzer*innen mit maßgeschneiderten Werbebotschaften versorgen können.
Der Skandal um Cambridge Analytica hat aufgezeigt, wie leicht persönliche Daten auf unerwartete Weise für Manipulation und Beeinflussung missbraucht werden können.
„Wir haben bereits die Erfahrung gemacht, dass das ausgefeilte Werbegerüst von Google und Facebook in den falschen Händen eine gefährliche Waffe sein kann. Es kann nicht nur zu politischen Zwecken missbraucht werden, mit potenziell katastrophalen gesellschaftlichen Folgen, sondern ermöglicht auch zahlreiche ausbeuterische Werbetaktiken, z. B. wenn Menschen ins Visier genommen werden, die an einer Sucht oder Krankheit leiden oder psychische Probleme haben. Da diese Werbeanzeigen individuell auf uns zugeschnitten sind, unterliegen sie keiner öffentlichen Überwachung“, sagt Kumi Naidoo.
Facebook und Google streiten die Erkenntnisse des Amnesty-Berichts ab. Die Reaktionen der Unternehmen sind im Bericht Surveillance Giants enthalten.