© ORLANDO SIERRA / AFP
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Amerikas: Amnesty fordert Einhaltung der Menschenrechte bei staatlichen Reaktionen auf COVID-19

24. März 2020

Amnesty International hat heute Empfehlungen veröffentlicht, die gewährleisten sollen, dass Staaten in der Region Amerikas bei ihren Maßnahmen gegen COVID-19 im Einklang mit ihren internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen handeln. Zudem listet Amnesty in der Veröffentlichung eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen in der Region auf, die der Pandemie vorausgegangen sind, durch sie aber noch verschlimmert werden könnten.

In dem Dokument werden vier Empfehlungen genannt, die Regierungen umsetzen sollen, und vier Vorgehensweisen, die sie unterlassen sollen. Staaten sollen nicht diskriminieren, stark gefährdete Gruppen nicht allein lassen und keine Repression oder übermäßige Gewalt bei der Durchsetzung von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit anwenden. Ebenfalls zu unterlassen ist die Zensur von evidenzbasierten Informationen oder Präventionsmaßnahmen oder die Einschränkung des Zugangs dazu.

Staaten sollen hingegen die Einhaltung der Rechte von Arbeiter*innen sowie soziale Sicherheit gewährleisten. Sie müssen den Zugang zu Wasser, sanitären Einrichtungen und angemessener medizinischer Versorgung für alle sicherstellen, die geschlechtsspezifischen Aspekte der Pandemie berücksichtigen und das Recht der Menschen auf Privatsphäre schützen.

„Die Ausbreitung von COVID-19 auf dem amerikanischen Kontinent bedeutet eine ernste und beispiellose Herausforderung für eine Region, die bereits von alltäglicher Gewalt, Korruption, Umweltzerstörung und wirtschaftlicher Ungleichheit heimgesucht wird und in der Millionen von Menschen auf der Suche nach Sicherheit weiterhin aus ihrer Heimat fliehen. Es wird für immer in Erinnerung bleiben, wie Regierungen auf diese Situation reagiert haben. Die Geschichte wird alle, die die Pandemie als Vorwand für Diskriminierung, Unterdrückung oder Zensur benutzen, wenig wohlwollend beurteilen“, sagt Erika Guevara-Rosas, Direktorin für die Region Amerikas bei Amnesty International, und sagt weiter: 

"Präsident Trump, der von einem ‚chinesischen Virus' spricht, und brasilianische Politiker*innen, die ebenfalls China für den Ausbruch des Virus verantwortlich machen, sind Beispiele dafür, wie Regierungsvertreter*innen auf dem amerikanischen Kontinent durch ihre öffentlichen Reaktionen Rassismus und Diskriminierung gefährlich schüren." 

 

Anstatt die Krise zu verschärfen, müssen die Regierungen in der Region die Menschenrechte in den Mittelpunkt all ihrer Maßnahmen stellen.

Erika Guevara-Rosas, Direktorin für die Region Amerikas bei Amnesty International

"Anstatt die Krise zu verschärfen, müssen die Regierungen in der Region die Menschenrechte in den Mittelpunkt all ihrer Maßnahmen stellen. Sie müssen sicherstellen, dass niemand alleingelassen wird und darauf achten, die am stärksten gefährdeten Gruppen zu schützen, darunter Flüchtlinge und Binnenvertriebene in Lagern, in Armut lebende Menschen, Frauen, informell Beschäftigte mit eingeschränktem Schutz, Gefangene und Gruppen, die durch das Virus besonders gefährdet sind.“

Bereits in diesem frühen Stadium der Pandemie auf dem amerikanischen Kontinent konnte Amnesty International feststellen, dass Menschenrechte bei der Reaktion der Regierungen auf COVID-19 missachtet werden.

So bedient sich die US-Regierung unter Präsident Trump nicht nur eines diskriminierenden Sprachgebrauchs, sondern hat auch die Grenzen der Vereinigten Staaten zu Mexiko und Kanada weitgehend geschlossen und damit die Absicht signalisiert, Flüchtlingen und Asylsuchenden, die internationalen Schutz benötigen, im Stich zu lassen. Auch die Regierung von Justin Trudeau hat Asylsuchenden, die versuchen, über die Grenze zu den Vereinigten Staaten nach Kanada einzureisen, den Rücken zugekehrt.

In Venezuela haben die Behörden unter der Regierung von Nicolás Maduro mindestens zwei Mitarbeiter_innen des öffentlichen Gesundheitswesens willkürlich festgenommen, weil sie den Mangel an Ressourcen zur Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie angeprangert hatten.

In Honduras hat die Regierung von Juan Orlando Hernández unterdessen im Rahmen des am 16. März ausgerufenen Ausnahmezustands eine Reihe von verfassungsmäßigen Rechten, darunter die Rechte auf freie Meinungsäußerung und auf ein faires Gerichtsverfahren, aufgehoben.