Deine Spende wird heute verdoppelt
Jede Spende bis zum 31. Dezember wird verdoppelt. So entfaltet dein Beitrag doppelte Wirkung und schützt weltweit die Rechte von Menschen in Gefahr.
Kurz nachdem die neu gegründete Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe (EBM) bei Polizeigewalt ihre Arbeit aufgenommen hat, fordert Amnesty International in Österreich eine allgemeine Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamt*innen. Das ist unbedingt notwendig, damit Fälle von Polizeigewalt auch wirksam aufgeklärt werden können. Denn für eine etwaige Strafverfolgung Beschuldigter ist eine Identifikation unbedingt notwendig, da eine strafrechtliche Verurteilung die Feststellung der individuellen Schuld voraussetzt.
Derzeit müssen sich Polizist*innen in Österreich auf Nachfrage hin mit ihrer Dienstnummer ausweisen, aber eine auf der Uniform erkenntliche Kennzeichnung gibt es nicht. In der Praxis ist solch ein Nachfragen allerdings nicht immer einfach. „Wenn eine Person aber nicht weiß – und möglicherweise auch nicht in Erfahrung bringen kann – mit wem sie es zu tun hat, dann sind jegliche weiteren rechtlichen Schritte schwierig“, so Shoura Hashemi-Zehetner, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich. Sie fordert daher, dass Polizeibeamt*innen sichtbar an der Uniform eine leicht erkennbare und individuelle Kennzeichnung tragen; dabei sei sowohl ein Namensschild oder eine Nummer möglich.
Sogar wenn Fehlverhalten klar festgestellt wird, kann die*der Polizist*in oftmals nicht identifiziert werden. Das ist für die Opfer und Betroffenen ein Schlag ins Gesicht.
Shoura Hashemi-Zehetner, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich
International ist eine Kennzeichnungspflicht als Standard anerkannt und in Europa in den meisten Ländern umgesetzt. Nur in einigen wenigen Staaten – neben Österreich sind es Italien, die Niederlande, Luxemburg und Zypern – gibt es gar keine Form der Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamt*innen. Auch der EGMR betont die Notwendigkeit einer Kennzeichnungspflicht.
In Österreich existiert die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht schon lange, im aktuellen Regierungsprogramm ist sie allerdings nicht zu finden. „Immer wieder gibt es Stimmen für die Einführung einer Kennzeichnungspflicht, aber es scheitert am Widerstand einzelner bzw. am fehlenden politischen Willen“, kritisiert Hashemi-Zehetner. „Dabei würde auch diese Maßnahme, ähnlich wie die Einführung der Ermittlungsstelle, das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei stärken.“ In den letzten Jahren habe in Österreich ein Klima der Straflosigkeit bei Fällen von Polizeigewalt geherrscht, so die Amnesty-Geschäftsführerin. Eine der Ursachen dafür: „Sogar wenn Fehlverhalten klar festgestellt wird, kann die*der Polizist*in oftmals nicht identifiziert werden.“ Mit anderen Worten: Zwar steht fest, dass unrechtmäßige Polizeigewalt eingesetzt wurde, aber es ist nicht klar, wer konkret das entsprechende Fehlverhalten gesetzt hat. Und im Zweifel kommt es daher zu einem Freispruch aller involvierter Beamt*innen, da niemandem eine individuelle Schuld nachgewiesen werden kann. „Das ist für die Opfer und Betroffenen ein Schlag ins Gesicht.“
„Dass vor kurzem die neu eingerichtete Ermittlungs- und Beschwerdestelle ihre Arbeit aufgenommen hat und Misshandlungsvorwürfe und Polizeigewalt nun konsequent untersucht werden, ist sehr erfreulich. Aber damit wirksam strafrechtlich ermittelt werden kann, braucht es die Kennzeichnungspflicht, die als internationaler Menschenrechtsstandard erprobt und anerkannt ist. Viele europäische Länder machen es vor – Österreich muss jetzt nachziehen“, appelliert Shoura Hashemi daher an die politisch Verantwortlichen. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen startet Amnesty International heute auch eine Petition, mit der für die Einführung einer Kennzeichnungspflicht unterschrieben werden kann.