Verhinderung von Technologietransfer und Wissensaustausch
Auch die Behauptung von Pfizer seine „wissenschaftlichen Instrumente und Erkenntnisse zu teilen“, entspricht nicht der Wahrheit. Sie steht in krassem Gegensatz zu der Tatsache, dass das Unternehmen sich nicht am COVID-19 Technology Access Pool (CTAP) beteiligt, der Daten und Wissen weltweit bündelt. Auch der WHO-Drehscheibe für den Technologietransfer von mRNA-Impfstoffen in Südafrika blieb Pfizer bislang fern und verzögert damit die Entwicklung von Produktionsstätten in Afrika. Pfizer hat sich auch aktiv gegen die TRIPS-Ausnahmeregelung der Welthandelsorganisation eingesetzt, die eine vorübergehende Aussetzung der Patentrechte vorsieht und eine Ausweitung der weltweiten Produktionskapazitäten für COVID-19-Impfstoffe ermöglichen würde. Auch die anderen europäischen und US-amerikanischen Hersteller von COVID-19-Impfstoffen, BioNTech, Moderna, Johnson & Johnson und AstraZeneca, haben die gemeinsame Nutzung von Technologien blockiert und Lobbyarbeit gegen die vorgeschlagene TRIPS-Ausnahmeregelung geleistet.
Hunderttausende von Menschenleben stehen auf dem Spiel
Amnesty International unterstützt mit der Kampagne 100 Tage Countdown: 2 Milliarden Impfstoffe jetzt! das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, bis Ende des Jahres 40 Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen zu impfen. Laut Amnesty kann dieses Ziel erreicht werden, wenn die Pharmaunternehmen die Hälfte der zwischen dem 21. September und dem 31. Dezember 2021 produzierten Impfstoffe an 82 Länder mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen liefern, wenn die Staaten die Millionen überschüssiger Impfstoffe, die sich derzeit in ihren Beständen befinden, umverteilen und wenn Staaten und Pharmaunternehmen die weltweite Versorgung mit COVID-19-Impfstoffen durch den Austausch von Wissen und Technologie rasch erhöhen.
Noch sei es für die Pharmaunternehmen nicht zu spät, das Blatt zu wenden, meint auch Annemarie Schlack: „Wenn sie jetzt handeln, könnten sie dazu beitragen, dass bis Ende des Jahres 1,2 Milliarden Menschen in Ländern mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen zusätzlich geimpft werden – und mindestens 2 Millionen* Leben retten.“
HinweisE
- * Das Analyseunternehmen Airfinity schätzt, dass pro 100 Millionen gelieferter Impfdosen zwischen 100.000 und 225.000 Menschenleben gerettet werden können. Falls das Ziel 1,2 Milliarden Menschen in Ländern mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen zusätzlich zu impfen, erreicht wird, könnten demnach mindestens 2 Millionen Menschenleben gerettet werden.
- In seiner Antwort an Amnesty International sagte Pfizer: „Wir erkennen an und sind besorgt über das relativ geringe Tempo, mit dem die Impfstoffe die Länder mit niedrigem Einkommen erreicht haben, aber es ist auch wichtig, anzuerkennen, dass sich etwa zwei Drittel der 1,3 Milliarden in Armut lebenden Menschen in Ländern mit mittlerem Einkommen befinden. In den Ländern mit unterem mittlerem und oberen mittlerem Einkommen leben derzeit 75 Prozent der Weltbevölkerung und 62 Prozent der Armen der Welt. Nichtsdestotrotz gehen wir davon aus, dass es bis zum Jahresende zu einem erheblichen Anstieg der Dosislieferungen kommen wird, wobei der Schwerpunkt auf den Ländern mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen liegt, die von den globalen Zielen weiter entfernt sind.“
- Zur Frage der geistigen Eigentumsrechte fügte Pfizer hinzu, dass „der Rahmen für geistiges Eigentum Innovationen schützt und einen sicheren Transfer von technischem Wissen ermöglicht“ und dass das Unternehmen „weiterhin Möglichkeiten aufgreifen wird, neue Partner in sein Lieferkettennetzwerk einzubinden, um den Zugang zum COVID-19-Impfstoff weiter zu beschleunigen.“