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Überprüfung der Förderungen für zwielichtiges ICMPD, das laut rechtskräftigem Urteil „unprofessionell und widersprüchlich“ vorgeht, dringend geboten.
Trotz der erneut widersprüchlichen Ankündigungen, Rechtsmittel gegen die eindeutige Klagsabweisung einbringen zu wollen, gibt das Internationale Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) im SLAPP Prozess gegen SOS Balkanroute und seinen Gründer Petar Rosandić auf. Das 18 Seiten lange Urteil ist damit rechtskräftig geworden.
Die internationale Organisation mit Ex-ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger an der Spitze, die mit EU-Steuergeldern ein illegales Gefängnis im bosnischen Camp Lipa errichtet hat, ist vor Gericht nicht nur an den Fakten, sondern auch an der breiten Solidarität und dem Protest von über 50 österreichischen und internationalen Organisationen gescheitert, darunter der Caritas, Diakonie, Volkshilfe, asylkoordination und Amnesty International.
Die ohnehin umstrittene Organisation ICMPD hat sich durch ihr aussichtslose Einschüchterungsklage vollkommen disqualifiziert und ihre Reputation weiter beschädigt
Lukas Gahleitner-Gertz, asylkoordination
"Das Scheitern der Einschüchterungsklage des ICMPD gegen SOS Balkanroute und Petar Rosandić ist ein durchschlagender Sieg für die österreichische Zivilgesellschaft. Dieser Erfolg bedeutet aber auch einen Aufruf zum Handeln: Die österreichische Regierung muss nun wirksame Maßnahmen ergreifen, um ähnliche Einschüchterungsklagen in Schnellverfahren rasch abzuweisen“, kommentiert Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.
„Auch das Handelsgericht Wien hat erkannt, dass es sich bei Fragen der Migration um eine äußerst grundrechtsinvasive Thematik handelt, weil es oft um Leben und Tod geht. Wenn es Indizien dafür gibt, dass die EU und/oder Regierungen der Mitgliedsstaaten geltendes Recht missachten, dann bedarf es dringend der öffentlichen Kritik, die nicht mit einer SLAPP-Klage abgedreht werden darf,“ sagt Maria Windhager, Anwältin von Rosandić und SOS Balkanroute.
„Die ohnehin umstrittene Organisation ICMPD hat sich durch ihr aussichtslose Einschüchterungsklage vollkommen disqualifiziert und ihre Reputation weiter beschädigt,“ kommentiert Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der asylkoordination österreich, und fordert Konsequenzen. „Eine Organisation, die laut rechtskräftigem Urteil durch ihre widersprüchlichen Angaben und Verhalten zum öffentlichen Misstrauen im ohnehin heiklen Migrationsbereich beiträgt, kann kein vertrauenswürdiger Empfänger von Steuergeld sein. Die öffentlichen Förderungen für ICMPD müssen dringend auf den Prüfstand, die österreichische Regierung kann hier nicht so tun als ob nichts passiert wäre,“ fordert Gahleitner-Gertz zur Transparenz und Kontrolle der Verwendung von Steuergeld auf.
„Das Urteil hat alle Zweifel und Nebelgranaten aus dem Weg geräumt. Die Festung Europa ist für Menschen auf der Flucht heute ein rechtsfreier Raum, in dem illegale Gefängnisse, staatlich organisierte illegale Grenzgewalt und eklatante Menschenrechtsbrüche zum Alltag gehören. Dass wir das vor einem österreichischen Gericht beweisen konnten, ist ein wichtiger Erfolg, genauso wie die Verhinderung der Inbetriebnahme des illegalen Gefängnisses in Lipa“, sagt Petar Rosandić, Gründer der SOS Balkanroute.
Das mit 500.000 Euro EU-Steuergeldern finanzierte Gefängnis im bosnischen Camp Lipa wurde im Mai vom ICMPD an das bosnische Sicherheitsministerium übergeben, aber in Betrieb gehen wird es nicht. „Dieses Objekt brauchenwir nicht“, erklärte Žarko Laketa, Chef der für Lipa zuständigen Ausländerbehörde im Sicherheitsministerium, gegenüber dem Balkan-CNN-Sender "N1". Auch der bosnische Menschenrechtsminister Sevlid Hurtić zeigte sich mit dem Urteil zufrieden und sprach von „der erfolgreichen Verteidigung der Menschenrechte“.
„Vor Ort sind wir Zeugen, wie die Festung Europa jeden Tag einstürzt, nämlich dann, wenn Menschen einfach Menschen bleiben wollen. Die Situation vor Ort an den Außengrenzen ist anders, als die Architekten der Festung Europa sich das immer wieder vorstellen. In Kroatien ist es der Erzbischof in Rijeka, der die Menschen schützt, an der bosnisch-kroatischen Grenze sind es oft die Frauenvereine aus den Dörfern. Wichtig ist, dass wir alle gemeinsam nicht wegsehen, wachsam bleiben und immer wieder unsere Menschenrechte und unsere Menschenwürde verteidigen“, so Rosandiä abschließend.
„Allerdings ist im konkreten Fall hier die Behauptung nicht „unwahr“ (also falsch), weil die Klägerin [Anm: ICMPD] den Hafttrakt ja tatsächlich gebaut hat, der, wie ausgeführt, ausreichende Parallelen im Sinne der Äußerung der Beklagten [Anm: SOS Balkanroute] zu einem mit Guantánamo assoziierten Gefängnis aufweist.
Dass es um mögliche, befürchtete Missstände geht, die verhindert werden sollen, bevor sie passieren, ist eindeutig. Dass solche Dinge objektiv nachvollziehbar befürchtet werden können und aus demokratiepolitischen Gründen auch dürfen, liegt nicht zuletzt an dem unprofessionell mehrdeutigen und widersprüchlichen Vorgehen der Beteiligten in der Öffentlichkeit, insbesondere der EU und der Klägerin, aber auch den zum Teil ganz eindeutig rechtswidrigen offen zu Schau getragenen Tendenzen (./14). Daher scheiden nach Ansicht des Gerichts Ansprüche der Klägerin schon deshalb aus, weil die Voraussetzungen des § 1330 ABGB gar nicht vorliegen.
Doch selbst wenn man eine strengere Beurteilung heranzieht, sind die Äußerungen jedenfalls nach Art 10 EMRK und dessen Auslegung durch den EGMR gerechtfertigt. Dazu ist vorauszuschicken, dass den Äußerungen eindeutig eine politische Auseinandersetzung zu Grunde liegt. Unabhängig davon, ob man die Äußerungen und Tätigkeit der Beklagten in einem journalistischen (Aufklärung der Öffentlichkeit) oder politischen (NGO, die versucht, Meinungsbildung zu betreiben und mögliche Missstände zu beseitigen) Kontext sieht, sind sie vom Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art 10 EMRK gedeckt.
Die Klägerin [Anm: ICMPD] ist auch keine unbeteiligte Privatperson. Es handelt sich um eine Internationale Organisation, die gezielt im Bereich der Migration und dort auch auf der „öffentlichen Bühne“ tätig wird. So äußerte sich ja auch die Klägerin bzw ihre Organe zum Thema Lipa mehrmals öffentlich und trug mit widersprüchlichen Angaben zum öffentlichen Misstrauen und Interesse bei (vgl. ./29: „ICMPD ist selbstverständlich nicht am Bau von Haftzellen oder Ähnlichem beteiligt“).