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Triggerwarnung: Der Text beschreibt Folter, psychische und physische Gewalt.
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Die israelischen Behörden müssen die unbefristete Inhaftierung von Palästinenser*innen aus dem besetzten Gazastreifen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren unter dem Gesetz zu ungesetzlichen Kombattanten beenden, da dies einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt, fordert Amnesty International.
Die Menschenrechtsorganisation hat die Fälle von 27 ehemaligen Gefangenen dokumentiert, welche im Zusammenhang mit dem israelischen Gesetz über „ungesetzliche Kombattanten“ bis zu viereinhalb Monaten in Isolationshaft festgehalten und gefoltert wurden, darunter fünf Frauen und ein 14-jähriger Junge. Ihnen wurde weder Zugang zu Rechtsbeiständen noch Kontakt zu ihren Familien gewährt.
Der Bub wurde 24 Tage lang im Militärgefängnis Sde Teiman mit mindestens 100 erwachsenen Häftlingen in einer Baracke festgehalten. Er berichtete Amnesty International, dass er von militärischen Beamt*innen gefoltert wurde, unter anderem durch Tritte und Schläge in den Nacken und auf den Kopf, und wiederholt mit Zigarettenstummeln verbrannt wurde. Während seiner Inhaftierung durfte er weder seine Familie anrufen noch einen Anwalt aufsuchen und wurde mit verbundenen Augen und in Handschellen festgehalten.
Eine der inhaftierten Frauen wurde von ihren beiden Kindern – einem Vierjährigen und einem neun Monate alten Baby – getrennt und zunächst zusammen mit Hunderten von Männern festgehalten. Sie wurde beschuldigt, Mitglied der Hamas zu sein, geschlagen und gezwungen, der Scheinhinrichtung ihres Mannes beizuwohnen.
Einer anderen Frau hat man nach drei Wochen im Damon-Gefängnis mitgeteilt, dass sie freigelassen würde und sie in Handschellen, mit verbundenen Augen und an den Füßen gefesselt an einen anderen Ort gebracht. Dort angekommen, wurden ihr von Wärter*innen mit einem großen Messer die Kleider vom Leib gerissen und sie gewaltsam einer Leibesvisitation unterzogen. Anschließend wurde sie für weitere 18 Tage wieder nach Anatot gebracht. Dabei wurde ihr gedroht: „Wir werden dir das antun, was die Hamas uns angetan hat, wir werden dich entführen und vergewaltigen.“ Die Gründe für ihre Inhaftierung wurden ihr nie mitgeteilt.
Zu den Festgenommenen gehörten Ärzt*innen, die in Krankenhäusern in Gewahrsam genommen wurden, weil sie sich weigerten, ihre Patient*innen zu verlassen; Mütter, die von ihren Kleinkindern getrennt wurden, als sie versuchten, den so genannten „sicheren Korridor“ vom nördlichen Gazastreifen in den Süden zu überqueren; Menschenrechtsverteidiger*innen, UN-Mitarbeiter*innen und Journalist*innen. Amnesty International befragte auch vier Familienangehörige von Zivilist*innen, die seit bis zu sieben Monaten inhaftiert sind und deren Verbleib von den israelischen Behörden noch nicht bekannt gegeben wurde, sowie zwei Anwält*innen, denen es vor kurzem gelungen war, mit Inhaftierten zusammenzutreffen.
Zwischen Februar und Juni 2024 dokumentierte Amnesty International insgesamt 31 Fälle von Isolationshaft und fand glaubwürdige Beweise für die weit verbreitete Anwendung von Folter und anderer Misshandlung. Alle von Amnesty International befragten Personen gaben an, dass sie während ihrer Isolationshaft, die in einigen Fällen einem erzwungenen Verschwindenlassen gleichkam, von israelischen Militär-, Geheimdienst- und Polizeikräften gefoltert und anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt wurden. Die Organisation fordert, dass die Vorwürfe, bei denen es um Kriegsverbrechen geht, von der Staatsanwaltschaft des Internationalen Strafgerichtshofs unabhängig untersucht werden.
Amnesty betont, dass die Inhaftierung von Personen aus zwingenden Sicherheitsgründen in Besatzungssituationen gemäß des humanitären Völkerrechts zwar möglich sei, aber es müsse Schutzmaßnahmen geben, um unbefristete oder willkürliche Inhaftierungen sowie Folter und andere Misshandlungen zu verhindern.
Das Gesetz über „ungesetzliche Kombattanten“ verleiht dem israelischen Militär weitreichende Befugnisse, um alle Personen aus dem Gazastreifen, die verdächtigt werden, an Feindseligkeiten gegen Israel beteiligt zu sein oder eine Bedrohung für die Sicherheit des Staates darzustellen, für unbegrenzt verlängerbare Zeiträume zu inhaftieren, ohne Beweise für diese Behauptungen vorlegen zu müssen. Es wurde ursprünglich 2002 erlassen, um die längere Inhaftierung von zwei libanesischen Staatsangehörigen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren zu ermöglichen, die nicht der israelischen Gerichtsbarkeit unterstanden. Seit 2005 nutzt Israel dieses Gesetz, um Personen aus dem Gazastreifen, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, auf unbestimmte Zeit zu inhaftieren.
Beweise, die eine Inhaftierung rechtfertigen würden, werden sowohl dem Inhaftierten als auch dem jeweiligen Rechtsbeistand vorenthalten. Dies hat zur Folge, dass viele der Inhaftierten monatelang festgehalten werden, ohne die geringste Ahnung zu haben, warum sie unter Verletzung des Völkerrechts inhaftiert wurden, völlig von ihrer Familie und ihren Angehörigen abgeschnitten sind und keine Möglichkeit haben, die Gründe für ihre Inhaftierung anzufechten.
Nach dem 7. Oktober wurde das Gesetz zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder angewandt. Laut israelischem Gefängnisdienst (Israeli Prison Service – IPS) waren am 1. Juli 2024 1.402 Palästinenser*innen nach dem Gesetz über „ungesetzliche Kombattanten“ inhaftiert, exklusive aller jener, die zunächst für 45 Tage ohne formelle Anordnung festgehalten werden.
Amnesty International fordert, dass alle Gefangenen, die nach dem Gesetz über „ungesetzliche Kombattanten“ festgehalten werden, human behandelt werden und Zugang zu Anwält*innen und internationalen Organisationen wie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) erhalten. Diejenigen, die verdächtigt werden, für Verbrechen nach internationalem Recht verantwortlich zu sein, müssen im Einklang mit den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren vor Gericht gestellt werden. Alle Zivilpersonen, die willkürlich ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten werden, müssen unverzüglich freigelassen werden. Das Gesetz über „ungesetzliche Kombattanten“ muss unverzüglich aufgehoben werden.