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Überfüllte Unterkünfte und mangelhafte Versorgung: Auf Griechenland eskaliert die Situation – besonders geflüchtete Frauen und Mädchen leiden unter den katastrophalen Zuständen.
Amnesty-Generalsekretär Kumi Naidoo fuhr nach Lesbos und unterstützt die Forderungen, die die Betroffenen an europäische Regierungen stellen.
Ein neuer Bericht von Amnesty International skizziert die gefährliche Flucht von Frauen und Mädchen sowie die furchtbaren Bedingungen und Gefahren, denen sie in griechischen Flüchtlingslagern ausgesetzt sind. Der Bericht dokumentiert aber auch die enorme Belastbarkeit und Stärke, die diese Frauen im Kampf gegen Elend und Not zeigen.
Die europäischen Regierungen haben absolut versagt, sichere und legale Wege für Menschen auf der Flucht zu schaffen. Damit setzen sie insbesondere Frauen und Mädchen einer erhöhten Gefahr von Menschenrechtsverletzungen aus.
Kumi Naidoo, Generalsekretär von Amnesty International. Er war nach Lesbos gereist, um sich ein Bild von der Situation im Flüchtlingslager Moria zu machen.
„Dennoch finden diese Frauen die Kraft, sich öffentlich gegen diese Zustände zu wehren. Diejenigen, die Regierungsverantwortung tragen, müssen den Betroffenen zuhören und entsprechend handeln“, sagte Kumi Naidoo, und weiter: „In Zeiten von #MeToo und #TimesUp sind wir stolz, Seite an Seite mit unseren geflohenen Schwestern in Griechenland zu stehen und zu sagen: ‚Wir sehen euch, wir hören euch, wir glauben euch und wir kämpfen an eurer Seite‘.“
Frauen, die sich auf den Weg nach Europa machen, sind in besonderer Gefahr, körperlicher, verbaler und sexualisierter Übergriffe durch Schlepper*innen ausgesetzt zu werden. Selbst wenn sie es nach Europa schaffen, ist ihr Leidensweg noch nicht zu Ende. Die Mehrheit der Geflüchteten und Migrant*innen, die in Griechenland eintreffen, sind mittlerweile Frauen und Kinder – in diesem Jahr waren es bis jetzt knapp über 60 Prozent.
Die Situation auf den griechischen Inseln wird immer kritischer. Daher fordern Betroffene die griechischen Behörden auf, die Menschen auf den Inseln nicht mehr dieser ausweglosen Situation auszusetzen: Die Aufnahmebedingungen auf dem Festland müssen verbessert werden und die europäischen Regierungen müssen den geflüchteten Frauen dringend die Unterstützung und den Schutz gewähren, die ihnen zustehen.
Die Lager sind hoffnungslos überfüllt: Mehr als 15.500 Menschen sind in fünf Flüchtlingslagern auf den Inseln untergebracht, die eigentlich für etwa 6.400 Menschen konzipiert sind. Tausende Menschen, darunter viele mit spezifischen Bedürfnissen – wie Menschen mit Behinderungen oder Babies – schlafen in Zelten außerhalb des offiziellen Lagers. Mangelhafte oder fehlende sanitäre Einrichtungen, zu wenig sauberes Trinkwasser, offen durch das Lager fließendes Abwasser sowie Ratten- und Mäuseplagen prägen das Leben in allen Flüchtlingslagern.
Die Situation hat ein krisenhaftes Ausmaß angenommen, berichten Betroffene. „Es wird jeden Tag schlimmer ... Das Lager ist so überfüllt“, sagt eine Frau im Camp Moria auf Lesbos, das derzeit zweieinhalb Mal so viele Menschen beherbergt wie die vorgesehene Kapazität von 3.100.
Obwohl alle unter diesen Bedingungen leiden, ist es für Frauen und Mädchen oft nochmals schlimmer: Mehrere schwangere Frauen haben Amnesty International erzählt, dass sie auf dem Boden schlafen müssen und keinen oder nur minimalen Zugang zu pränataler Betreuung haben. Im vergangenen Monat soll eine Frau ohne medizinische Betreuung in einem Zelt im Camp Moria ein Kind zur Welt gebracht haben.
Weil die Waschraumtüren nicht abschließbar sind und die Beleuchtung mangelhaft ist, werden die gewöhnlichen Tagesaktivitäten, wie der Gang zur Toilette oder das Duschen zu einer Gefahrenquelle für Frauen und Mädchen.
Auch die Bedingungen in den Lagern auf dem Festland mit etwa 45.500 Flüchtlingen und Migrant*innen sind extrem schlecht: Dieses Jahr wurden drei Flüchtlingslager, die zuvor geschlossen worden waren, weil sie als unbewohnbar eingestuft wurden, wieder eröffnet. Denn es gibt keine anderen Unterkünfte. Die Bedingungen haben sich allerdings nicht verbessert.
Egal ob sie in Flüchtlingslagern oder in Wohnungen in städtischen Regionen untergebracht sind: Der Mangel an wichtigen Informationen und das Fehlen von Dolmetscher*innen sind die größten Hindernisse für Frauen, die Zugang zu wichtigen Dienstleistungen brauchen, z. B. zu Einrichtungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und zu Rechtsberatung.
Trotz dieser enormen Herausforderungen sind die geflüchteten Frauen und Mädchen entschlossen, ihre Situation zu verändern. Gemeinsam arbeiten sie an Initiativen, die auf die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen zugeschnitten sind. „Durch ein grausames Schicksal verbunden machen sich Frauen, die aus gefährlichen Orten überall auf der Welt geflohen sind, gegenseitig Mut. Sie entwickeln ein Gemeinschaftsgefühl und eine bemerkenswerte Stärke“, sagt Kumi Naidoo.
Wegen des zwischen der EU und der Türkei im März 2016 geschlossenen Migrationsabkommens sind die Menschen, die in Griechenland ankommen, in einer ausweglosen Situation: Sie fristen unter furchtbaren Bedingungen in heruntergekommenen von der EU finanzierten Lagern ihr Dasein.
Amnesty hat seit März 2017 mit über 100 Frauen und Mädchen gesprochen, die in Flüchtlingslagern und anderen Unterkünften in und in der Umgebung von Athen und auf den griechischen Inseln leben. Basierend auf ihren Schilderungen legt der Bericht zehn Forderungen der Frauen vor, um gegen Menschenrechtsverletzungen vorzugehen, die weibliche Flüchtlinge erleben.