Die österreichische Bundesregierung stellte heute ein Maßnahmenpaket gegen „Hass im Netz“ vor. Positiv ist, dass mit dem KoPl-G, sowie den zivil- und strafrechtlichen Änderungen endlich überfällige Schritte gegen „Hass im Netz“ gesetzt werden. Die Absicht, gegen „Hass im Netz“ vorzugehen, darf jedoch nicht auf Kosten der Meinungsäußerungsfreiheit passieren.
Rechtsdurchsetzung darf nicht privatisiert werden
Herabwürdigende, rassistische, sexistische und zur Gewalt aufstachelnde Äußerungen im Netz sind für die Betroffenen ein ernstes Problem.
„Hass im Netz hat gravierende negative Auswirkungen auf unser Zusammenleben und auf unsere Rechte: Diskriminierende und zu Gewalt aufstachelnde Äußerungen können dazu führen, dass sich Betroffene aus öffentlichen Debatten zurückziehen und aus Angst vor persönlichen Angriffen ihr Recht auf Meinungsfreiheit nicht mehr in Anspruch nehmen. Es ist daher überfällig, dass die Regierung sich dem Thema widmet“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, und sagt weiter:
"Laut Gesetzesentwurf sollen künftig Online-Plattformen wie Facebook verpflichtet werden, Inhalte von Nutzer*innen auf Straftatbestände zu scannen. Das käme einer Privatisierung der Rechtsdurchsetzung gleich. Die Entscheidung, ob ein Inhalt rechtswidrig ist oder nicht, muss Aufgabe der Justiz sein und darf nicht an private Unternehmen ausgelagert werden."
Die geplante Löschpflicht innerhalb von 24 Stunden bzw. sieben Tagen birgt außerdem die Gefahr, dass Plattform-Betreiber*innen auch Inhalte löschen, die von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sind („Overblocking“), kritisiert Amnesty International Österreich. Positiv ist, dass der vorliegende Gesetzesentwurf ein Überprüfungsverfahren sowie Beschwerdeverfahren vorsieht, um ein „Overblocking“ zu verhindern. Die Gefahr des Overblockings ist dadurch jedoch nicht vollständig gebannt. Kritisch ist auch, dass das Überprüfungsverfahren und Beschwerdeverfahren offensichtlich nur in den Händen von Unternehmen liegen und nicht durch unabhängige Gerichte überprüft werden.
Menschenrechtliche Prüfmaßstäbe, demnach jeder Eingriff in das Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit klar gesetzlich geregelt sein muss, ein legitimes Ziel verfolgt, notwendig und verhältnismäßig ist, werden so nicht unbedingt garantiert.