Brutales Vorgehen der Sicherheitskräfte
Der Bericht zeigt, dass die Ereignisse dieses Tages vorhersehbar und der Verlust von Menschenleben vermeidbar waren. Bereits in den Monaten und Tagen vor dem 24. Juni waren Geflüchtete und Migrant*innen in der Umgebung von Melilla verstärkt Angriffen der marokkanischen Sicherheitskräfte ausgesetzt. Vielen war ihr gesamtes Hab und Gut verbrannt und zerstört worden, was Tausende dazu veranlasste, zur Grenze zu laufen. Dort wurden sie von den marokkanischen und spanischen Sicherheitskräften mit unrechtmäßiger und tödlicher Gewalt empfangen.
Die Polizeikräfte bewarfen die Migrant*innen mit Steinen und feuerten in geschlossenen Räumen Tränengas auf sie ab. Viele der Verletzten wurden auch noch geschlagen und getreten, als sie schon auf dem Boden lagen, halb bewusstlos waren, nicht reagierten oder nach Atem rangen.
Sowohl die marokkanischen als auch die spanischen Behörden versäumten es, den Verletzten sofortige und angemessene medizinische Hilfe zukommen zu lassen. So wurde einem Ambulanzteam des Roten Kreuzes der Zugang zu dem Gebiet verwehrt, während Dutzende Verletzte mindestens acht Stunden lang unversorgt in der prallen Sonne lagen.
Ein Augenzeuge berichtete Amnesty International, dass spanische Sicherheitsbeamte verletzte Personen über die Grenze nach Marokko zurückdrängten, obwohl sie „bluteten und offene Wunden hatten“. Viele der nach Marokko zurückgeführten Personen wurden inhaftiert und waren im Gefängnis weiteren Misshandlungen und Gewalt ausgesetzt.
Ein 17-jähriger Sudanese berichtete Amnesty International, dass er zusammen mit „allen anderen von der Polizei gefangen genommenen Personen von der marokkanischen Polizei ins Gefängnis gebracht“ worden sei. Dort sei den anderen „mit Hämmern so lange auf den Kopf geschlagen worden, bis sie starben“. Auch andere Häftlinge seien dort zu Tode geprügelt worden.
Schätzungsweise 500 Menschen wurden mit Bussen in entlegene Teile des Landes gebracht, wo man sie beraubte und ohne medizinische Versorgung am Straßenrand zurückließ. Einige Personen berichteten Amnesty International, dass sie mehr als 1000 Kilometer weit weg verschleppt wurden.
Weder die marokkanische noch die spanische Regierung haben Untersuchungsergebnisse über die Zahl der Todesopfer und die Todesursachen veröffentlicht. Auch haben sie zu keinem Zeitpunkt angekündigt, dass sie die Gewaltanwendung durch die Grenzbeamt*innen untersuchen würden. Keine der beiden Regierungen hat das gesamte Videomaterial der zahlreichen Kameras entlang der Grenze freigegeben. Die spanischen Behörden verweigern eine unabhängige Untersuchung.