Myanmar: Zwei Jahre nach dem Putsch müssen Menschenrechtsverstöße und Kriegsverbrechen gestoppt werden
1. Februar 2023Anlässlich des zweiten Jahrestags des Militärputsches am 1. Februar 2021 in Myanmar kritisiert Amnesty International, dass Militärangehörige nach wie vor straffrei agieren können, wenn sie Menschen inhaftieren, foltern oder töten. Amnesty International hat unter der Militärregierung im ganzen Land großflächige Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, darunter Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Seit dem Putsch sind fast 3.000 Menschen getötet worden, 1,5 Millionen Menschen wurden vertrieben, mehr als 13.000 Menschen sind immer noch unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert. Zudem sind nach Kenntnis von Amnesty International vier Menschen hingerichtet und mindestens 100 zum Tode verurteilt worden. Darüber hinaus sind seitdem 7,8 Millionen Kinder nicht zur Schule gegangen.
Das Vorgehen des Militärs gegen alle, die sich ihm vermeintlich oder tatsächlich entgegenstellen, hat in weiten Teilen des Landes zu Angst und schweren Menschenrechtsverletzungen geführt, unter anderem durch Luft- und Bodenangriffe auf die Zivilbevölkerung.
Es lässt sich nicht leugnen, dass das Militär seine landesweiten Angriffe auf die Menschenrechte deshalb durchführen kann, weil es eine schockierend unzureichende globale Reaktion auf diese Krise gibt, die in Vergessenheit zu geraten droht.
Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich
„Das dürfen wir nicht zulassen. Dieser Jahrestag sollte aufzeigen, dass die internationale Gemeinschaft sowie die Vereinigung Südostasiatischer Nationen dringend Maßnahmen zum Schutz der Menschen in Myanmar ergreifen müssen, die weiterhin täglich unter militärischer Belagerung leben.“
Die jüngste historische Resolution des UN-Sicherheitsrates zu Myanmar war begrüßenswert, aber die internationale Gemeinschaft muss noch mehr Druck auf das Militär ausüben, damit es alle willkürlich Inhaftierten freilässt, die friedlich ihre Menschenrechte wahrgenommen haben.
Der UN-Sicherheitsrat muss die Situation in Myanmar an den Internationalen Strafgerichtshof verweisen. Zudem muss er ein umfassendes weltweites Waffenembargo gegen Myanmar verhängen, dass nicht nur Waffen, Munition, Dual-Use-Technologien und andere militärische und sicherheitsrelevante Ausrüstung umfasst, sondern auch die entsprechende Ausbildung und alle weiteren zusätzlichen Formen der Unterstützung mit einbezieht.
Lieferungen von Flugtreibstoff befeuern Kriegsverbrechen
Im November 2022 startete Amnesty eine Kampagne zur Aussetzung der Lieferung von Flugbenzin, um zu verhindern, dass das Militär in Myanmar rechtswidrige Luftangriffe durchführt. Amnesty International fordert Staaten und Unternehmen auf, die Lieferung, den Verkauf und die Weitergabe von Flugbenzin an Myanmar aussetzen, gleich ob diese direkt oder indirekt erfolgen. Dies schließt auch die Durchfuhr, Umladung und Vermittlung von Flugzeugtreibstoff mit ein und muss so lange anhalten, bis durch wirksame Mechanismen gewährleistet werden kann, dass Flugbenzin nicht für verheerende Luftangriffe und schwerwiegende Verstöße gegen die internationalen Menschenrechtsnormen oder das humanitäre Völkerrecht verwendet wird.
Die Menschenrechtssituation in Myanmar ist unerträglich. Die Menschen in Myanmar leiden Tag für Tag. Jede Minute zählt. Viele Regierungen sind zwar dem Aufruf zum Handeln gefolgt, doch das reicht noch nicht aus, um die schweren Menschenrechtsverletzungen des Militärs zu stoppen. Die internationale Gemeinschaft darf keinen weiteren Tag verstreichen lassen, geschweige denn weitere zwei Jahre, bevor sie zusätzliche wirksame Schritte unternimmt, um die Gräueltaten des Militärs zu beenden.
Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich
Weltweite Proteste
Trotz großer Gefahr und Verfolgung setzen mutige Menschen in Myanmar ihre friedlichen Proteste fort. Rund um den Jahrestag nehmen Unterstützer*innen und Mitglieder von Amnesty International an Protesten, Mahnwachen und Veranstaltungen in Städten auf der ganzen Welt teil, unter anderem in Bangkok und Seoul, um Solidarität mit den Menschen in Myanmar zu zeigen.
„Für Menschen in Myanmar einzutreten, denen lange Haftstrafen, Folter und Tod drohen, weil sie friedlichen Widerstand geleistet haben, ist keine triviale Geste", sagte Ming Yu Hah. „Solidarität war noch nie so wichtig wie heute, denn sie kann den Menschen Mut machen und ihnen zeigen, dass sie in ihrer dunkelsten Stunde nicht allein sind.“