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Presse © MAHMUD HAMS / AFP / picturedesk.com

OPT/Gaza/Israel: Amnesty International verurteilt Terrorangriff und Kriegsverbrechen

9. Oktober 2023

Angesichts der Angriffe der Terrororganisation Hamas auf zahlreiche Ziele in Israel äußert sich Amnesty International Österreich entsetzt und betroffen über die Spirale der Gewalt und die stetig wachsende Opferzahl in Israel und den besetzten Palästinensergebieten: „Wir verurteilen diesen grausamen, rechtswidrigen und unentschuldbaren Terrorangriff durch die Hamas aufs Schärfste.“, so Geschäftsführerin Shoura Zehetner-Hashemi.  

Unsere Gedanken sind bei den Opfern und der Zivilbevölkerung in Israel und in den Palästinensergebieten, die unendliches Leid erfahren

Shoura Zehetner-Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich

Amnesty International mahnt beide Konfliktparteien zur Achtung des humanitären Völkerrechts, wonach alle Konfliktparteien verpflichtet sind, das Leben von Zivilpersonen zu schützen, und fordert erneut dringend auf, alles zu unternehmen, um weiteres Blutvergießen unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden. „Vorsätzliche Angriffe auf Zivilpersonen, Geiselnahmen sowie unverhältnismäßige und wahllose Angriffe, bei denen Zivilpersonen getötet oder verletzt werden, sind Kriegsverbrechen und in jedem Fall zu verurteilen“, so Zehetner-Hashemi.

„Als Menschenrechtsorganisation ist es im Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen immer unser Ziel, Verstöße gegen die Menschenrechte zu dokumentieren und die Konfliktparteien an die Einhaltung des Völkerrechts zu erinnern. Und uns für den Schutz aller Zivilpersonen einzusetzen, die die größten Leidtragenden in diesem Konflikt sind.“

Hintergrund

An erster Stelle der Regeln des humanitären Völkerrechts steht die Vorschrift, dass die Konfliktparteien jederzeit zwischen Armeeangehörigen und Zivilpersonen unterscheiden müssen. Letztere dürfen niemals das Ziel eines Angriffs sein. Das humanitäre Völkerrecht verpflichtet Kriegsparteien dazu, alle erdenklichen Vorkehrungen zu treffen, um den Schaden für die zivile Bevölkerung und zivile Objekte wie Häuser, Geschäfte, Schulen und medizinische Einrichtungen so gering wie möglich zu halten. Angriffe, die auf Zivilpersonen abzielen, bei denen nicht zwischen Armee und Zivilpersonen unterschieden wird oder die der Zivilbevölkerung im Vergleich zum erwarteten militärischen Gewinn unverhältnismäßig großen Schaden zufügen würden, sind verboten.

Über den Begriff Terrorismus

Der Begriff „Terrorismus“ ist aus menschenrechtlicher Sicht heikel, denn er wurde und wird von Regierungen manipuliert und vereinnahmt. Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung werden Menschenrechte verletzt und die Rechtsstaatlichkeit unterminiert. Das war etwa nach den Anschlägen vom 11. September 2001 der Fall, als die US-Regierung unter dem Titel „Kampf gegen den Terrorismus“ das menschenrechtswidrige Gefängnis auf Guantanamo eröffnete, das zum Symbol für Folter und unbefristete Inhaftierung von Gefangenen ohne Anklage und Gerichtsurteil geworden ist. In unzähligen Ländern der Welt werden Menschen willkürlich auf Basis vager Terrorismusvorwürfe von Gerichten verurteilt – etwa weil sie von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht oder weil sie protestiert haben. Maßnahmen zur so genannten Terrorismusbekämpfung können auch im Widerspruch zu unserem Recht auf Privatsphäre stehen, zum Beispiel durch die Umgehung der Verschlüsselung auf Mobiltelefonen.

Der Begriff Terrorismus wurde bis dato nicht umfassend und einheitlich in internationalen Verträgen definiert. Versuche der Staaten, ein umfassendes Übereinkommen zu verabschieden, das eine einzige, rechtsverbindliche Definition von Terrorismus enthält, sind bis jetzt gescheitert. Auch wenn es im öffentlichen Diskurs ein gemeinsames Verständnis dafür gibt, dass manche Handlungen Terrorismus darstellen, bleiben die Grenzen des Begriffs äußerst unscharf und bieten Raum für Missbrauch durch Regierungen, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und zivilgesellschaftlich Arbeit einzuschränken.

Für Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International ist es daher wichtig, den Begriff Terrorismus mit größter Vorsicht und nur dann zu verwenden, wenn er durch die Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch im öffentlichen Diskurs allgegenwärtig und daher auch in unserer Kommunikation nicht vermeidbar ist. Doch auch wenn wir den Begriff nicht oder nur sehr restriktiv einsetzen, bedeutet dies nicht, dass wir menschenrechtswidrige und abscheuliche Angriffe wie den Hamas-Anschlag nicht verurteilen.

Um auf Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen und aufzuklären, arbeitet Amnesty International jedoch primär mit Begrifflichkeiten, die im Völkerrecht – insbesondere im internationalen Menschenrechtsrahmenwerk und internationalen Strafrecht – bereits gut etabliert und verankert sind. Dazu gehören außergerichtliche Tötungen, Entführungen, Geiselnahmen, Angriffe auf Zivilist*innen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen. Bei der Einordnung von kriegerischen Handlungen berufen wir uns auf das humanitäre Völkerrecht. Diese Begriffe sind eindeutig definiert und verweisen auf einen gefestigten Rechtsrahmen, der wiederum Grundlage für präzisere Forderungen und Empfehlungen an Regierungen sein kann.