Stopp des Familiennachzugs verstößt gegen Menschenrechte
4. März 2025Die neue österreichische Regierung plant, den Familiennachzug für Asylberechtigte umgehend auszusetzen. Amnesty International Österreich verurteilt diesen Schritt und weist darauf hin, dass diese Maßnahme klar gegen Menschenrechte verstößt.
„Die Entscheidung der österreichischen Regierung, den Familiennachzug auszusetzen, ist ein klarer Verstoß gegen internationale menschenrechtliche Standards", sagt Aimée Stuflesser, Expertin für Asyl und Migration bei Amnesty International Österreich.
Die Trennung von Familien verursacht unermessliches Leid und gefährdet die Integration geflüchteter Menschen in Österreich. Wir fordern die Regierung auf, von dieser unmenschlichen und rechtswidrigen Maßnahme unverzüglich Abstand zu nehmen.
Aimée Stuflesser, Expertin für Asyl und Migration bei Amnesty International Österreich
Fatales Signal für den Schutz der Menschenrechte
Statt Menschenrechte zu schützen, setze die neue Regierung mit diesem Schritt ein fatales Signal, so Stuflesser weiter: „Eine Regierung, die sich den Schutz der Menschenrechte auf die Fahnen schreibt, sollte Rechte nicht beschneiden.“
Während sich die neue Regierung dem „Kampf gegen irreguläre Migration“ verschrieben hat, blockiert sie mit der Abschaffung des Familiennachzugs die einzige reguläre Möglichkeit für Schutzberechtigte, ihre Angehörigen nach Österreich zu holen. Dies könnte dazu führen, dass noch mehr Menschen gezwungen sind, gefährliche und unsichere Wege auf sich zu nehmen.
Die Möglichkeit zu Familienzusammenführung ist menschenrechtlich begründet und ein wesentlicher Faktor für soziale Stabilität und erfolgreiche Integration. Amnesty International Österreich fordert die Regierung auf, ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen ernst zu nehmen und Familiennachzug nicht zu verhindern. Statt menschenrechtswidriger Maßnahmen sollte sich Österreich stärker auf die Umsetzung von Aufnahmeprogrammen konzentrieren, die sichere und reguläre Wege für Geflüchtete bieten und deren Schutz garantieren.
Krisenverordnung darf nicht als Vorwand dienen
Amnesty International Österreich betont zudem, dass Österreich die Krisenverordnung des EU-Migrationspakts nicht als Rechtfertigung für einen generellen Stopp der Familienzusammenführung nutzen kann. Die Verordnung erlaubt nur befristete Maßnahmen in begründeten und außergewöhnlichen Ausnahmesituationen, ohne grundlegende Schutzrechte außer Kraft zu setzen.
Eine Krisensituation liegt laut Verordnung nur dann vor, wenn eine Massenankunft das Asylsystem eines Staates überlastet – was in Österreich nicht der Fall ist. Außerdem bewertet und entscheidet die EU-Kommission in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, ob ein Mitgliedstaat tatsächlich mit einer solchen Krise konfrontiert ist und ob ein entsprechendes Ersuchen begründet ist.
Die Zahl der Asylanträge ist massiv gesunken. Ein Notstand, der drastische Maßnahmen rechtfertigt, existiert nicht. Die Krisenverordnung darf nicht als Vorwand genutzt werden, um essenzielle Schutzrechte zu untergraben.
Aimée Stuflesser, Expertin für Asyl und Migration bei Amnesty International Österreich
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mehrfach betont, dass Familienzusammenführung ein grundlegendes Recht ist. Ein genereller Stopp verstößt gegen die EMRK, die UN-Kinderrechtskonvention und den EU-Asylpakt. Amnesty International fordert die Regierung auf, ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten und den geplanten Stopp des Familiennachzugs zurückzunehmen.