Ein in den sozialen Medien gepostetes Video zeigt das Galix-System auf einem APC in Khartum, Sudan, und wurde von Amnesty International verifiziert.  © Screenshot Social Media
Ein in den sozialen Medien gepostetes Video zeigt das Galix-System auf einem APC in Khartum, Sudan, und wurde von Amnesty International verifiziert. © Screenshot Social Media
presse

Sudan: Einsatz französischer Militärtechnologie im Konflikt

14. November 2024

Eine neue Untersuchung von Amnesty International zeigt, dass in gepanzerten Mannschaftstransporten der paramilitärischen Gruppierung Rapid Support Forces (RSF) Militärtechnologie aus Frankreich zur Verwendung kommt. Die Verwendung von Kriegsmaterial aus Europa verstößt gegen das EU-Embargo, welches Waffenlieferungen an den Sudan verbietet.

Eine neue Untersuchung von Amnesty International zeigt: In gepanzerten Mannschaftstransportern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die von den Rapid Support Forces (RSF) im Sudankonflikt eingesetzt werden, steckt Militärtechnologie aus französischer Produktion.

Bereits in einem im Juli veröffentlichten Briefing wies Amnesty International darauf hin, dass in verschiedenen Teilen des Sudans gepanzerte Mannschaftstransporter zum Einsatz kamen, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hergestellt wurden. Die neusten Untersuchungen haben nun ergeben, dass diese Transporter mit hochentwickelten, in Frankreich entwickelten und hergestellten reaktiven Abwehrsystemen ausgestattet sind.

Die Nimr-Ajban-Mannschaftstransporter werden in den VAE vom Rüstungskonzern Edge Group hergestellt und sind mit dem französischen Galix-System ausgestattet. Auf Bildern, die in sozialen Medien geteilt und von Amnesty International überprüft wurden, ist das Galix-System auf mehreren von den sudanesischen Streitkräften (SAF) zerstörten oder erbeuteten Nimr-Ajban-Mannschaftstransportern zu sehen.

Das Galix-System, das von Lacroix Defense hergestellt und gemeinsam mit dem französischen Rüstungskonzern Nexter (jetzt KNDS France) entwickelt wurde, ist ein Abwehrsystem für Landstreitkräfte, das Täuschkörper, Rauch und Geschosse abwirft, um Bedrohungen aus nächster Nähe abzuwehren. Lacroix Defense wirbt damit, dass das Galix-System „Kampffahrzeuge vor einer herannahenden Bedrohung verbirgt und die Fahrzeuge, Kampfpanzer und Mannschaftstransporter schützt“.

Unsere Recherchen zeigen, dass in Frankreich entwickelte und hergestellte Waffen auf dem Schlachtfeld im Sudan aktiv eingesetzt werden. Jeder Einsatz in Darfur wäre ein klarer Verstoß gegen das UN-Waffenembargo. Die französische Regierung muss dafür sorgen, dass Lacroix Defense und KNDS France die Lieferung dieses Systems an die VAE sofort einstellen.

Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International

„Amnesty International hat bereits aufgezeigt, wie der ständige Zustrom von Waffen in den Sudan unermessliches menschliches Leid verursacht. Alle Länder müssen sofort alle direkten und indirekten Lieferungen von Waffen und Munition an die Kriegsparteien im Sudan einstellen. Sie müssen das vom UN-Sicherheitsrat verhängte Waffenembargo für Darfur respektieren und durchsetzen, bevor noch mehr zivile Opfer zu beklagen sind“, sagt Agnès Callamard.

Amnesty International wandte sich am 15. Oktober 2024 an Lacroix Defense, KNDS France und das Generalsekretariat für nationale Verteidigung und Sicherheit in Frankreich und wies auf die Identifizierung des Galix-Systems im Sudan hin. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung lag noch keine Antwort vor.

Sorgfaltspflicht muss eingehalten werden

Die VAE und Frankreich haben eine langjährige Partnerschaft im Verteidigungssektor. Aus dem Bericht des französischen Parlaments über Waffenexporte 2024 geht hervor, dass französische Unternehmen zwischen 2014 und 2023 Rüstungsgüter im Wert von schätzungsweise 2,6 Mrd. Euro in die VAE geliefert haben.

Lacroix Defense ist in den Vereinigten Arabischen Emiraten etabliert und hat bereits 2015 ein Joint Venture mit Emirates Defense Technology gegründet, um „eines der ersten französischen Unternehmen mittlerer Größe zu sein, dass sich in den VAE niedergelassen hat“. Nimr-Ajban-Mannschaftstransporter sind seit mindestens 2017 mit dem Galix-System ausgestattet.

Die Europäische Union hat seit 1994 ein Waffenembargo gegen den gesamten Sudan verhängt. Das Embargo verbietet den Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr von Rüstungsgütern und zugehörigen Gütern aller Art, einschließlich Waffen und Munition, Militärfahrzeugen und -ausrüstung, paramilitärischer Ausrüstung und Ersatzteilen an den Sudan.

Frankreich ist durch internationales, regionales und nationales Recht verpflichtet, die Ausfuhr von Waffen zu verbieten, wenn ein erhebliches Risiko besteht, dass die Waffen zur Begehung oder Erleichterung einer schwerwiegenden Verletzung der internationalen Menschenrechte oder des humanitären Völkerrechts verwendet werden könnten. Wenn Frankreich nicht durch Ausfuhrkontrollen garantieren kann, dass die Waffen nicht in den Sudan exportiert werden, sollte es diese Transfers nicht genehmigen. Die Vereinigten Arabischen Emirate verstoßen seit langem gegen Waffenembargos des UN-Sicherheitsrates, auch in anderen Ländern wie Libyen.

Alle Unternehmen, einschließlich Lacroix Defense und KNDS France, haben die Verantwortung, die Menschenrechte zu achten. Die Unternehmen sind verpflichtet, entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette – vom Ursprungsort bis zu den Endverbraucher*innen – eine Sorgfaltsprüfung der Menschenrechte durchzuführen, um jede tatsächliche oder potenzielle Verwicklung in Menschenrechtsverletzungen zu erkennen, zu verhindern und abzumildern. Der Standard der geforderten menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht ist verschärft, wenn es um Geschäftstätigkeiten geht, die sich auf Konfliktgebiete auswirken.

Amnesty International fordert den UN-Sicherheitsrat dazu auf, sein Waffenembargo gegen Darfur auf den übrigen Sudan ausweitet und seine Durchführungs-, Überwachungs- und Überprüfungsmechanismen verstärkt.

Hintergrund

Der Konflikt im Sudan, der seit April 2023 zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den RSF ausgetragen wird, hat bereits zu mehr als 23.000 Todesopfern und über 33.000 Verletzten geführt. Die Kämpfe folgten auf monatelange Spannungen unter anderem wegen Meinungsverschiedenheiten über eine mögliche Reform der Sicherheitskräfte, die im Rahmen der Verhandlungen über eine neue Übergangsregierung vorgeschlagen wurde.