Frauen gehen am 2. November 2024 durch ein vom Krieg zerstörtes Viertel in Omdurman, der zweitgrößten Stadt im Sudan. Der Krieg im Sudan brach im April 2023 zwischen den sudanesischen Streitkräften unter Abdel Fattah al-Burhanund und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) unter seinem ehemaligen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo aus. © Amaury Falt-Brown / AFP / picturedesk.com
Frauen gehen am 2. November 2024 durch ein vom Krieg zerstörtes Viertel in Omdurman, der zweitgrößten Stadt im Sudan. Der Krieg im Sudan brach im April 2023 zwischen den sudanesischen Streitkräften unter Abdel Fattah al-Burhanund und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) unter seinem ehemaligen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo aus. © Amaury Falt-Brown / AFP / picturedesk.com
presse

Sudan: Sexualisierte Gewalt der RSF zerstört Leben

10. April 2025

Triggerwarnung: Der Text beschreibt sexualisierte Gewalt, Vergewaltigung und physische Gewalt.

Die paramilitärische Gruppe Rapid Support Forces (RSF) verübte in dem seit zwei Jahren andauernden Bürgerkrieg im Sudan systematisch sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Dies geschah mit der Absicht, ganze Gemeinschaften zu unterwerfen, zu demütigen und zur Flucht zu zwingen. Die Gräueltaten der RSF, darunter Vergewaltigungen, Gruppenvergewaltigungen und sexualisierte Versklavung, stellen Kriegsverbrechen und möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar, so Amnesty International in einem neuen Bericht. 

Der Bericht „They raped all of us“: Sexual violence against women and girls in Sudan („Sie haben uns alle vergewaltigt“: Sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Sudan) dokumentiert 36 Fälle von Vergewaltigung, Gruppenvergewaltigung und sexualisierter Versklavung durch RSF-Soldaten in vier sudanesischen Staaten zwischen April 2023 und Oktober 2024. 

Zu den dokumentierten Übergriffen gehören die Vergewaltigung eines 15-jährigen Mädchens, die Vergewaltigung einer Mutter, nachdem ihr das Baby beim Stillen entrissen wurde, die 30-tägige sexuelle Versklavung einer Frau in Khartum, schwere Schläge, Folter mit heißer Flüssigkeit oder scharfen Klingen und Mord.

 

Die Übergriffe der RSF auf sudanesische Frauen und Mädchen sind abscheulich und zielen darauf ab, sie bis ins Mark zu demütigen. Die RSF hat während dieses Krieges Zivilpersonen, insbesondere Frauen und Mädchen, mit unvorstellbarer Grausamkeit angegriffen

Deprose Muchena, leitende Direktorin des Bereichs Regional Human Rights Impact bei Amnesty International

„Die Welt muss handeln, um die Gräueltaten der RSF zu stoppen, indem sie die Waffenlieferungen in den Sudan stoppt, Druck auf die Führung ausübt, um die sexualisierte Gewalt zu beenden, und die Täter, einschließlich der obersten Befehlshaber, zur Rechenschaft zieht.“ 

Im April 2023 brach der sudanesische Bürgerkrieg zwischen der RSF und den sudanesischen Streitkräften (SAF) aus, in dessen Verlauf Zehntausende von Menschen getötet und bis heute mehr als 11 Millionen vertrieben wurden. Seither begehen beide Seiten schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, von denen manche als Kriegsverbrechen anzusehen sind. 

Für den Bericht befragte Amnesty International 30 Personen, überwiegend Überlebende und Angehörige von Überlebenden in ugandischen Flüchtlingslagern. Alle Überlebenden und Zeug*innen identifizierten RSF-Kämpfer als Täter. Die Anwendung sexualisierter Gewalt durch die RSF während des gesamten Konflikts und überall im Sudan sowie die Tatsache, dass viele Angriffe in Anwesenheit anderer Soldaten und Zivilpersonen stattfanden, deutet darauf hin, dass die Täter sich nicht gezwungen sahen, ihre Verbrechen zu verbergen und keine Konsequenzen zu befürchten hatten. 

Die RSF hat auf die Anfragen von Amnesty International nach einer Stellungnahme nicht reagiert. 

„Der schlimmste Tag meines Lebens“

Alle befragten Überlebenden sexualisierter Gewalt schilderten, dass der Angriff schwerwiegende körperliche oder seelische Schäden verursachte und verheerende Auswirkungen auf ihre Familien hatte. Alle verließen danach ihr Zuhause. 

Zahlreiche Überlebende gaben an, von RSF-Soldaten vergewaltigt worden zu sein, weil diese sie verdächtigten, den sudanesischen Streitkräften nahezustehen. Frauen des medizinischen Personals sagten, die RSF-Truppen hätten sie vergewaltigt, wenn sie verwundete RSF-Soldaten nicht retten konnten. In einem dieser Fälle gab eine Krankenschwester an, dass 13 Soldaten sie in Khartum Nord entführten und sie zwangen, schwer verletzte Männer zu behandeln. Anschließend wurde sie von einer ganzen Gruppe von Soldaten bis zur Bewusstlosigkeit vergewaltigt.

Amnesty International stieß in Khartum auf zwei Fälle sexualisierter Versklavung, darunter eine Frau, die angab, dass RSF-Truppen sie einen Monat lang in einem Haus gefangen hielten und fast täglich vergewaltigten. 

Überlebende berichteten, dass jede Person, die sich der Vergewaltigung widersetzte, Schläge, Folter und andere Misshandlungen oder gar ihr Leben riskierte; selbst ein 11-jähriger Junge wurde von einem RSF-Soldaten zu Tode geprügelt, als er versuchte, seiner Mutter zu helfen. 

Das Ausmaß der sexualisierten Gewalt der RSF ist erdrückend, doch die unter den Geflüchteten dokumentierten Fälle stellen wahrscheinlich nur einen kleinen Bruchteil der Übergriffe dar, die die RSF tatsächlich begangen hat. Die Angriffe der RSF auf die Zivilbevölkerung sind beschämend und feige. Alle Länder, die die RSF unterstützen, auch durch Waffenlieferungen, haben Anteil an diesen Gräueltaten.

Deprose Muchena, leitende Direktorin des Bereichs Regional Human Rights Impact bei Amnesty International

Mangelnde internationale Reaktion 

Die Reaktion weltweit ist ebenfalls beschämend, denn den Opfern und Überlebenden fehlt es sowohl an medizinischer Versorgung als auch an Gerechtigkeit. 

Aufgrund der anhaltenden Kämpfe oder aus Angst vor Stigmatisierung und Repressalien konnten die Überlebenden nicht rechtzeitig nach der Vergewaltigung eine Behandlung in Anspruch nehmen oder die Angriffe den sudanesischen Behörden melden. 

Alle geflüchteten Überlebenden gaben an, dass sie vorrangig eine medizinische Behandlung für die von der RSF zugefügten Verletzungen und Krankheiten oder für Erkrankungen, die in ihrer Gefangenschaft auftraten, benötigten. Kürzungen bei wichtigen, von der US-amerikanischen Entwicklungszusammenarbeitsbehörde USAID finanzierten Programmen haben jedoch die Aussichten auf eine umfassende sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung verschlechtert. 

„Die mangelnde internationale Reaktion auf das Leid der sudanesischen Frauen und Mädchen ist skandalös“, sagte Deprose Muchena. „Die Welt hat versagt, die Zivilbevölkerung zu schützen, ausreichend humanitäre Hilfe zu leisten und die Täter für diese Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.“

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