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Tag der sozialen Gerechtigkeit: Sozialhilfe ist kein Spielball der Politik
20. Februar 2025Angesichts des Internationalen Tags der sozialen Gerechtigkeit und inmitten des dritten Anlaufs bei den Koalitionsverhandlungen erinnert Amnesty International alle politischen Verantwortlichen daran, den sozialen Menschenrechten endlich Aufmerksamkeit zu schenken. Sozialhilfebezieher*innen dürfen nicht länger der Spielball der Politik sein.
„Um die soziale Gerechtigkeit ist es hierzulande nicht wirklich gut bestellt“, kritisiert Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, und bezieht sich dabei vor allem auf das Thema Armut: Jeder siebte Mensch in Österreich ist armutsgefährdet, rund 336.000 Menschen sind von Armut betroffen. „Doch die Politik sieht das nicht als Versagen des Staates, sondern spinnt ein Narrativ, das Armut als individuelle Schuld der einzelnen Betroffenen definiert.“ Gerade die Sozialhilfe, so Hashemi, werden regelmäßig zum Spielball der Politik gemacht. „Wie oft hören wir von der sozialen Hängematte oder Sozialschmarotzer*innen.“ Die Realität sieht anders aus: „Die meisten Menschen, die Sozialhilfe beziehen, können gar nicht arbeiten – entweder aufgrund ihres Alters oder weil sie krank sind oder Kinderbetreuungspflichten haben. Dennoch erfahren sie Hürden im Zugang zur Sozialhilfe, die ihnen von Rechts wegen zusteht.“ Shoura Hashemi kritisiert scharf, dass regelmäßig über Einschränkungen der Sozialhilfe debattiert wird und so der Druck auf Menschen, die Armut erfahren, erhöht wird.
In politisch turbulenten Zeiten jene Menschen, die am wenigsten Stimme haben, am wenigsten teilhaben können, noch weiter an den Rand zu drängen, geht genau in die falsche Richtung.
Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich
Dass die Sozialhilfe – und etwaige Einschränkungen – vor allem dazu herangezogen wird, um Politik auf dem Rücken einer ohnehin marginalisierten Gruppe zu machen, zeigen auch die Zahlen: „Weniger als ein Prozent des Sozialbudgets fließt in die Sozialhilfe. Egal welche Einschränkungen man vornimmt: Damit gelingt weder eine Budgetsanierung noch kann damit die Migrationspolitik gesteuert werden.“
Alle Menschen haben ein Recht auf ein Leben in Würde
Hashemi erinnert am Tag der sozialen Gerechtigkeit daran, dass alle Menschen ein Recht auf ein Leben in Würde und gesellschaftlicher Teilhabe haben; und der Staat mit der Sozialhilfe ein soziales Auffangnetz geschaffen hat, das Menschen, die sich nicht aus eigenen Mitteln ein Leben in Würde ermöglichen können, eben genau dieses sicherstellen soll. Weitere Einschränkungen oder gar Verschlechterungen, die seit dem Wahlkampf im Raum stehen, sind nicht nur menschenrechtlich inakzeptabel, sondern gehen auch an dem Ziel vorbei, Armut in Österreich zu bekämpfen.
Statt also in den Regierungsverhandlungen Einschränkungen der Sozialhilfe zu diskutieren „die weder budgetrelevant sind noch irgendjemanden, der aus seinem Land fliehen muss, davon abhalten werden, in Österreich um Asyl anzusuchen“, muss die kommende Bundesregierung die bestehenden Hürden im Zugang zur Sozialhilfe abbauen und diese diskriminierungsfrei gestalten.
“Wir fordern und erwarten von der künftigen Regierungsparteien eine Politik, die den Menschen und seine Würde in den Mittelpunkt stellt.” Statt um Almosen gehe es bei der Sozialhilfe um Ansprüche und um das Recht auf soziale Sicherheit, das müsse allen bewusst sein.
Das ist kein Wunsch von uns und keine Bitte, das ist die völkerrechtliche Verpflichtung Österreichs. Soziale Gerechtigkeit erzielen wir nur dann, wenn alle Menschen in Würde leben können.
Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich