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Die brasilianischen Behörden müssen strafrechtliche Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der illegalen Brandrodungen im Amazonas einleiten. Eine weitere Zerstörung des Regenwalds muss verhindert werden. Amnesty International hat heute weltweit eine Online-Kampagne gestartet – Unterstützer*innen auf der ganzen Welt fordern von der Regierung Bolsonaro, den Schutz der indigenen Völker und ihrer Territorien sowie von Naturschutzgebieten zu verstärken.
„Die verheerenden Brände in der Amazonasregion sind das Symptom einer weit größeren Krise, die sich in illegalen Rodungen und Landnahmen manifestiert. Auf dem Papier hat Brasilien strenge Gesetze, um die Gebiete der indigenen Völker und Naturschutzregionen zu schützen. Präsident Bolsonaro aber hat diesen Schutz aktiv untergraben – und somit zu der Zerstörung beigetragen, die wir heute sehen”, sagt Kumi Naidoo, internationaler Generalsekretär von Amnesty International, und sagt weiter:
„Zwar hat der Präsident nun ein Dekret unterzeichnet, das vorübergehend die Brandrodungen zur Landgewinnung untersagt. Dadurch ist die Gefahr weiterer Brände jedoch nicht gebannt."
Präsident Bolsonaro hat kaum etwas getan, um zu verhindern, dass Brände gelegt werden, und Menschen davon abzuhalten, Gebiete illegal zu roden und sich das Land anzueignen.
Kumi Naidoo, internationaler Generalsekretär von Amnesty International
Die brasilianischen Behörden müssen ohne weitere Verzögerung Ermittlungen einleiten und diejenigen strafrechtlich verfolgen, die für die katastrophalen Brände verantwortlich sind, fordert Amnesty International. „Ansonsten werden wir unausweichlich zusehen müssen, wie immer mehr Brände im Amazonas-Regenwald wüten, solange Präsident Bolsonaro im Amt ist“, sagt Kumi Naidoo.
Am 29. August erließ Präsident Bolsonaro ein Dekret, das die Brandrodungen für einen Zeitraum von 60 Tagen untersagt. Diese Maßnahme ist Teil der Reaktion der Regierung auf die gegenwärtige Krise. Ein Mitarbeiter der brasilianischen Umweltschutzbehörde, der nicht namentlich genannt werden möchte, sagte Amnesty International, er befürchte, dass das Dekret nur einen begrenzten Effekt habe. Denn die meisten der jüngsten Brände seien bereits auf Grundlage existierender Gesetze verboten.
Laut Angaben von zivilgesellschaftlichen Organisationen und lokalen Behördenvertreter*innen werden die Menschen, die die Brände legen, oftmals von örtlichen Farmern und Politiker*innen dabei unterstützt, Grundstücke auf indigenem Land oder in Naturschutzgebieten zu besetzen.
Die Umwandlung von Wald in Weideland im Amazonas folgt häufig einem Muster: Grundstücke im Wald werden gekennzeichnet und illegal besetzt, dann werden Bäume gefällt und Feuer gelegt (oftmals wiederholt im selben Gebiet), bevor dann Gras gesät wird und schließlich Vieh dort weidet.
Mitarbeiter*innen von Amnesty beobachteten am 23. August ein Feuer, das im Indigenengebiet Manoki im Bundesstaat Mato Grosso wütete. Der brennende Teil des Waldes war eingezäunt worden. Sprecher*innen der Manoki sagten Amnesty International, dass sie davon ausgingen, dass so Weideland für Vieh entstehen sollte.
„Die Entsendung des Militärs und kurzfristige Verbote sind nur vorübergehend Lösungen für ein viel größeres Problem. Neben der Löschung der Brände muss Brasilien die eigenen Gesetze einhalten, Maßnahmen zur Beobachtung und Verhinderung von illegalen Landnahmen in Schutzregionen und Indigenengebieten verstärken, Ermittlungen einleiten und die Verantwortlichen für Menschenrechtsverstöße strafrechtlich verfolgen”, sagt Kumi Naidoo.
„Das ist sowohl eine Menschenrechtskrise als auch eine Umweltkatastrophe“, sagt Kumi Naidoo, und sagt weiter: „Langfristig ist die einzige Lösung, zivile Behörden zu stärken, die die Rodungen und illegalen Landnahmen bekämpfen. Der Regenwald ist Heimat für viele Menschen; der Rest der Welt ist wegen des Klimas vom Amazonas abhängig. Brasilien muss mehr tun, um die illegale Landnahme und die Abholzung zu verhindern.“
Seit April 2019 hat Amnesty International vier verschiedene Indigenen-Gebiete im brasilianischen Amazonasgebiet besucht: Karipuna und Uru-Eu-Wau-Wau im Bundesstaat Rondônia, Arara in Pará und Manoki in Mato Grosso.
Expert*innen und Indigene kritisierten, dass die brasilianischen Gesetze zum Schutz von indigenen Territorien und Naturschutzgebieten nicht ausreichend umgesetzt werden. Zudem erklärten sie Amnesty International, dass die Regierung aufgrund von Finanzierungsproblemen in den vergangenen Monaten Überwachungsmaßnahmen zur Beobachtung und Verhinderung von illegalen Landnahmen und Rodungen reduziert hätte.
In den vier indigenen Territorien, die Amnesty besuchte, war das Ausmaß der Rodungen fast 80 Prozent umfangreicher als im selben Zeitraum 2018. In einigen Gebieten berichteten führende Indigene, Morddrohungen erhalten zu haben, weil sie ihre traditionellen Territorien schützen wollen.
Eine Mitarbeiterin der brasilianischen Umweltschutzbehörde in Rondônia, die mit Amnesty International unter der Bedingungen sprach, anonym zu bleiben, sagt: „Wenn wir Leute gehabt hätten, die Inspektionen durchführen, wäre die Situation nicht so, wie sie jetzt ist“.
Ein Angehöriger der Manoki, der ebenfalls anonym bleiben will, sagte Amnesty International: „Die Umweltschutzbehörde IBAMA kommt nicht mehr. Ich weiß nicht, warum. Wir haben Berichte vorbereitet und die Koordinaten auf Karten markiert, an denen illegal Rodungen stattfinden und sie an die IBAMA geschickt. Aber jetzt kommen sie nicht mehr”.
Brasiliens Indigenenbehörde (FUNAI) und der Umweltbehörde (IBAMA) sind die finanziellen Mittel in diesem Jahr erheblich gekürzt worden. Laut Angaben der Regierung sind die Ausgaben der FUNAI für den Schutz indigener Territorien bis zum 28. August 10 Prozent niedriger gewesen als im selben Zeitraum 2018. Internationalen Medienberichten zufolge war das Budget der IBAMA insgesamt 25 Prozent niedriger.