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Veröffentlicht am 10. Dezember 2019, zuletzt aktualisiert: 30. Juni 2020
Ab April 2019 gehen die Menschen in Hongkong auf die Straße, um für Demokratie zu protestieren. Der Hongkong Protest verschärfte sich ab Anfang Juni 2019, zunächst aufgrund einer von der Regierung vorgeschlagenen Gesetzesänderungen, die die Auslieferung von Hongkonger Bürger*innen an das chinesische Festland ermöglichen würde.
Massive Polizeigewalt der Behörden in Hongkong und Drohgebärden aus China konnten die Demonstrationen nicht eindämmen. Beim Hongkong-Protest geht es längst nicht mehr nur um die inzwischen zurückgenommene Gesetzesänderung. Trotz Verhaftungen, Tränengas, Pfefferspray, Gummigeschossen und Todesopfern protestieren die Menschen Tag für Tag im Kampf um ihre Rechte und Freiheiten.
Die jüngsten Ereignisse: Im Mai 2020 entfachten zwei repressive Gesetzesvorschläge der chinesischen Regierung erneut heftige Proteste in Hongkong. Ein Gesetz soll das „Beleidigen der chinesischen Nationalhymne“ unter Strafe stellen. Ein zweites Gesetz zur „nationalen Sicherheit“ hätte noch schwerwiegendere Konsequenzen: unter dem Deckmantel der „nationalen Sicherheit“ würde es ermöglichen, Andersdenke, Oppositionelle und Menschenrechtsaktivist*innen zu verfolgen. Chinesische Sicherheitsbehörden dürften in Hongkong aktiv werden, was bisher nicht möglich ist.
Am 30. Juni 2020 billigte der ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses in China dieses sogenannte Sicherheitsgesetz für Hongkong. Das Gesetz könnte ein Freipass zur Unterdrückung friedlicher Kritikerinnen und Kritiker werden. Es droht Hongkong in eine Art Polizeistaat zu verwandeln. (mehr dazu weiter unten)
Die geplanten Gesetze sind ein weiterer Versuch, friedliche und anderslautende Meinungen in der Stadt zu kriminalisieren. Die exzessive und wahllose Polizeigewalt gegen Demonstrant*innen zeigt erneut, dass die Behörden die Menschenrechte auf den Straßen Hongkongs völlig missachten.
> Hintergrund der Proteste: Hongkongs Sonderstatus
> Was ist das umstrittene Auslieferungsgesetz?
> Warum endeten die Hongkong-Proteste nicht mit der Aussetzung des Auslieferungsgesetzes?
>Was ist das Nationale Sicherheitsgesetz für Hongkong?
> Worum geht es beim geplanten Gesetz zur Nationalhymne?
> Occupy- und Regenschirm-Bewegung: Repressionen nahmen seit 2014 zu
> Zensur im Namen der „nationaleN Sicherheit“ Chinas
> Polizeigewalt in Hongkong eskaliert
> Gewalt durch Demonstrierende
> Amnesty fordert ein Ende der Gewalt und unabhängige Untersuchungen
Mehr als 150 Jahre lang war Hongkong eine britische Kolonie – ein Teil davon, Hongkong Island, wurde nach einem Krieg 1842 an Großbritannien abgetreten. Später verpachtete China auch den Rest von Hongkong für 99 Jahre an die Briten, das nach Ablauf dieser 99 Jahre im Jahr 1997 wieder an China zurück fallen sollte.
Anfang der 1980er Jahre, als das Ende der 99-Jahre-Frist näher rückte, begannen Großbritannien und China Gespräche über die Zukunft Hongkongs. 1984 einigten sich die beiden Staaten auf den Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“. In der gemeinsamen chinesisch-britischen Erklärung legten sie fest, dass dieses Prinzip Hongkong für einen Zeitraum von 50 Jahren ein eigenes Rechts- und Wirtschaftssystem garantieren und die Freiheiten der Region schützen sollte. Dieser Grundsatz sollte die Basis legen für die Zeit nachdem die Volksrepublik China "die Ausübung der Souveränität über Hongkong mit Wirkung vom 1. Juli 1997 wiederaufnehmen würde".
1997 richtete die chinesische Regierung die Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China (HKSAR) ein und erließ mit dem Grundgesetz eine Art „Mini-Verfassung“ Hongkongs. Das Grundgesetz erweiterte den Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" weiter und legte fest, dass Hongkong "ein hohes Maß an Autonomie und exekutive, legislative und unabhängige Justizgewalt" genießen sollte.
Das Grundgesetz sieht vor, dass die Sonderverwaltungsregion Hongkong (HKSAR) die Rechte und Freiheiten der Bewohner*innen Hongkongs zu schützen hat. Dazu zählen
Bereits im Februar 2019 kündigte die Regierung Hongkongs die geplanten Änderungen des Auslieferungsgesetzes an (die „Fugitive Offenders and Mutual Legal Assistance in Criminal Matters Legislation Bill“). Die Gesetzesänderungen hätten die Auslieferung von Personen auf dem Gebiet Hongkongs an das chinesische Festland sowie an andere Gerichtsbarkeiten ermöglicht. Die Macht der chinesischen Behörden wäre auf Kritiker*innen, Menschenrechtsaktivist*innen, NGO-Mitarbeiter*innen und alle anderen Personen in Hongkong ausgedehnt worden. Die Gesetzesänderung hätte Personen in Hongkong dem Justizsystem Chinas ausgesetzt, das für willkürliche Inhaftierungen, Folter und andere Misshandlungen bekannt ist. Dem chinesischen Justizsystem unterworfen zu werden, hätte für die Einwohner*innen Hongkongs eine schwere Bedrohung ihrer Rechte und Freiheiten dargestellt. In China wäre nicht nur ihr Recht auf ein faires Gerichtsverfahren nicht gewahrt, ihnen hätte auch gewaltsames Verschwindenlassen und Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren gedroht.
Neben der realen Gefahr durch die chinesische Justiz, zeichnete sich mit der Gesetzesänderung die zunehmende Aushöhlung der Autonomie Hongkongs von Festland-China ab. Von März bis Juni 2019 äußerten verschiedene Parteien, darunter auch ausländische Regierungen, öffentlich ihre Bedenken zu den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen. Die massive reale Bedrohung und die Gefährdung der Autonomie Hongkongs durch das neue Auslieferungsgesetz, trieb ab April Protestierende auf die Straßen Hongkongs. Die Menschen forderten ihre Regierung auf, die geplanten Änderungen zurückzuziehen. Unter den Protestierenden waren zunächst vor allem junge Menschen, Schüler*innen und Studierende. Im Interview mit Amnesty-Researcher*innen beschrieb der Hongkonger Student „Samuel“*, wie ihn die Angst um Hongkongs Zukunft auf die Straße brachte: „Sollten wir die Gesetzesänderung nicht verhindern können, wäre alles vorbei. Es war ein sehr einfacher Gedanke – können wir sie an diesem Tag nicht aufhalten, so wäre Hongkong erledigt. Es gäbe keine weitere Bewegung.“
Am 4. September 2019 kündigte die Regierung Hongkongs an, das Auslieferungsgesetz zurückzuziehen. Warum protestiert Hongkong trotzdem weiter? Zu diesem Zeitpunkt waren die Menschen auf den Straßen Hongkongs bereits monatelange massiver Polizeigewalt ausgesetzt gewesen, die das Vertrauen der Bevölkerung gegenüber der Regierung ernsthaft beschädigt hatte. Die Probleme mit dem Auslieferungsgesetz waren von Anfang an offenkundig. Doch statt auf Dialog, setzte die Führung in Hongkong auf Schlagstöcke, Tränengas, Gummigeschosse und willkürliche Festnahmen. Ihre Politik war eine Politik der Gewalt unter dem Einfluss Pekings. Der Protest gegen das Auslieferungsgesetz war daher zu diesem Zeitpunkt längst zu einer Bewegung gegen die Regierung Hongkongs, den Einfluss Chinas und für den Schutz der Rechte und Freiheiten der Bewohner*innen Hongkongs geworden.
Weiterhin fordern die Demonstrierenden in Hongkong, dass die Regierung ihre Charakterisierung der Proteste als "Unruhen" zurücknimmt. Sie fordern eine unabhängige Untersuchung der Gewaltanwendung durch die Polizei und die bedingungslose Freilassung aller im Rahmen von Protesten Verhafteten. Sie verlangen politische Reformen, die ein echtes allgemeines Wahlrecht gewährleisten – und zwar indem sie die Führung Hongkongs selbst wählen können – wie es in der Mini-Verfassung der Stadt, dem Grundgesetz – festgelegt ist.
Mehr dazu: Hong Kong Students: why we're still protesting
Der chinesische Nationaler Volkskongress hat im Mai 2020 auf seiner jährlichen Plenarsitzung einen Beschluss über die "Einführung und Stärkung" nationaler Sicherheitsmaßnahmen in Hongkong verabschiedet, das sogenannte „nationale Sicherheitsgesetz“.
Dieser Beschluss fordert Gesetze gegen "Separatismus, Umsturz der Staatsmacht, Terrorismus und ausländische Einmischung" für Hongkong zu verabschieden. Er ermöglicht es auch chinesischen Sicherheitsbehörden, in Hongkong tätig zu sein, was bislang bisher aufgrund des Sonderstatus Hongkongs ausgeschlossen war.
Der Beschluss fordert außerdem die Regierung von Hongkong auf, Mechanismen und Institutionen der nationalen Sicherheit, einschließlich der Strafverfolgung, zu stärken. Er verpflichtet auch den Regierungschef Hongkongs, der Zentralregierung regelmäßig über die Erfüllung der Aufgaben zu berichten, die darin bestehen, "die nationale Sicherheit zu wahren und die Erziehung zur nationalen Sicherheit zu verbreiten und Verhaltensweisen, die die nationale Sicherheit gefährden, rechtmäßig zu verbieten".
Dieser Beschluss ist noch kein Gesetz, doch er ermächtigt den chinesischen Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen. Dieses „nationale Sicherheitsgesetz“ würden nach seiner Verkündung in Anhang III des Hongkonger Grundgesetzes aufgeführt, was bedeutet, dass es ohne Prüfung durch den Gesetzgebenden Rat Hongkongs in Kraft treten könnten, womit die örtlichen Gesetzgeber faktisch umgangen würden.
China missbraucht routinemäßig seinen eigenen Sicherheitsgesetze als Vorwand, um Menschenrechtsaktivist*innen ins Visier zu nehmen und alle Formen von Dissens zu bekämpfen. Es nutzt die vage und allumfassende Definition der „nationalen Sicherheit“, um die Vereinigungsfreiheit, die Meinungsfreiheit und das Recht auf friedliche Versammlung einzuschränken. Mit dem nationalen Sicherheitsgesetz für Hongkong zeigt China, dass es das gleich auch in Hongkong tun will, und zwar so bald wie möglich.
In China einem Verbrechen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit angeklagt zu werden, kann Isolationshaft und geheime Inhaftierung bedeuten, ohne Zugang zu Anwälten oder Familien. Das nationale Sicherheitsgesetz ist deshalb eine existenzielle Bedrohung für die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong und die Menschenrechte in der Stadt.
Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses in China hat das sogenannte Sicherheitsgesetz für Hongkong gebilligt. "Die Verabschiedung des Gesetzes zur nationalen Sicherheit ist ein schmerzlicher Moment für die Menschen in Hongkong und stellt die größte Bedrohung der Menschenrechte in der jüngeren Geschichte der Stadt dar", sagte Joshua Rosenzweig, Leiter des China-Teams von Amnesty International. Das Gesetz könnte ein Freipass zur Unterdrückung friedlicher Kritikerinnen und Kritiker werden. Es droht Hongkong in eine Art Polizeistaat zu verwandeln.
Das Sicherheitsgesetz erteilt der chinesischen Zentralregierung und der Hongkonger Regierung die Befugnis, in der Sonderverwaltungszone ein "Büro für nationale Sicherheit" einzurichten. Auf dem Festland werden Menschenrechtsverteidiger und Andersdenkende von solchen Stellen systematisch überwacht, drangsaliert, eingeschüchtert, unter Geheimhaltung inhaftiert, gefoltert und misshandelt.
"China hat diese Gesetze schnell und verschwiegen durchgesetzt. Das verstärkt die Befürchtung, dass Peking absichtlich eine Unterdrückungswaffe geschaffen hat, die gegen Regierungskritikerinnen und -kritiker eingesetzt werden soll. Sie könnte auch gegen Menschen gerichtet werden, die lediglich ihre Meinung äußern oder friedlich protestieren", sagte Joshua Rosenzweig.
Weitere Informationen zum sogenannten Sicherheitsgesetz für Hongkong
Das geplante Gesetz zur Nationalhymne ist ein weiterer Versuch, friedliche und anderslautende Meinungen in der Stadt zu kriminalisieren. Nach diesem vage formulierten und repressiven Gesetz könnte den Menschen in Hongkong bis zu drei Jahren Gefängnis drohen, wenn sie verdächtig werden, dass sie die chinesische Nationalhymne ,beleidigt‘ oder ,missbraucht' haben.
Anlässlich der Debatte des Legislativrats über das Gesetz zur Nationalhymne am 27. Mai 2020 gingen Tausende Demonstrant*innen in Hongkong auf die Straße. Hunderte von Menschen wurden zusammengetrieben oder festgenommen. In den sozialen Medien war zu sehen, wie die Polizei Pfefferkugeln abfeuerte, um einen Protest im Central District zu zerstreuen, trotz der Anwesenheit zahlreicher Unbeteiligter.
Das Gesetz sieht bei „Beleidigung“ oder „Missbrauch“ der chinesischen Nationalhymne eine Geldstrafe von bis zu 50.000 HK$ (6.400 US-Dollar) und eine Höchststrafe von drei Jahren Haft vor.
Seit 2015 gab es mehrere Vorfälle, in denen Hongkonger Fußballfans bei Spielen die chinesische Nationalhymne ausbuhten oder sich abwandten. Das neue Gesetz würde ein solches Verhalten unter Strafe stellen. „Die Menschen in Hongkong sind zu Recht beunruhigt über dieses Gesetz und sie haben das Recht, friedlich dagegen zu protestieren. In einer Zeit, in der Freiheiten in Hongkong durch ein von China erzwungenes nationales Sicherheitsgesetz ernsthaft untergraben werden, stellt das Gesetz zur Nationalhymne eine weitere ernsthafte Bedrohung der Meinungsfreiheit in der Stadt dar,“ sagte der stellvertretende Direktor für Ost- und Südostasien von Amnesty International, Joshua Rosenzweig.
Seit Jahren demontieren die chinesischen Behörden gemeinsam mit der Führung Hongkongs den Sonderstatus, den Hongkong in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte genießen sollte.
Joshua Rosenzweig, Leiter des Regionalbüros von Amnesty International für Ostasien
Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses in China billigt das sogenannte Sicherheitsgesetz für Hongkong. Das Gesetz könnte ein Freipass zur Unterdrückung friedlicher Kritiker*innen werden. Es droht Hongkong in eine Art Polizeistaat zu verwandeln.
Das Parlament in Hongkong hat das sogenannte Hymnengesetz verabschiedet, das die "Beleidigung" der chinesischen Nationalhymne unter Strafe stellt. Wer die chinesische Nationalhymne "beleidigt", dem drohen nun bis zu drei Jahre Gefängnis. Mit diesem jüngsten Versuch, friedliche Kritiker*innen zu kriminalisieren, haben die Behörden Hongkongs das Recht auf freie Meinungsäußerung ein weiteres Mal missachtet.
Trotz massiver Kritik und Protesten wurde das umstrittene Sicherheitsgesetz in Hongkong gebilligt. Es könnte dazu führen, dass die Behörden unter dem Deckmantel angeblicher Sicherheitsinteressen gegen regierungskritische Stimmen vorgehen.
Anlässlich der Debatte des Legislativrats über ein neues Gesetz zur Nationalhymne gehen Tausende Demonstrant*innen in Hongkong auf die Straße. Die exzessive und wahllose Anwendung von Gewalt durch die Polizei zur Zerstreuung der Demonstrant*innen zeigt einmal mehr, dass die Behörden die Menschenrechte auf den Straßen Hongkongs völlig missachten.
Seit 2015 gab es mehrere Vorfälle, in denen Hongkonger Fußballfans bei Spielen die chinesische Nationalhymne ausbuhten oder sich abwandten. Das neue Gesetz würde ein solches Verhalten unter Strafe stellen.
15 bekannte Demokratie-Aktivist*innen aus Hongkong werden wegen der Organisation und Beteiligung an „nicht genehmigten Versammlungen“ im Vorjahr festgenommen. Die Festnahme ist ein Versuch der Hongkonger Regierung die Protestbewegung zu schwächen und einzuschüchtern.
Die Anklagen müssen fallen gelassen werden, die Inhaftierten müssen frei kommen! Unterstütze hier die Online-Aktion und setz dich für die Freilassung der Demokratie-Akivist*innen in Hongkong ein.
Die Hongkonger Polizei hebt ihre Genehmigung für eine Demonstration drei Stunden nach ihrem Beginn auf, nachdem eine kleine Gruppe von Demonstranten eine Bank verwüstet hatte. Sie löst die Proteste in Hongkong gewaltvoll auf und setzt ohne Vorwarnung Tränengas gegen weitgehend friedliche Demonstranten ein. 287 Menschen werden festgenommen. Medien zitieren Polizeiquellen, laut denen die Taktik der Massenverhaftung darauf abziele, Protestierende "abzuschrecken".
Schätzungsweise 800.000 Menschen demonstrieren auf einer genehmigten Veranstaltung weitgehend friedlich. Die Demonstration zeigt den großen Rückhalt, den die Protestbewegung auch noch nach Monaten in der Hongkonger Bevölkerung hat.
Jimmy Sham, einer der prominentesten Aktivisten Hongkongs und Organisator der Civil Human Rights Front (CHRF) wird von einer Gruppe von Männern mit Eisenhämmern brutal zusammengeschlagen. Amnesty fordert, dass die Sicherheitskräfte den Schutz der Demonstrierenden vor sich häufenden gezielten Angriffen wie diesen gewährleisten muss.
Die Regierung Hongkongs führt ein Vermummungsverbot ein und beruft sich dabei auf ein Gesetz aus der Kolonialzeit. Das neue Maskenverbot verbietet es Demonstrant*innen, während der Proteste ihr Gesicht ganz oder teilweise zu bedecken.
Die Polizei schießt auf Demonstranten. Bei Demonstrationen am Tag des chinesischen Nationalfeiertages werden in drei Fällen scharfe Munition eingesetzt. In einem der drei Fälle schießt ein Polizist einem 18-jährigen Schüler in die Brust. Der Teenager wird in einem kritischen Zustand ins Krankenhaus gebracht. Amnesty International fordert, eine unabhängige Untersuchung dieses Vorfalls. Die Polizei verhaftet 269 Personen, mehr als an jedem anderen Tag seit Beginn der Proteste.
Die Regierung Hongkongs kündigt an, das Auslieferungsgesetz zurückzuziehen. Das Vertrauen der Bevölkerung gegenüber Regierung und Polizei ist jedoch bereits so ernsthaft beschädigt, dass die Proteste weitergehen und sich nun gegen die Regierungschefin richten. Die Demonstrierenden fordern außerdem die Aufklärung der Polzeigewalt.
Einige der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen, die von Amnesty International dokumentiert wurden, ereignen sich in dieser Nacht. Die Polizei wendet während Verhaftungen übermäßige Gewalt an – sie schlägt, tritt und prügelt mit Schlagstöcken auf Demonstrant*innen, oft nachdem sie bereits gefesselt sind. Ein Teil der Gewalt wird von Polizist*innen in Zivil ausgeübt, die sich nicht identifiziert, bevor sie Demonstrant*innen schwer schlägt und verhaftet. Trotz der Schwere der Verletzungen verzögerte die Polizei oft den Zugang zu medizinischer Versorgung um Stunden.
Hongkong wird durch einen stadtweiten Streik lahmgelegt. 224 Flüge werden gestrichen, wichtige U-Bahn-Linien und Straßen gesperrt. Die Polizei feuerte 800 Tränengas-Patronen ab, die Demonstranten entzünden große Lagerfeuer vor den Polizeiwachen.
Hunderttausende von Menschen demonstrieren in verschiedenen Teilen der Stadt. Die Polizei feuert massiv Tränengas in die Menge. Auf dem Heimweg werden Demonstrierende von mutmaßlich pro-chinesischen Schlägergruppen angegriffen: eine große Gruppe von Menschen in weißen T-Shirts mit Holzstäben, Metallrohren und Bambusstangen attackieren Demonstrant*innen und Pendler in einer Metro-Station. Bei dem Angriff werden mindestens 45 Menschen verletzt, darunter eine schwangere Frau.
Schätzungsweise eine Million Menschen protestieren in Hongkong gegen das Auslieferungsgesetz. Die Polizei setzt Pfefferspray und Schlagstöcke ein, um die Menge zu zerstreuen. Es kommt zu Ausschreitungen und gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und Polizei im Komplex des Legislativrates.
Eine Reihe von Protesten gegen das geplante Auslieferungsgesetz beginnen auf den Straßen Hongkongs.
Die Regierung in Hongkong kündigt die umstrittenen Änderungen des Auslieferungsgesetzes an (der„Fugitive Offenders and Mutual Legal Assistance in Criminal Matters Legislation Bill“).
Ein Blick auf das vergangene Jahrzehnt in Hongkong zeigt deutlich, dass das Auslieferungsgesetz, das Gesetz zur Nationalhymne und das nationale Sicherheitsgesetz keine plötzlichen, singulären Ereignisse, sondern eine neue Eskalation jahrelanger Repressionen in Hongkong
darstellen. "Die stetige Aushöhlung der Rechte und Freiheiten in Hongkong hat schon lange vor der Ankündigung des Auslieferungsgesetzes begonnen" sagte Joshua Rosenzweig, Leiter des Regionalbüros von Amnesty International für Ostasien. Vor allem seit den Protesten der Regenschirm-Bewegung im Jahr 2014 haben die Behörden in Hongkong unter der Führung Chinas zunehmend repressive Maßnahmen gesetzt. Dazu zählen Einschnitte in die Meinungsfreiheit und massive Polizeigewalt.
2014 stellten die Proteste der Occupy Central- und der anschließenden Regenschirm-Bewegung das Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" auf die Probe. Während die chinesische Regierung sowohl die Proteste der Occupy Central als auch der Regenschirm-Bewegung für illegal erklärte, zeigte sich die Regierung Honkongs zunächst zurückhaltend. Schon damals wandte die Polizei bei mehreren Gelegenheiten übermäßige Gewalt an und schützte die Demonstrierenden nicht vor Angriffen der Gegen-Demonstrierenden. Doch sie tolerierte die friedlichen Proteste zunächst über 11 Wochen lang weitgehend. Danach änderte sich die Linie der Hongkong Regierung: Sie ließ die Demonstrationen niederschlagen und läutete mit Verhaftungen, Verfolgung und Inhaftierung von prominenten Mitgliedern der Protestbewegungen eine Zäsur ein. Hongkongs Regierung schlug einen härteren Kurs ein. Zunehmend missachtete die Regierung die Menschenrechte, die im Grundgesetz Hongkongs verankert sind, insbesondere das Recht auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung. Seitdem bekommen Kritiker*innen immer stärker den Einfluss Pekings zu spüren. Gesetze und Vorschriften werden missbraucht, um Einzelpersonen und Gruppen zu schikanieren und zu verfolgen, die beschuldigt werden, die "rote Linie" Pekings überschritten zu haben. Im Interview mit Amnesty sagte „Rachel“, die sich 2014 als Studentin der Regenschirm-Bewegung anschloss: „Nach der Regenschirmbewegung wurden viele Menschen in meinem Alter verhaftet, nur weil sie sich friedlich versammelt hatten, um ihre Meinung zu äußern. Einmal verurteilt, ist ihre Zukunft verloren. Deshalb zögerte ich in den letzten Jahren, an den Protesten teilzunehmen. Die Proteste des Auslieferungsgesetzes sind nun wie eine Explosion des sich lange ansammelnden Unmuts über die Regierung.“
Die schleichende Zunahme der Repressionen seit 2014 stehen unter dem Einfluss von Pekings Rhetorik der "nationalen Sicherheit". Eine vage und umfassende Definition dieser "nationalen Sicherheit" Chinas wird mit verheerender Wirkung gegen Aktivist*innen und Kritiker*innen in China, und heute auch in Hongkong, eingesetzt. Aktivist*innen und Journalist*innen wurden zensiert, verfolgt und schikaniert. Dazu dient eine 2017 von Chinas Präsident Xi Jinping definierte "rote Linie" zu Hongkong, die "jeden Versuch, Chinas Souveränität oder Sicherheit zu gefährden, die Macht der chinesischen Regierung in Frage zu stellen oder Hongkong zu nutzen, um Infiltrations- und Sabotageaktivitäten gegen das Festland durchzuführen" einschließt. Wenn Hongkongs Bürger*innen die ihnen zustehenden Rechte ausüben, wird das von den chinesischen Behörden zunehmend so ausgelegt, dass sie damit diese "rote Linie" überschreiten. Die Regierung Hongkongs hat diese Taktik übernommen. Damit verstößt sie gegen die Grundsätze ihrer internationalen Menschenrechtsverpflichtungen und des Grundgesetzes von Hongkong. Seit 2014 wurden mehr als 100 Menschen für friedlichen Aktivismus strafrechtlich verfolgt (Stand September 2019).
Mehr dazu im Amnesty-Bericht zu Pekings roter Linie in Hongkong
Warum immer mehr Menschen in Hongkong protestieren, das hängt auch mit der stetig weiter eskalierenden Polizeigewalt zusammen. Das unverhältnismäßige Durchgreifen der Sicherheitskräfte in den Straßen von Hongkong wurde live in die ganze Welt übertragen. Auf Schlagstöcke, Tränengas und Wasserwerfer folgte der Einsatz scharfer Munition gegen Demonstrant*innen. Obwohl die überwiegende Mehrheit der Demonstranten friedlich protestierte, begegnete die Polizei ihnen mit unverhältnismäßiger Gewalt, Misshandlungen und sogar Folter.
Amnesty International dokumentierte systematisch rücksichtlose und willkürliche Polizeitaktiken. Menschen in Polizeigewahrsam wurden brutal geschlagen und misshandelt. Amnesty liegen auch Beweise für Folter vor. Amnesty-Mitarbeiter*innen haben fast zwei Dutzend Personen befragt, die in Hongkong festgenommen wurden. Neben diesen Interviews haben sie unterstützendes Beweismaterial sowie Zeug*innenaussagen von Rechtsbeiständen, medizinischem Personal und weiteren Beteiligten ausgewertet. Häufig wurden diese Misshandlungen als „Strafe“ für vermeintlichen Widerspruch oder unkooperatives Verhalten ausgeübt. So berichtete ein Mann, dass er im August nach seiner Festnahme bei einem Protest in den New Territories auf einer Polizeiwache festgehalten worden sei. Nachdem er sich bei der Beweisaufnahme geweigert hatte, eine Frage zu beantworten, wurde er von mehreren Beamt*innen in ein Nebenzimmer gebracht. Dort schlugen sie ihn zusammen. Als er versuchte, sich zu schützen, drohten die Polizeikräfte, ihm die Hände zu brechen. „Ich spürte, wie mir jemand mit einem sehr harten Gegenstand auf die Beine schlug. Dann drehte mich einer [ein Beamter] um und kniete sich auf meine Brust. Ich spürte den Schmerz in meinen Knochen und konnte nicht atmen. Ich versuchte, zu schreien, aber ich konnte weder atmen noch sprechen“, berichtete er. Sein Fall ist bei weitem kein Einzelfall, wie sowohl Recherchen von Amnesty und Berichte von UN-Expert*innen deutlich zeigen.
Der Hongkong-Protest verlief von Seiten der Demonstrierenden zunächst nicht ausschließlich aber überwiegend friedlich. Heute stößt die Gewalt der Polizei, die mit Tränengas und scharfer Munition gegen Demonstrierende vorgeht, immer mehr auf Gegen-Gewalt von Demonstrierenden. Die Gewalt der Demonstrant*innen schreitet offenbar mit der übermäßigen Anwendung von Gewalt durch die Polizei immer weiter voran. „Die heftige Reaktion der Polizei auf weitgehend friedliche Demonstrationen in den letzten Monaten ist die Hauptursache für diese Eskalation“, sagte Man-Kei Tam, Direktor von Amnesty International Hongkong. Bei der Besetzung der Polytechnischen Universität Hongkong durch die Polizei im November setzte sie Tränengas- und Wasserwerfer ein – offenbar auch beim Versuch, Menschen davon abzuhalten, das Gelände zu verlassen. Die Polizist*innen gingen sogar gegen medizinische Freiwillige vor und hinderten auch Reporter*innen daran, den Campus zu verlassen.
Es liegt in der Verantwortung der Polizei, zu deeskalieren. Doch anstatt verletzten Demonstrant*innen zu helfen, verhaften sie Ärzt*innen, die versuchen, Verwundete zu behandeln.
Man-Kei Tam, Direktor von Amnesty International Hongkong
Die Menschen in Hongkong demonstrieren für ihr Recht auf friedliche Versammlung und Meinungsfreiheit. Die Regierung regiert mit Gewalt und Einschüchterungen. Wir fordern, dass die Rechte der Menschen in Hongkong geschützt werden müssen. Die Regierung muss unabhängige und unparteiische Untersuchungen der Hongkong-Proteste einleiten, um die Polizeigewalt zu untersuchen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung muss geachtet und gewährleistet werden.