Amnesty International fordert die sofortige, bedingungslose Freilassung des willkürlich im Evin-Gefängnis inhaftierten Österreichers Kamran Ghaderi. Die Umstände seiner Inhaftierung und Verurteilung zeigen deutlich, wie sich die iranischen Behörden über unterschiedliche menschenrechtliche und völkerrechtliche Regeln und Verpflichtungen nach internationalem Recht hinwegsetzen.
- Von seiner Festnahme am 2. Jänner 2016 bis April 2016 wurde Kamran Ghaderi jeder Kontakt zu seiner Familie verweigert. Er durfte lediglich seine Frau in Österreich anrufen, um ihr zu sagen, dass er noch am Leben sei.
- Die ersten sieben Monate seiner Haft wurde Kamran Ghaderi der Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigert. Seinen Anwalt durfte er erst zwei Tage vor Verfahrensbeginn sehen.
- Kamran Ghaderi verbrachte fast ein Jahr in Einzelhaft, was den UN-Mindeststandards für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) widerspricht. Verlängerte Einzelhaft (mehr als 15 Tage) kann Folter oder andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe darstellen.
- Kamran Ghaderi wurde der „Zusammenarbeit mit feindlichen Staaten gegen die islamische Republik“ für schuldig befunden. Diese Anklage ist sehr weit gefasst und vage und widerspricht dadurch dem Legalitätsprinzip, das in den Artikeln 9 und 15 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR), dessen Vertragsstaat der Iran ist, verbrieft ist. International Menschenrechtsgremien haben darauf hingewiesen, dass Festnahmen und Inhaftierungen, die auf vagen und zu allgemein gehaltenen Gesetzen basieren, nach dem Völkerrecht und internationalen Standards willkürlich sein können.
- Das Urteil stützt sich auf falsche „Geständnisse“, die unter Zwang und Folter zustande kamen. Unter anderem wurde Kamran Ghaderi mitgeteilt, dass seine Mutter und sein Bruder festgenommen worden seien, und gedroht, sie im Gefängnis festzuhalten, wenn er nicht zwei „Geständnisse“ unterschreiben würde, die die Behörden für ihn vorbereitet hätten. Im Völkerrecht sind Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe unter allen Umständen und ausnahmslos verboten. Auch Artikel 7 des IPbpR verbietet Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.
- Kamran Ghaderis Recht auf ein faires Gerichtsverfahren nach internationalen Standards wurde grob missachtet, darunter sein Recht, sich nicht selbst zu belasten, und sein Recht auf einen Rechtsbeistand vom Moment der Festnahme an.
- Kamran Ghaderi wird, obwohl er auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, kein Kontakt zu Angehörigen der österreichischen Botschaft gestattet. Damit ignoriert der iranische Staat seine Verpflichtungen unter Artikel 5 und 36 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963.
- Der Iran hat bereits mehrere Doppelstaatsbürger*innen inhaftiert, zum Teil mit konstruierten Vorwürfen von Straftaten. Das legt die Vermutung nahe, dass diese Menschen als Geiseln gehalten werden, um Druck auf andere Staaten auszuüben oder die Freilassung staatlicher Agenten, z.B. in Belgien oder Schweden zu erreichen.
Diese Aufzählung verdeutlicht, wie eklatant der Iran Menschenrechte und internationale Rechtsgrundsätze verletzt. Amnesty International fordert die iranischen Behörden auf, die Verurteilung und das Strafmaß gegen Kamran Ghaderi aufzuheben und ihn unverzüglich freizulassen.