Deine Spende wird heute verdoppelt
Jede Spende bis zum 31. Dezember wird verdoppelt. So entfaltet dein Beitrag doppelte Wirkung und schützt weltweit die Rechte von Menschen in Gefahr.
Der Amnesty International Jahresbericht 2020/21 zur weltweiten Lage der Menschenrechte betrachtet 149 Länder, darunter auch Österreich, und beinhaltet eine umfassende Analyse der globalen Menschenrechtstrends im Jahr 2020. Im Folgenden findest du das Kapitel Österreich. Hier geht es zu einem Überblick über alle Inhalten des aktuellen Jahresberichts.
Während des Covid-19-Lockdowns war in Österreich eine Zunahme der Anrufe bei Beratungsstellen für Opfer häuslicher Gewalt zu verzeichnen. Auch 2020 wurden wieder afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland abgeschoben. Die Bundesregierung lehnte es nach wie vor ab, minderjährige Asylsuchende aufzunehmen. Die Fälle von Online-Hass gegen Schwarze Menschen, Muslime und Geflüchtete nahmen zu.
Die Pandemie hat auch hierzulande gezeigt, wie essentiell unsere Menschenrechte sind und dass sie jeden Aspekt unseres Alltags berühren. Umso wichtiger ist, dass wir jetzt unsere politischen, aber auch wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte stärken, um für die Folgen der Pandemie bestmöglich gewappnet zu sein.
Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich
Im März 2020 wurde wegen Covid-19 ein allgemeiner landesweiter Lockdown verhängt und das Betreten öffentlicher Orte generell verboten. Nachdem Ende April die Beschränkungen aufgehoben wurden, entschied der Verfassungsgerichtshof im Juli, dass das generelle Betretungsverbot bezüglich öffentlicher Orte gesetzlich nicht vorgesehen und daher verfassungswidrig war.
Auf der Grundlage der Lockdown-Bestimmungen wurden alle Versammlungen und Proteste verboten. Ab Mai 2020 wurden Versammlungen zwar grundsätzlich unter der Voraussetzung wieder erlaubt, dass die notwendigen Corona-Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Für einige Demonstrationen galten jedoch weiter unnötige und unverhältnismäßige Einschränkungen, obwohl die Veranstalter*innen entsprechende Vorkehrungen zum Schutz der Gesundheit getroffen hatten. Im September wurde eine mobile „Fridays for Future“-Demonstration in Linz, bei der Maßnahmen gegen den Klimawandel gefordert wurden, auf eine Standkundgebung mit maximal 1.000 Teilnehmer*innen beschränkt. Im Oktober entschied das Landesverwaltungsgericht, dass diese Beschränkung rechtswidrig war.
Im Juli 2020 wurden Bedenken hinsichtlich der zahlreichen bürokratischen Hürden geäußert, die 24-Stunden-Betreuer*innen aus anderen EU-Ländern überwinden mussten, um Zugang zu den Leistungen des Covid-19-Härtefallfonds zu erhalten.
Nach dem Lockdown im März 2020 meldeten die Beratungsstellen für Opfer von häuslicher Gewalt einen Anstieg der Anrufe von Frauen, die Unterstützung und Sicherheit suchten, um 38%. Medienberichten zufolge gab es im Jahr 2020 insgesamt 24 Femizide (Morde an Frauen und Mädchen). Im Dezember 2020 hob der Verfassungsgerichtshof das Kopftuchverbot an Volksschulen auf, mit der Begründung, dieses verletze das Recht muslimischer Mädchen auf freie Religionsausübung und auf Nichtdiskriminierung und könne zu ihrer Marginalisierung führen.
Im Februar 2020 gab die Regierung bekannt, dass sie die Verträge mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen, die Rechtsberatung für Asylsuchende anboten, zum Jahresende gekündigt habe und die Zuständigkeit an eine dem Innenministerium angegliederte Agentur übertragen werde. Mehrere Organisationen äußerten Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen dieser Entscheidung auf die Fairness der Asylverfahren. Zwischen Januar und März 2020 wurden 37 afghanische Staatsangehörige, deren Asylanträge abgelehnt worden waren, nach Afghanistan abgeschoben; dies stellt einen Verstoß gegen das Non-Refoulement-Prinzip dar, nach dem es verboten ist, Personen in ein Land zurückzuschicken, in dem ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Von April bis November gab es aufgrund der Corona-Pandemie keine Abschiebungen nach Afghanistan, aber im Dezember nahm Österreich diese wieder auf, und zehn weitere afghanische Staatsangehörige wurden abgeschoben. Ungeachtet eines Beschlusses des Wiener Landtags, mit dem dieser sich dazu bereit erklärte,100 schutzbedürftige Kinder in Wien aufzunehmen, sperrte sich die Bundesregierung weiterhin gegen die Aufnahme Asylsuchender von den griechischen Inseln.
Laut zivilgesellschaftlichen Organisationen gab es seit Beginn der Pandemie einen signifikanten Anstieg von rassistischen Beschimpfungen und Online-Attacken, vor allem gegen Muslime, Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete. Im Dezember 2020 verabschiedete das Parlament ein umstrittenes Gesetz zur Bekämpfung von „Hass im Netz“. Mehrere Organisationen äußerten Bedenken, dass das Gesetz zu weit gefasst sei.
Im Januar 2020 verpflichtete sich die neu gewählte Regierung zur Errichtung einer unabhängigen und wirksamen Ermittlungs- und Beschwerdestelle für Misshandlungsvorwürfe gegen Polizeibeamt*innen. Im August forderten über 40 zivilgesellschaftliche Organisationen und Expert*innen in einem gemeinsamen offenen Brief an die zuständigen Ministerien die Umsetzung dieser Zusage. Zudem forderten sie eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamt*innen, um die strafrechtliche Verfolgung von Misshandlungen besser zu ermöglichen.
Nach einem Anschlag im November 2020 in Wien lösten die Behörden mittels fragwürdiger Verfahren eine Reihe von muslimischen Vereinen auf. Im Dezember schlug die Regierung zahlreiche Gesetzesreformen zur Terrorismusbekämpfung vor, die Anlass zur Sorge darüber gaben, wie sich einige der neuen Bestimmungen auf die Menschenrechte bestimmter Personengruppen auswirken könnten.