Baba 2024!

Diese Erfolge für Menschenrechte 2024 machen uns Mut

2024 war erneut ein schwieriges Jahr für viele Menschen weltweit. Doch es gab auch positive Veränderungen für Menschen und ihre Rechte – viele davon sind durch den unermüdlichen Einsatz unserer Unterstützer*innen und mutiger Aktivist*innen auf der ganzen Welt möglich geworden. Gemeinsam kämpfen wir weiterhin für eine Welt, in der die Rechte aller Menschen geschützt werden.

Aleksandra Skochilenko Mit Ihrer Partnerin Ai Buero Niederlande ADAM 303807 C Amnesty International
© Amnesty International

Das Parlament in Gambia lehnte einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des gesetzlichen Verbots von weiblicher Genitalverstümmelung aus dem Jahr 2015 ab. Amnesty International hat zivilgesellschaftliche Organisationen in Gambia unterstützt und sich in öffentlichen Erklärungen, Medieninterviews und Briefen an gambische Behörden für die Ablehnung dieses Gesetzentwurfs eingesetzt.

© MUHAMADOU BITTAYE / AFP Via Getty Images

In Deutschland trat das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das es transgeschlechtlichen, nicht-binären und intergeschlechtlichen Menschen ermöglicht, durch eine einfache Erklärung beim Standesamt eine rechtliche Änderung ihres amtlichen Geschlechts zu erwirken. Amnesty International Deutschland hatte im Mai 2023 in einer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf Nachbesserungen gefordert. Das neue Gesetz trat an die Stelle des Transsexuellengesetzes von 1980, bei dem trans Menschen gezwungen waren, sich einer diskriminierenden psychologischen Begutachtung und einem gerichtlichen Verfahren zu unterziehen, um eine Änderung ihres amtlichen Geschlechts vornehmen zu lassen.

© Amnesty International Korea

In einem bahnbrechenden Urteil bestätigte der Oberste Gerichtshof von Südkorea, dass gleichgeschlechtliche Paare Anspruch auf die gleichen Krankenversicherungsleistungen haben wie heterosexuelle Paare. Zur Freude von Amnesty International Korea hatten die juristischen Eingaben mit zusätzlichen Informationen in diesem Fall unmittelbare Wirkung gezeigt.

© THOMAS SAMSON / AFP / picturedesk.com

Frankreich hat am 4. März 2024 einen Meilenstein in der Anerkennung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch erreicht: Beide Parlamentskammern stimmten für die Aufnahme der Freiheit zum Schwangerschaftsabbruch in die Verfassung. Amnesty International begrüßt diesen entscheidenden Schritt zur Sicherung eines Grundrechts.

 

Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich

Der Vorstoß in Frankreich ist ein wichtiges Zeichen der Hoffnung für alle, die das Recht auf Schwangerschaftsabbruch verteidigen.

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Ein Sieg für die Liebe, die Gleichberechtigung und die Menschenrechte: Das namibische Hohe Gericht hat die Gesetze zur Kriminalisierung einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Handlungen aufgehoben. Namibia gehört somit zu den Ländern im südlichen Afrika, in denen einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen erlaubt sind. 

Mit diesem Urteil hat der Oberste Gerichtshof des Landes die aus der Kolonialzeit stammenden Gesetze über „Sodomie“ und „widernatürliche Handlungen“, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen unter Strafe stellten, endgültig aufgehoben. 

Khanyo Farise, stellvertretender Regionaldirektor von Amnesty International für das östliche und südliche Afrika

Das Urteil bringt die namibischen Gesetze in Einklang mit der Verfassung, der Afrikanischen Charta und den internationalen Menschenrechtsnormen, die jede Form von Diskriminierung verbieten.

Amnesty International brachte ans Licht der Öffentlichkeit, dass Inhaftierte in Benin 2023 in schmutzigen, überfüllten Zellen ohne Zugang zu sauberem Wasser und medizinischer Versorgung untergebracht waren – zwischen Jänner und Juli 2023 starben mindestens 46 Inhaftierte in vier Gefängnissen. In nationalen und internationalen Medien wurde ausführlich darüber berichtet. Am 19. August 2024 wandten sich ein Dutzend Parlamentsabgeordnete der Opposition mit Fragen zu Todesfällen im Gefängnis, dem Zugang zu medizinischer Versorgung sowie einer verlängerten Dauer der Untersuchungshaft über den rechtlich zulässigen Zeitraum von fünf Jahren hinaus an die Regierung. Im September bestätigte der Generaldirektor der Strafvollzugsbehörde die Überbelegung der Gefängnisse und die schlechten Haftbedingungen. Im selben Monat wurden die Gefängnisleiter*innen und das Personal der Krankenstationen in der Behandlung von Inhaftierten gemäß den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Inhaftierten (Nelson-Mandela-Regeln) geschult.

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Das Unternehmen Amazon erklärte am 22. Februar 2024, dass es infolge eines Amnesty-Berichts über die arbeitsrechtlichen Missstände in ihren Warenlagern in Saudi-Arabien 1,9 Millionen US-Dollar für die Entschädigung von mehr als 700 Arbeitskräften gezahlt hat, die dort unter Vertrag stehen. Amnesty International hatte Ausbeutung der Arbeiter*innen dokumentiert und Entschädigungen gefordert.

Steve Cockburn, Leiter der Abteilung für wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit bei Amnesty International

Wir wissen von den Betroffenen, wie wichtig diese Zahlungen für den Wiederaufbau ihres Lebens sind. Denn die Arbeitskräfte haben sich oft hoch verschulden müssen, um bei Amazon arbeiten zu können.

© Adobestock

Amnesty International machte auf den Mangel an Personal und einer angemessenen Ausstattung mit Medikamenten und medizinischen Geräten in Gesundheitseinrichtungen für Schwangere und Neugeborene in Togo aufmerksam. Die Behörden versicherten daraufhin die Einrichtung eines neuen Programms zur Unterstützung von Minderjährigen und Frauen. Der Leiter von Amnesty International in Togo traf sich mit dem Gesundheitsminister, der bestätigte, dass die Einstellung neuen Personals und die Bereitstellung einer angemessenen Ausrüstung Priorität hätten. Im September 2024 bestätigte die Regierung von Togo die Einstellung von 193 Hebammen und 177 Geburtshelfer*innen. Im August 2024 wurden medizinische Einrichtungen für Mütter mit 7.700 neuen Betten, mehr als 100 Entbindungsbetten sowie Krankenwagen und Funkgeräten ausgestattet.  

Im Jahr 2020 wurden sechs Teilnehmer eines Protests in der Nähe des Banhine-Nationalparks in Mosambik durch Schüsse der Polizei verletzt. Ein Jahr später forderte das Krisenteam von Amnesty International in einem neuen Bericht eine sorgfältige Untersuchung des Vorfalls. Die Regierung leitete daraufhin rechtliche Schritte ein, die schließlich im August 2024 zur Verurteilung von sechs Polizisten führten.

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In einem historischen Schritt wurde Belgien für Taten, die der Staat während der Kolonialzeit begangen hat, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Verantwortung gezogen – ein Wendepunkt für die europäischen Staaten. Nach Aufrufen von Amnesty International und der belgischen NGO African Futures Lab hat das Berufungsgericht in Brüssel die Verantwortung des belgischen Staates für die Entführung und systematische Segregation von Métis-Kindern unter der belgischen Kolonialherrschaft anerkannt. Diese Entscheidung erfolgte, nachdem fünf zwischen 1948 und 1952 im Kongo belge (Belgisch-Kongo, heute DR Kongo) geborene Métis-Frauen ein Gerichtsverfahren gegen den belgischen Staat eingeleitet hatten. Sie waren während der Kolonialisierung des Kongo durch Belgien gewaltsam verschleppt worden. Nachdem die Frauen 2021 in erster Instanz verloren hatten, zogen sie vor das Brüsseler Berufungsgericht, um Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu erlangen.

Bild oben: Die fünf belgisch-kongolesischen Frauen Lea Tavares Mujinga, Simone Vandenbroecke Ngalula, Monique Bitu Bingi, Noelle Verbeken und Marie Jose Loshi während einer Anhörung im Verfahren gegen den belgischen Staat in Brüssel.

Viel zu viele Menschen sitzen unschuldig in Gefängnissen quer über den Globus. Amnesty International setzte sich auch dieses Jahr mit aller Kraft für die Freilassung von willkürlich und zu Unrecht inhaftierten Personen ein.

© Amnesty International

Im August 2024 wurden im Rahmen eines Gefangenenaustauschs 16 Personen aus russischen und belarussischen Gefängnissen freigelassen, darunter zu Unrecht inhaftierte Menschenrechtsverteidiger*innen, Aktivist*innen und Journalist*innen, für deren Freilassung sich Amnesty International gemeinsam mit vielen Tausenden Unterstützer*innen weltweit einsetzte. Dass der Austausch gegen verurteilte Verbrecher erfolgte, hinterlässt einen bitteren Beigeschmack, doch die Freude über die Freilassung der zu Unrecht Inhaftierten ist groß. Zu den Freigelassenen zählen die russischen Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen Aleksandra (Sasha) Skochilenko, Wladimir Kara-Mursa, Lilia Tschanyschewa, Oleg Orlow, Andrei Pivovarov, Ksenia Fadeeva und Ilja Jaschin sowie die Journalist*innen Evan Gershkovich und Alsu Kurmasheva.

Bild oben: Die russische Künstlerin und Friedensaktivistin Aleksandra Skochilenko kann ihre Partnerin endlich wieder in die Arme schließen – hier bei einem Besuch des Büros von Amnesty Niederlande.

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Die wohl größte Medienaufmerksamkeit im vergangenen Jahr erhielt ein Fall von unrechtmäßiger Inhaftierung, der seit bald einem Jahrzehnt Schlagzeilen machte: Julian Assange, der Wikileaks-Gründer, der jahrelang vor den Augen der Welt zu Unrecht verfolgt wurde, kam endlich frei! Am 24. Juni 2024 konnte Julian Assange endlich das Gefängnis in London verlassen.

Amnesty International ist der festen Überzeugung, dass Julian Assange niemals hätte inhaftiert werden dürfen und hat sich jahrelang dafür eingesetzt, dass die Anklage gegen ihn fallen gelassen werden. Die Verfolgung von Julian Assange durch die USA war ein schockierender Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit.

Agnès Callamard, die internationale Generalsekretärin von Amnesty International

Die US-Behörden haben mit ihrem jahrelangen globalen Spektakel historischen Schaden angerichtet. Es gilt nun, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu verteidigen und die Auswirkungen des 'abschreckenden Effekts', die das Vorgehen gegen Assange auf die Pressefreiheit weltweit hatte, zu überwinden.

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Am 1. Dezember wurde der bekannte iranische Rapper Toomaj Salehi freigelassen! Als eine der führenden Stimmen der Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“ war er zwei Jahre lang zu Unrecht inhaftiert, zeitweise drohte ihm sogar die Hinrichtung. Als das Revolutionsgericht Toomaj Salehi im April 2024 zum Tode verurteilte, folgte ein weltweiter Aufschrei. Am 22. Juni 2024 hob der Oberste Gerichtshof das Urteil auf und am 1. Dezember wurde er aus dem Gefängnis entlassen.

Es ist jedoch weiterhin ein Verfahren gegen Toomaj Salehi anhängig. Amnesty fordert daher die iranischen Behörden dringend auf, alle Strafverfahren gegen Toomaj Salehi einzustellen, da er lediglich sein Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung, auch im Zusammenhang mit seiner Musik, wahrgenommen hat. Wir fordern außerdem, dass ihm eine vollständige Entschädigung gewährt wird, die der Schwere der Verletzungen und des erlittenen Schadens entspricht.

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Am 18. Oktober 2024 wurde der prominente ukrainische Menschenrechtsaktivist und Journalist Maksym Butkevych aus russischer Gefangenschaft entlassen. Er kam im Rahmen eines Gefangenenaustauschs frei, nachdem er über zwei Jahre in Gefangenschaft verbracht hatte.

Maksym Butkevych hatte sich zu Beginn der russischen Invasion als Freiwilliger den ukrainischen Streitkräften angeschlossen und wurde am 24. Juni 2022 von den russischen Streitkräften in der Ostukraine gefangen genommen. In einem Scheinprozess vor dem so genannten Obersten Gericht im russisch besetzten Luhansk in der Ostukraine wurde er für ein Kriegsverbrechen, das er nicht begangen hat und nicht begangen haben konnte, zu einer langen Haftstrafe verurteilt.

Maksym Butkevychs Freilassung ist ein bedeutender Sieg für Menschenrechtsaktivist*innen und alle seine Unterstützer*innen, die sich für seine Freiheit eingesetzt haben. Gleichzeitig lenkt sie den Fokus auf die anhaltende schwierige Lage ukrainischer Kriegsgefangener und ihrer Familien. Es ist dringend notwendig, internationale Justizmechanismen einzuführen und die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen.

Maksym Butkevychs Vater dankte Amnesty International im Namen der Familie für die Unterstützung. Diesen Dank möchten wir allen weitergeben, die sich für seine Freilassung eingesetzt haben.

2025 geht unsere Arbeit weiter

Durch unseren gemeinsamen Einsatz haben wir dieses Jahr viel erreicht. Durch deine Unterstützung können wir 2025 mit aller Kraft weiter für Menschen und ihre Rechte kämpfen – es bleibt viel zu tun, gehen wir's an!