Wie wird des Weltrechtsprinzips in Österreich, in Europa und international angewendet?
In Österreich ist das Weltrechtsprinzip als Grundlage für die Strafverfolgung von internationalen Verbrechen, die in anderen Staaten begangen wurden, bereits im § 64 des Strafgesetzbuches rechtlich verankert. Es wird jedoch häufig nicht angewendet, da keine ausreichende Verbindung zu österreichischen Interessen festgestellt wird und es auch an den notwendigen Ressourcen mangelt, internationale Verbrechen in Österreich zu verfolgen.
Blickt man auf die europäische Union, bietet sich ein differenziertes Bild: Grundsätzlich sehen die Rechtsordnungen der einzelnen Mitgliedstaaten der europäischen Union auch eine Form der universellen oder extraterritorialen Gerichtsbarkeit vor, um ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.
Zu den Mitgliedstaaten, die das Weltrechtsprinzip für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord ins nationale Recht übernommen haben, zählen neben Österreich auch Belgien, Bulgarien, Kroatien, Zypern, Tschechien, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Irland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien und Schweden.
Neben der Definition der Straftaten ist die Verabschiedung von Gesetzen, die die Ausübung der universellen oder extraterritorialen Gerichtsbarkeit unterstützen, ein Schlüsselelement für die erfolgreiche Verfolgung der wichtigsten internationalen Verbrechen. In den meisten Mitgliedstaaten bestehen jedoch wie in Österreich Hindernisse, da die Anwendung des Weltrechtsprinzips von bestimmten Bedingungen abhängig ist.
Österreich knüpft bei der Anwendung des Weltrechtsprinzips wie viele andere europäische Länder an die Anwesenheit beziehungsweise den Wohnsitz eines*einer Verdächtigen im Hoheitsgebiet an (von dieser Einschränkung ausgenommen: sexuelle und geschlechtsspezifische Straftaten). Auch die Gesetzgebung anderer europäischer Länder, beispielsweise Belgien, Kroatien und Niederlande, erfordert einerseits eine Vorabgenehmigung des Justizministeriums, der oder eines*r anderen Beamt*in. Andererseits darf nicht bereits ein Verfahren vor dem IStGH oder vor einem anderen zuständigen internationalen oder nationalen Gericht laufen, um ein Verfahren unter Anwendung des Weltrechtsprinzips einleiten zu können.
In zwölf EU-Mitgliedstaaten (Bulgarien, Zypern, Tschechien, Estland, Finnland, Deutschland, Ungarn, Lettland, Polen, Slowenien, Slowakei und Schweden) erfordert die Durchführung eines Verfahrens nach dem Weltrechtsprinzip keine spezifischen Kriterien. In der Praxis leiten auch diese Staaten jedoch nur dann ein Verfahren ein, wenn sich der*die Verdächtige in ihrem Hoheitsgebiet aufhält.
Im Jahr 2023 wurden in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union Verfahren aufgrund des Weltrechtsprinzips durchgeführt. Die Anzahl der Verfahren hat sich in den letzten Jahren leicht erhöht. Dieser Trend wird wahrscheinlich aufgrund der Gräueltaten im Krieg gegen die Ukraine anhalten.
Fazit: Obwohl das Weltrechtsprinzip in den meisten EU-Mitgliedstaaten rechtlich verankert ist, beschränken sich nahezu alle auf dieser Grundlage durchgeführten Gerichtsverfahren auf einige wenige Mitgliedstaaten. So ergingen in Spanien von 2009 bis 2017 28 erstinstanzliche Urteile unter der Anwendung des Weltrechtsprinzips, seit 2018 jedoch kein einziges. Mittlerweile finden das Weltrechtsprinzip in zwei Ländern am häufigsten Anwendung: Deutschland (30 erstinstanzliche Urteile von 2014 bis 2024) und Frankreich (15 erstinstanzliche Urteile von 2014 bis 2024). Abgesehen von einigen wenigen Fällen, finden Gerichtsverfahren aufgrund des Weltrechtsprinzips nahezu ausschließlich in Europa statt.