Welche Belege gibt es für Folter und Verschwindenlassen von Demonstrierenden?
Amnesty hat Folter und andere schwere Misshandlungen gegen friedlich Demonstrierende in Haft in Belarus dokumentiert. Amnesty und lokale Menschenrechtsorganisationen haben mit Menschen im Land gesprochen, die an Protesten teilgenommen und dafür in Hafteinrichtungen gefoltert oder anderweitig misshandelt wurden. Betroffene berichteten beispielsweise, geschlagen oder mit Vergewaltigung bedroht worden zu sein, oder dass man sie gezwungen habe, sich auszuziehen.
Alles deutet darauf hin, dass die Behörden in Belarus gezielt und großflächig Gebrauch von Folter und anderen Formen der Misshandlung machen, um die Proteste um jeden Preis zu unterdrücken. Demonstrierende, die sich vor einer Hafteinrichtung in Minsk versammelt hatten, sagten, sie konnten die Schreie der Folteropfer bis nach draußen hören. Videoaufnahmen bestätigen ihre Aussagen.
Die Recherchen von Amnesty International machen deutlich, dass die brutalen Szenen in den Straßen von Belarus lediglich die Spitze des Eisbergs sind. Personen, die in Haft waren, gaben an, dass die Hafteinrichtungen Folterkammern gleichen, in denen Protestierende auf dem Boden liegen müssen, während sie von Sicherheitskräften getreten und mit Schlagstöcken malträtiert werden. Sie beschrieben, wie sie sich ausziehen mussten und dann auf sadistische Weise geschlagen wurden, während sie die Schreie anderer Betroffener hören konnten. Es handelt sich hierbei um Menschen, deren einziges "Vergehen" es ist, sich an friedlichen Protesten zu beteiligen.
Die Menschenrechtsorganisation Viasna hat Nachweise dafür gesammelt, dass sich Gefangene auf manchen Polizeistationen mehrere Stunden lang mit dem Gesicht nach unten auf den Boden legen oder gegen eine Wand stellen mussten, und bei der kleinsten Bewegung geschlagen wurden. Die Aussagen zahlreicher Menschen sowie nach draußen geschmuggelte Videoaufnahmen bestätigen das.
Aus dem ganzen Land liegen unzählige Folterberichte vor, die durch Video- und Bildaufnahmen in den Sozialen Medien belegt werden. Es deutet daher alles darauf hin, dass dieser Ansatz von höchster Stelle angeordnet wurde.
Demonstrierende, die bei Protesten festgenommen wurden, sind nach ihrer Inhaftierung verschwunden. Menschen, die friedlich demonstriert haben, und auch Passant*innen werden ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten, was einen Verstoß gegen grundlegende Verfahrensvorschriften und die vollkommene Missachtung ihrer Menschenrechte darstellt. In zahlreichen Fällen waren Menschen tagelang verschwunden, was Verschwindenlassen entspricht, einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Familienangehörige und Rechtsbeistände von Dutzenden Gefangenen haben erfolglos versucht, deren Verbleib in Erfahrung zu bringen. Am 12. August ging die Einsatzpolizei mit Gewalt gegen ca. 200 Verwandte von Inhaftierten vor, die sich friedlich vor der Hafteinrichtung Akrestsyna versammelt hatten.