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Die Social-Media-Influencerinnen Hanin Hossam und Mawada el-Adham sind auf der Grundlage ungerechtfertigter Anklagen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden und befinden sich nach wie vor willkürlich in Haft. Neben Menschenhandel und weiteren konstruierten Vorwürfen wurden sie für schuldig befunden, andere junge Frauen dazu angestiftet zu haben, "unanständige" Online-Inhalte zu verbreiten. Das von Mawada el-Adham eingelegte Rechtsmittel ist noch anhängig. Da Hanin Hossam in Abwesenheit verurteilt wurde, läuft derzeit eine Neuverhandlung. Amnesty International fordert die sofortige Freilassung der beiden Frauen, da sie lediglich friedlich ihre Menschenrechte wahrgenommen haben.
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Hanin Hossam und Mawada el-Adham wurden am 20. Juni vor dem Kairoer Strafgericht ungerechtfertigt zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Ihnen werden unter anderem kommerzielle Ausbeutung und Menschenhandel vorgeworfen. Sie hätten junge Frauen dazu angestiftet, "unanständige" Inhalte in den Sozialen Medien zu verbreiten, um Geld zu verdienen. Amnesty International ist der Ansicht, dass die jungen Frauen für die Art und Weise bestraft werden, wie sie tanzen, reden und sich kleiden und weil sie versuchen, in den Sozialen Medien "Einfluss" auf die Öffentlichkeit zu nehmen. Ihre strafrechtliche Verfolgung findet vor dem Hintergrund schwerer behördlicher Repressalien gegen die Meinungsfreiheit von Frauen in Ägypten statt. Dabei wird auch versucht, das Verhalten von Frauen im Internet zu kontrollieren. Die Anklage wegen Menschenhandels bezieht sich auf Videos, die die Frauen online gepostet hatten. Amnesty International überprüfte die Videos und fand keine einschlägigen Belege, die die beiden Frauen mit Handlungen in Verbindung bringen würden, die im Sinne des UN-Zusatzprotokolls zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels als Menschenhandel zu betrachten wären.
Während der Urteilsverkündung brachte der Vorsitzende Richter offen seine Voreingenommenheit und Feindseligkeit gegenüber den Frauen zum Ausdruck. Er beschuldigte sie, die Moral der Nation zu beflecken und warnte davor, Soziale Medien zu nutzen, um Ägyptens Werte zu untergraben. Mawada el-Adham hat gegen ihre sechsjährige Haftstrafe Rechtsmittel eingelegt und das entsprechende Berufungsverfahren ist noch anhängig. Hanin Hossam, die in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde, steht derzeit in einer Neuverhandlung vor Gericht. Laut der ägyptischen Strafprozessordnung haben Personen, die in Abwesenheit verurteilt wurden, das Recht auf ein Wiederaufnahmeverfahren. Amnesty International ist besorgt um die psychische Gesundheit von Hanin Hossam, da sie sich vor Gericht mehrfach verzweifelt geäußert hat. Am 20. Dezember 2021 sagte sie im Gerichtssaal: "Ich lebe in einem Sumpf, einem Sumpf, der mir Angst macht, und ich sterbe jeden Tag 100 Tode, weil meine Zukunft verloren ist." Ihre nächste Anhörung ist für den 22. März anberaumt. Beide sind derzeit im al-Qanater-Gefängnis für Frauen inhaftiert.
Seit April 2020 haben die Behörden ihr hartes Vorgehen gegen Social-Media-Influencerinnen verschärft. Dies ist offensichtlich ein Versuch, das Internet zu kontrollieren, indem weibliche Körper und das Verhalten von Frauen überwacht und das Bestreiten eines unabhängigen Lebensunterhalts untergraben wird. Seitdem haben die ägyptischen Behörden zehn TikTok-Influencerinnen festgenommen und strafrechtlich verfolgt, weil sie gegen das drakonische Gesetz gegen Cyberkriminalität und andere sehr vage gesetzliche Bestimmungen in Bezug auf "Anstand" und "Anstiftung zur Unmoral" verstoßen haben sollen. Die Angeklagten haben alle eine große Fangemeinde in den Sozialen Medien, die von Hunderttausenden bis zu mehreren Millionen reicht. Neun der zehn Frauen wurden auf der Grundlage von Anklagen, die mit mutmaßlichen Verstößen gegen die "Moral" zusammenhingen, zu Haftstrafen zwischen zwei und zehn Jahren und zu hohen Geldstrafen verurteilt. Mindestens sieben der Frauen befinden sich zum Zeitpunkt dieser Urgent Action nach wie vor in Haft.
Die Festnahme der zehn Frauen erfolgte nach Beschwerden von hauptsächlich männlichen Online-Autoren, die angeblich über das Verhalten der Frauen empört waren, sowie nach Ermittlungen des Amts für Moral, das dem Innenministerium untersteht. Laut Hanin Hossams polizeilichem Ermittlungsbericht, der von Amnesty International eingesehen wurde, besteht die Aufgabe des Amts darin, "diejenigen strafrechtlich zu verfolgen, die Online-Anwendungen und Websites nutzen, um Inhalte zu veröffentlichen, die Bürger, insbesondere junge Menschen, zu Handlungen anstiften, die gegen Sitten und Gebräuche verstoßen, oder um Ideen und Handlungen der Unsittlichkeit und Ausschweifung in der Gesellschaft zu verbreiten." Am 29. April 2020, kurz nach der Festnahme von Hanin Hossam, gab die Staatsanwaltschaft eine Erklärung heraus, in der sie ihre "Verpflichtung" bekräftigte, "weiterhin schändliche Verbrechen zu bekämpfen, die die Prinzipien und Werte unserer Gesellschaft verletzen." Am 2. Mai warnte die Behörde erneut, dass Ägypten die "neuen Grenzen im Internet" schützen werde, die "von den Kräften des Bösen bedroht" würden.
Nach dem Urteil des Kairoer Strafgerichts am 20. Juni zeigte sich Hanin Hossam in einem Video auf Instagram. Darin drückt sie ihren Schock über die lange Haftstrafe aus und appelliert an den Präsidenten: "Was habe ich getan? 10 Jahre! Seit ich (nach neun Monaten Untersuchungshaft) freigelassen wurde, habe ich mich nicht geäußert oder beschwert oder gesagt, dass ich zu Unrecht inhaftiert wurde oder gelitten habe (...) Warum wollen Sie mich wieder ins Gefängnis bringen?" Sie drückte auch ihre Verwirrung darüber aus, dass sie für ihre Bewerbung der Likee-App bestraft wurde, da diese in Ägypten legal sei. Hanin Hossam wurde am 2. Februar 2021 gegen Kaution freigelassen, aber am 22. Juni 2021 erneut festgenommen.
Die Behörden nahmen Hanin Hossam am 21. April 2020 und Mawada el-Adham am 14. Mai 2020 fest und stellten sie unter den Vorwürfen der "Verletzung der familiären Prinzipien und Werte" und der Anstiftung zu "Unanständigkeit" und "Ausschweifung" vor Gericht. Am 27. Juli 2020 wurden sie von einem Kairoer Wirtschaftsgericht für Ordnungswidrigkeiten schuldig gesprochen und zu je zwei Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 300.000 Ägyptischen Pfund (über 16.000 Euro) verurteilt. Am 12. Januar 2021 sprach ein Berufungsgericht Hanin Hossam aus Mangel an Beweisen frei und wandelte die Strafe von Mawada el-Adham in eine Geldstrafe um.
Die Staatsanwaltschaft erhob jedoch in einem weiteren Fall Anklage gegen sie, darunter wegen Menschenhandels, und verwies den Fall an das Strafgericht. In der Urteilsschrift des Kairoer Strafgerichts vom 20. Juni 2021 heißt es, dass "unsittliche" Videos die Grundlage für die Verurteilung der beiden Frauen seien. Unter anderem beziehe sich dies auf Aufnahmen von Mawada el-Adham, die zeigen, wie sie "öffentlich in unsittlicher und verführerischer Kleidung tanzt", und ein Werbevideo von Hanin Hossam, das mutmaßlich "zum Zweck von Profiten zu Sittenlosigkeit anstiftet". In dem Instagram-Video, das zu ihrer Verurteilung führte, ermutigte Hanin Hossam, die über eine Million Follower*innen auf TikTok hat, Frauen über 18 Jahren, Videos von sich selbst auf der Plattform Likee zu posten, da diese auf Basis der Aufrufe vergütet werden. Mawada el-Adham, die über drei Millionen Follower*innen auf TikTok hat, wurde aufgrund von TikTok-Videos schuldig gesprochen, die zeigen, wie sie mit einem sechsjährigen Mädchen tanzt und sie scherzhaft fragt, ob sie schon Dates hat. Vor Gericht stellten die Eltern des Mädchens in Frage, dass sie ihre Zustimmung zur Veröffentlichung der Videos gegeben hatten.
Laut den Einträgen der polizeilichen Ermittlungsakten in diesem Fall vom 23. April 2020, die von Amnesty International geprüft wurden, wurden in diesem Zusammenhang zehn Verdächtige beschuldigt, "eine kriminelle Gruppe gegründet" zu haben. Darunter waren vier chinesische Führungskräfte der Firma Bigo Limited, die Eigentümerin der Likee-App ist. Das Unternehmen ist weiterhin legal in Ägypten registriert, und die Ermittlungen gegen die Führungskräfte wurden eingestellt. Bei einem Treffen mit dem chinesischen Botschafter in Kairo am 30. August 2020 bestätigte die Staatsanwaltschaft, dass keine rechtlichen Schritte gegen das Unternehmen und seine Führungskräfte eingeleitet wurden, "da zwischen der persönlichen Verantwortung und der Verantwortung des Unternehmens unterschieden werde". Der chinesische Botschafter brachte seinerseits seinen Respekt für die Sitten und Gebräuche der ägyptischen Gesellschaft zum Ausdruck. Am 20. Juni 2021 wurden drei ägyptische Männer im Zusammenhang mit demselben Fall zu sechs Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von jeweils 200.000 Ägyptischen Pfund (ca. 10.750 Euro) verurteilt, weil sie Hanin Hossam und Mawada al-Adham geholfen haben sollen, Menschenhandel zu betreiben.