
Argentinien: Rechte älterer Menschen schützen!
26. März 2025Am 23. März 2025 sollte in Argentinien die derzeitige Regelung für eine "Moratoriumsrente" auslaufen. Die Regierung hat angekündigt, die Frist nicht verlängern zu wollen, obwohl dadurch ein großer Teil der älteren Menschen in noch stärkere wirtschaftliche Not geraten würde. Die Abgeordneten müssen verhindern, dass die Rechte älterer Menschen – insbesondere Frauen und im informellen Sektor Beschäftigte – mit Füßen getreten werden und einen angemessenen Lebensstandard für Rentner*innen sicherstellen.
Im März 2023 verabschiedete der Nationalkongress das Gesetz 27705, mit dem für zwei Jahre eine sogenannte "Moratoriumsrente" (moratoria previsional) eingeführt wurde. Das System der Moratoriumsrente gewährt Personen, die nicht die gesetzlich vorgeschriebenen 30 Beitragsjahre zur Rente erfüllt haben, den Zugang zur vollen Rente, wobei der Betrag, den sie dem Rentensystem dafür schulden, anteilig von der monatlichen Rentenzahlung abgezogen wird. Dieses System sollte nun am 23. März 2025 auslaufen, da die Regierung angekündigt hat, die Frist nicht verlängern zu wollen.
Mit dem Gesetz sollte gegen soziale Ungleichheit vorgegangen werden, da in Argentinien die informelle Beschäftigungsrate sehr hoch ist und mehr als 47% der Erwerbstätigen nicht für Sozialabgaben registriert sind und keine Beiträge leisten. Nach offiziellen Angaben der argentinischen Sozialversicherungsbehörde entfielen im Jahr 2024 nur etwa 30% der Rentenleistungen auf Personen, die nicht die Moratoriumsrente in Anspruch nahmen. Wenn die Moratoriumsrente abgeschafft wird, können 69% der Frauen und 50% der Männer nicht mehr im Alter von 60 bzw. 65 Jahren in den Ruhestand gehen. Stattdessen würden sie sich um alternative Einkommensquellen bemühen müssen – die in der Regel allerdings nicht den Grundbedarf decken.
Jeden Mittwoch protestieren ältere Menschen mit sogenannten Rentner*innenmärschen gegen die niedrigen Renten. Häufig werden diese Demonstrationen unterdrückt – die letzten vier Veranstaltungen durften nicht stattfinden. Amnesty International hat dokumentiert, wie ältere Menschen von Sicherheitskräften mit Schlagstöcken und Tränengas attackiert wurden.
Die Regierung muss verhindern, dass ältere Menschen in noch stärkere wirtschaftliche Not geraten, insbesondere jene, die im informellen Sektor beschäftigt sind, zumeist Frauen. Diese Menschen konnten in ihrem Erwerbsleben weder Sozialbeiträge leisten noch hat ihr Arbeitgeber für sie eingezahlt.
Auch in Zeiten wirtschaftlicher Krisen müssen Staaten gemäß internationalen Standards zeigen, dass jede Anstrengung unternommen wurde, um alle ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen dazu einzusetzen, ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.Darüber hinaus müssen die Staaten gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Rechte von Menschen zu schützen, die unter Diskriminierung und Ausgrenzung leiden, wie z. B. ältere Menschen.
Hintergrund
Sollte das System der Moratoriumsrente nicht verlängert oder durch eine angemessene Alternative ersetzt werden, werden jene, die keine reguläre Rente in Anspruch nehmen können, lediglich unter der "Universalrente" (Pensión Universal para el Adulto Mayor ‒ PUAM) aufgefangen, die nur 80% der Mindestrente beträgt. Im Februar 2025 wurde die Höhe der Universalrente auf 218.000 Argentinische Peso (etwa 190 Euro) und die Mindestrente auf 273.000 Argentinische Peso (etwa 230 Euro) festgelegt. Laut dem Nationalen Statistikamt INDEC ist jedoch ein Einkommen von 334.000 Peso (etwa 285 Euro) nötig, um Armut zu vermeiden. Wer also die Mindestrente bezieht, liegt bereits weit unter der Armutsgrenze. Wenn die gesetzlich vorgesehene Frist für die Moratoriumsrente nicht verlängert wird, müssen zukünftige Rentner*innen mit noch weniger auskommen. Wie die argentinische Stelle für wirtschaftliche Ungleichheit zwischen den Geschlechtern aufzeigt, wird dies besonders für Frauen erhebliche Konsequenzen haben, da sie stärker im informellen Sektor beschäftigt sind.
In Argentinien herrscht seit einigen Jahren eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise. Das Land hat beim Internationalen Währungsfonds (IWF) das größte Darlehen aufgenommen, das jemals von der internationalen Finanzinstitution gewährt wurde. Eine der Bedingungen des Darlehens war es, dass Argentinien sein Staatsdefizit auf null reduziert. Die aktuelle Regierung arbeitet seit ihrem Amtsantritt auf dieses Ziel hin und hat hierzu umfangreiche Haushaltsanpassungs- und Sparmaßnahmen verabschiedet. Im jüngsten IWF-Bericht zu Argentinien wurde auf die zusätzlichen Kosten der Moratoriumsrente für das BIP hingewiesen, gleichzeitig aber auch der Schutz der Schwächsten in der Gesellschaft gefordert.
Die Rentenkürzung war eine der Hauptsparmaßnahmen bei der Haushaltsanpassung. Nach Angaben des argentinischen Instituts für Finanzanalyse (IAAF) war der Gesamtrückgang der Primärausgaben der öffentlichen Verwaltung in den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 zu 43% auf die Senkung der Ausgaben für Renten und Pensionen zurückzuführen.
Bitte bis 31. Mai 2025 unterschreiben.