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Drei Häftlingen, zwei Männern und einer Frau, droht die Blendung. Im iranischen Recht gibt es diese Strafe. Sie soll den Opfern oder ihren Angehörigen "Vergeltung" (qesas) bringen. Die drei Blendungsurteile sind vor kurzem an Abteilung 3 der Vollstreckungsbehörde in Teheran übermittelt worden.
Setz dich gegen grausame Bestrafungen ein
Zwei Männern und einer Frau droht unmittelbar die gerichtlich angeordnete Blendung, nachdem ihre als "Vergeltung" (qesas) gedachten Blendungsurteile an die Vollstreckungsbehörde übermittelt wurden. Am 2. August 2022 berichtete die von der Stadtverwaltung Teheran herausgebrachte Hamshahri Daily News, dass drei verschiedene Blendungsurteile an Abteilung 3 der Teheraner Strafvollstreckungsbehörde übergeben worden seien. Laut dem Artikel befand sich darunter eine Frau, die von einem Strafgericht in Kermanshah in der Provinz Kermanshah zur Blendung ihres rechten Auges, einer Gefängnisstrafe und der Zahlung von "Blutgeld" (diyah) verurteilt wurde. Sie war für schuldig befunden worden, einer Nachbarin 2011 das rechte Auge mit Säure verätzt zu haben. Ihre Verurteilung und ihre Strafe wurden vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Wie die Zeitung weiter berichtete, wurden ein Mann in der Provinz Fars im Zusammenhang mit der Blendung einer anderen Person mit einem Messer bei einer Auseinandersetzung im Jahr 2017 und ein weiterer Mann in der Provinz Qom, der einer Person 2018 mit einer Kugel das Augenlicht genommen haben soll, zur Blendung verurteilt. Ohne weitere Einzelheiten zu nennen, hieß es in dem Artikel, dass die Verurteilung und Strafe der beiden Männer "bestätigt wurden". Der Zeitung zufolge wurden alle drei nach dem qesas-Prinzip ("Vergeltung gleicher Art") verurteilt, demzufolge die für die Straftat verantwortliche Person dasselbe Schicksal zu erleiden hat wie das Opfer. Sie seien zur Vollstreckung an Teheran verwiesen worden, da die Provinzen Kermanshah, Qom und Fars nicht über die Möglichkeit zur Vollstreckung dieser Urteile verfügen.
Amnesty International hat in den vergangenen Monaten einen besorgniserregenden Anstieg beim Vollzug von Körperstrafen und Hinrichtungen dokumentiert. So setzten iranische Behörden am 27. Juli eine spezielle Guillotine ein, um dem wegen Diebstahls verurteilten Pouya Torabi einige Finger zu amputieren. Zuvor, am 31. Mai 2022, waren bereits Sayed Barat Hosseini ohne Betäubung Finger amputiert worden. Beide wurden zur Vollstreckung der Strafen aus Provinzgefängnissen in das Evin-Gefängnis in Teheran überführt. Körperstrafen stellen Folter dar, ein Verbrechen nach dem Völkerrecht, das nach Artikel 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR), dessen Vertragsstaat der Iran ist, verboten ist.
Die Nachricht über die Anordnung der Vollstreckung der Blendungsstrafen gegen eine Frau und zwei Männer erfolgte vor dem Hintergrund einer Zunahme von Hinrichtungen und körperlichen Bestrafungen im Iran im Jahr 2022. Die Besorgnis angesichts der Pläne der iranischen Behörden, die Anwendung grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Strafen zu beschleunigen, wurde noch verstärkt, als Iran International, ein im Vereinigten Königreich ansässiger persischsprachiger Fernsehsender, am 5. August 2022 einen Beitrag über ein geleaktes vertrauliches Schreiben vom 19. April 2022 ausstrahlte, das von dem Stellvertreter der Obersten Justizautorität, Mohammad Mossadegh Kahnemoui, unterzeichnet war. In diesem Schreiben weist er die Justizbehörden im ganzen Land an, die Vollstreckung von qesas-Urteilen zu beschleunigen, auch im Fall von Personen, die zum Tode und zu Körperstrafen wie Amputation und Blendung verurteilt wurden. In dem Schreiben werden die Provinzgerichte außerdem angewiesen, qesas-Fälle, bei denen eine Amputation erforderlich ist, an Gerichte in Teheran zu verweisen, um die Urteile zentral zu vollstrecken. Des Weiteren heißt es, dass die Provinzgerichte über ihre Fortschritte bei der Vollstreckung von qesas-Strafen Bericht erstatten sollen.
Ende Juli 2022 schlugen die Menschenrechtsorganisation Abdorrahman Boroumand Center und Amnesty International Alarm, weil die iranischen Behörden in den ersten sechs Monaten des Jahres mindestens 251 Menschen hingerichtet hatten: "Wenn die Hinrichtungen in diesem erschreckenden Tempo weitergehen, werden sie bald die Gesamtzahl von 314 Hinrichtungen im Jahr 2021 übersteigen." (Weitere Informationen finden sich hier). Zwischen Mai und September 2022 trennten die iranischen Behörden fünf Männern im Teheraner Evin-Gefängnis mit einer Guillotine Finger ab. Nach Angaben einer gut informierten, von Amnesty International befragten Quelle wurden Amputationsurteile in einer Klinik des Evin-Gefängnisses in Anwesenheit mehrerer Beamt*innen vollstreckt, darunter der Staatsanwalt von Teheran, der stellvertretende Staatsanwalt (dadyar) des Evin-Gefängnisses, der für die Beaufsichtigung des Strafvollzugs im Evin-Gefängnis zuständige Richter, der Leiter des Evin-Gefängnisses und der Chefarzt der medizinischen Klinik des Gefängnisses (weitere Informationen finden sich hier). Mindestens acht weiteren Männern, darunter Hadi Rostami, Mehdi Sharfian und Mehdi Shahivand, droht eine Amputation ihrer Finger (weitere Informationen finden sich hier). Laut dem Abdorrahman Boroumand Center haben die iranischen Behörden seit Januar 2000 mindestens 135 Männern Finger amputieren lassen.
Am 3. März 2015 wurde ein Mann von den iranischen Behörden auf seinem linken Auge geblendet. Er war wegen eines Säureangriffs auf einen anderen Mann in Qom im August 2009 zu einer qesas-Strafe verurteilt worden. Auf Bitte des Opfers wurde die Blendung seines rechten Auges ausgesetzt. Zusätzlich zu dieser Körperstrafe wurde er zur Zahlung von "Blutgeld" (diyah) und zu einer Haftstrafe von zehn Jahren verurteilt (weitere Informationen finden sich hier). Seitdem wurden keine offiziellen Informationen hinsichtlich der Vollstreckung gerichtlich angeordneter Blendungen mehr veröffentlicht, obwohl die Gerichte auch weiterhin Blendungsstrafen verhängten.
Folter ist nach dem Völkerrecht jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, beispielsweise zur Bestrafung für eine von ihr begangene oder vermeintlich begangene Tat, zur Einschüchterung der Person oder eines Dritten oder aus Gründen, die auf einer Diskriminierung gleich welcher Art beruhen. Die UN-Generalversammlung hat Folter und andere Misshandlungen stets verurteilt und Staaten aufgefordert, diese zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. Im Jahr 1975 verabschiedeten die UN die Erklärung über den Schutz aller Personen vor Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, die alle Staaten verpflichtet, Foltervorwürfen nachzugehen sowie die dafür Verantwortlichen strafrechtlich zu verfolgen und die Opfer zu entschädigen. Laut Artikel 10 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) müssen zudem alle Personen, denen die Freiheit entzogen wurde, "menschlich und mit Achtung vor der dem Menschen innewohnenden Würde behandelt werden".
Der Iran gehört zu den Vertragsstaaten des IPbpR und ist als solcher rechtlich verpflichtet, Folter ausnahmslos und unter allen Umständen zu verbieten und zu bestrafen. Dennoch sieht das islamische Strafgesetzbuch des Iran auch weiterhin Körperstrafen vor, die Folter gleichkommen, darunter Amputation, Auspeitschen bzw. Stockhiebe, Blendung, Kreuzigung und Steinigung. Das iranische Recht schreibt die Anwesenheit eines Arztes bei der Vollstreckung von Körperstrafen vor, was einen direkten Verstoß gegen ethische Richtlinien und internationale Standards darstellt, die die Beteiligung von Angehörigen der Heilberufe an Folter ausdrücklich untersagen.