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Sex ohne Zustimmung ist Vergewaltigung. Dieser Satz klingt logisch und einleuchtend, und doch wird Vergewaltigung heute (in der Gesellschaft und auch rechtlich) noch häufig anders definiert. Veraltete Gesetze, weit verbreitete Mythen, Geschlechterstereotype und besorgniserregende Haltungen dazu, was consent bedeutet, perpetuieren Vergewaltigungen.
Die Amnesty Kampagne Let‘s Talk About YES (Lass uns über das JA sprechen) versucht eine Diskussion über consent zu starten und sie in alle Ecken der Gesellschaft zu bringen. Was ist consent? Wie kann darüber gesprochen werden? Wieso ist es so wichtig, darüber zu sprechen?
Was ist consent? Ganz einfach erklärt ist consent ein englisches Wort, das für Zustimmung oder Einwilligung steht. Sehr häufig wird es im Kontext der Zustimmung oder Einwilligung zu Sex verwendet. Wenn man genauer darüber nachdenkt, was das bedeutet, ist es jedoch etwas komplizierter. Wie sieht diese Zustimmung aus? Wie beeinflussen uns Vorbilder, Filme, Bilder und die Gesellschaft?
Wenn du mit einer Person Sex haben möchtest, ist es wichtig zuerst festzustellen, dass dein Gegenüber auch mit dir Sex haben möchte. Dazu ist eine offene Kommunikation wichtig. Ihr solltet gemeinsam darüber sprechen, ob alle Aktivitäten im gegenseitigen Einvernehmen stattfinden.
Zustimmung kann viele Formen annehmen. In jeder Situation kann die Einwilligung anders aussehen. Ein guter Start ist jedoch, immer direkt zu fragen. Es kann zuerst schwierig erscheinen, mit deinem Gegenüber offen darüber zu sprechen. Es ist jedoch ein erster Schritt in die Richtung, Sex für alle Menschen einvernehmlich und sicher zu machen. Je öfter man schwierige Themen anspricht, desto leichter wird es, darüber zu sprechen. Versuche, eine eindeutige Antwort auf die Frage zu erhalten. Beachte, dass die Antwort nicht unter Druck gefordert werden soll, sondern dass die Person freiwillig entscheiden kann. Es ist ganz wichtig, dass die Person auch wirklich eine Wahl hat zwischen Ja und Nein. Dein Gegenüber sollte nicht das Gefühl haben, Ja sagen zu müssen. Wenn die Person beispielsweise „hm“, „jein“, „ich weiß nicht“, „vielleicht“ sagt, schweigt oder dich fragend ansieht, dann ist das ein Nein. Wenn du dir nicht sicher bist, was die Antwort bedeutet, dann frag nach. Bist du dir immer noch unsicher, dann gehe davon aus, dass es keine wirkliche Einwilligung ist. Fest steht: Nur ein enthusiastisches JA ist auch wirklich eine Zustimmung.
Wie sieht es rechtlich aus? Gesetzlich ist Vergewaltigung überwiegend nicht als Sex ohne Zustimmung definiert. Viele europäische Länder definieren Vergewaltigung beispielsweise dadurch, ob Gewalt oder die Androhung von Gewalt angewendet wurde. Diese Definition ist insofern problematisch, da sich in vielen Fällen die betroffenen Personen in einem Schockzustand befinden und gelähmt sind (sogenanntes Freezing). In anderen Fällen wird keine physische Gewalt eingesetzt, beispielsweise in Fällen, in denen die betroffene Person bewusstlos ist. In all diesen Fällen können die Überlebenden in diesen Ländern die Täter*innen rechtlich nicht zur Verantwortung ziehen.
Derzeit haben erst zehn europäische Länder Vergewaltigung als Sex ohne Einwilligung definiert oder sind gerade im Prozess die Gesetzgebung zu ändern. Das Vereinigte Königreich, Irland, Luxemburg, Deutschland, Zypern und Belgien haben die Definition schon länger im Gesetz stehen. 2018 folgten Island und Schweden. Im Juni 2019 erklärte Griechenland, dass eine Änderung der Gesetzgebung geplant ist. Im September 2020 gab auch Dänemark bekannt, die Definition von Vergewaltigung als Sex ohne Zustimmung gesetzlich verankern zu wollen.
Die Let‘s Talk About YES Kampagne von Amnesty International ist derzeit in den folgenden Ländern aktiv: Norwegen, Belgien, Polen, Niederlande, Spanien, Griechenland, Italien, Schweiz, Dänemark. In den Niederlanden schlug der Justizminister bereits vor, den Straftatbestand der Vergewaltigung zu ändern.
Wieso darüber sprechen? Eine im März 2020 von Amnesty International und der belgischen Organisation SOS Viol veröffentlichte Umfrage zeigt, wie wichtig es ist, darüber zu sprechen. Unter den befragten Jugendlichen ist ein Drittel der Meinung, dass es keine Vergewaltigung ist, wenn die andere Person nicht ausdrücklich „nein“ sagt, und 23% denken, dass „Frauen gerne gezwungen werden“ und, dass „Gewalt für sie sexuell aufregend ist“. In Belgien besagt die Gesetzgebung eindeutig, dass Sex ohne Einwilligung Vergewaltigung ist. Wie die oben genannte Studie zeigt, definiert die Gesellschaft Vergewaltigung auch heute noch anders.
Steig auch du mit dem Hashtag #LetsTalkAboutYES in die Diskussion ein oder schreib uns an frauenrechte@amnesty.at.
Von Flora Bachmann, Sprecherin des Amnesty-Netzwerks Frauenrechte
1 von 20 Frauen im Alter von 15 Jahren oder älter in der EU ist vergewaltigt worden.
Das sind etwa 9 Millionen Frauen.
1 von 10 Frauen im Alter von 15 Jahren oder älter in der EU hat irgendeine Form von sexueller Gewalt erlebt.
Gewalt in Österreich
Jede fünfte Frau ist körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt.
Quelle: FRA - European Union Agency for Fundamental Rights 2014