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Russland: Politische Gefangene Anastasia Shevchenko zu Bewährungsstrafe verurteilt

18. Februar 2021

zur originalen Pressemitteilung auf English geht es hier entlang

 

Ein russisches Gericht befand die Menschenrechtsverteidigerin und politische Gefangene Anastasia Shevchenko heute nach dem umstrittenen Gesetz der “unerwünschten” Organisationen für schuldig und verhängte eine vierjährige Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Natalia Zviagina, die Leiterin des Moskauer Büros von Amnesty International, nahm dazu wie folgt Stellung:

“Diese Entscheidung ist ein Hohn auf die Gerechtigkeit. Anastasia Shevchenko hat kein Verbrechen begangen. Sie hätte niemals ihrer Freiheit beraubt werden dürfen – sie wurde strafrechtlich lediglich aufgrund der Tatsache verfolgt, dass sie friedvoll ihre Menschenrechte ausgeübt hat. Ihr Schuldspruch muss aufgehoben werden.”

"Anastasia Shevchenko hat unter dem zutiefst mängelbehafteten russischen Justizsystem bereits unvorstellbares Leid erfahren. Seit mehr als zwei Jahren steht sie unter Hausarrest und ist in ihrem eigenen Haus Demütigungen und aufdringlicher Überwachung ausgesetzt. Während der ersten Tage des Hausarrests starb tragischerweise ihre Tochter im Teenageralter – Anastasia durfte in den letzten Tagen vor ihrem Tod nicht mal bei ihr sein."

"Anastasia Shevchenko wird von einem zynischen, grausamen und unmenschlichen System als Geisel gehalten. Dessen einziger Zweck: Russlands mutigste und engagierteste Aktivist*innen zu unterdrücken, einzuschüchtern und zu brechen. Nun wird Anastasia auch einen Eintrag im Vorstrafenregister haben."

Anastasia Shevchenko wird von einem zynischen, grausamen und unmenschlichen System als Geisel gehalten. Dessen einziger Zweck: Russlands mutigste und engagierteste Aktivist*innen zu unterdrücken, einzuschüchtern und zu brechen. Nun wird Anastasia auch einen Eintrag im Vorstrafenregister haben.

Natalia Zviagina, Leiterin des Moskauer Büros von Amnesty International

"Die politisch motivierte Verfolgung friedvoller Aktivist*innen durch die russischen Behörden muss sofort aufhören. Die diskriminierenden Gesetze über “unerwünschte” ausländische Organisationen und “fremde Agenten” gehören eliminiert. Sie werden mutwillig missbräuchlich eingesetzt, um die friedvolle Ausübung von Protesten und Kritik zu unterbinden."

"Die russischen Behörden müssen sofort und bedingungslos alle Personen freilassen, die nur deshalb inhaftiert sind, weil sie friedlich ihre Menschenrechte wahrgenommen haben. Die Behörden müssen die Menschenrechte aller respektieren – sie schützen, fördern und erfüllen, einschließlich der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereins- und Versammlungsfreiheit.”


Hintergrundinfo

Am 18. Februar verurteilte das Oktyabrsky-Bezirksgericht in Rostow am Don (Südrussland) die politische Gefangene Anastasia Schevchenko, ehemalige Koordinatorin der Bürgerbewegung “Open Russia“, nach Artikel 284.1 des russischen Strafgesetzbuchs (“Arbeit für eine bzw. Zusammenarbeit mit einer sogenannten “unerwünschten” Organisation") zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Anastasia Shevchenko war die erste Person in Russland, die unter dem im Mai 2015 in Kraft getretenen Gesetz der “unerwünschten" Organisationen strafrechtlich belangt wurde. Das Gesetz gibt der Regierung die Möglichkeit, Aktivitäten ausländischer oder internationaler NGOs in Russland willkürlich zu unterbinden. Ohne jegliche gerichtliche Überprüfung und unter vagen Sicherheitsvorwänden kann damit die weitere Zusammenarbeit (bzw. auch nur die geringste Verbindung) mit solchen Organisationen kriminalisiert werden. Dieses Gesetz wurde verabschiedet, um die Bewegung “Open Russia“ (gegründet vom früheren politischen Gefangenen und nunmehr im Exil lebenden Kritiker Michail Chodorkowski) zusammen mit 30 anderen ausländischen Organisationen zu verbieten.