© Addameer Prisoner Support and Human Rights Association
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Verwaltungshaft erneut verlängert!

11. Juli 2018

Ein israelisches Militärgericht hat zum zweiten Mal ohne Anklage oder Gerichtsverfahren die Verwaltungshaft der führenden palästinensischen Politikerin und Parlamentsabgeordneten Khalida Jarrar um vier Monate verlängert.

SETZ DICH EIN!

Amnesty fordert:

  • Sprechen Sie sich bitte dafür aus, dass Khalida Jarrar und alle anderen Verwaltungshäftlinge freigelassen werden, sofern die Betroffenen nicht umgehend einer international anerkannten Straftat angeklagt werden und ihnen ein Gerichtsverfahren gewährt wird, das internationalen Standards entspricht.
  • Leiten Sie bitte sofort die notwendigen Schritte zur Abschaffung der Verwaltungshaft ein.

Sachlage

Die Verwaltungshaftanordnung für Khalida Jarrar wurde am 17. Juni vom Militärgericht in Ofer erneut um vier Monate verlängert. Ein Militärrichter bestätigte am 2. Juli diese Entscheidung. Damit endet ihre Verwaltungshaft voraussichtlich am 29. Oktober 2018. Khalida Jarrar ist eine gewählte Abgeordnete des palästinensischen Parlaments, die seit dem 2. Juli 2017 im HaSharon-Gefängnis in Israel festgehalten wird. Am 12. Juli 2017 war eine sechsmonatige Verwaltungshaft gegen sie angeordnet und seitdem zweimal verlängert worden (am 31. Dezember 2017 und am 17. Juni 2018). Obwohl die maximale Haftdauer für eine Verwaltungshaftanordnung sechs Monate beträgt, kann diese nach israelischem Recht beliebig oft verlängert werden. Damit besteht keine Garantie, dass Khalida Jarrar am 29. Oktober 2018 freikommt.

Da Khalida Jarrar an einer Boykottkampagne gegen alle gerichtlichen Anhörungen zum Thema Verwaltungshaft teilnimmt, haben weder sie noch ihr Rechtsbeistand an der Anhörung teilgenommen. Am 13. Februar gaben Palästinenser_innen, die sich in israelischer Verwaltungshaft befinden, in einer Stellungnahme bekannt, dass sie ab dem 15. Februar israelische Gerichte boykottieren würden (http://cda.gov.ps/index.php/ar/ar-news/5025-2018-02-20-08-49-53). Seitdem haben weder Verwaltungshäftlinge noch ihre Rechtsbeistände an gerichtlichen Anhörungen teilgenommen.

Der Anwalt von Khalida Jarrar, Mahmoud Hassan von der palästinensischen Gefangenenrechtsorganisation Addameer, gab Amnesty International gegenüber an, dass ihm das Gericht von neuen, geheimen Informationen des israelischen Geheimdienstes berichtet habe. Diese würden belegen, dass Khalida Jarrar auch weiterhin eine Gefahr für die Sicherheit Israels sei. Verwaltungshaftanordnungen werden häufig mit „geheimen Informationen“ begründet, auf die weder die Angeklagten noch ihre Rechtsbeistände Zugriff haben. Außerdem werden diese nicht über die Gründe für die Inhaftierung informiert.

Laut Angaben von Addameer halten die israelischen Behörden momentan drei Mitglieder des Palästinensischen Legislativrats ohne Anklage und Gerichtsverfahren in Verwaltungshaft.

 

Hintergrundinformation

Die 54-jährige Khalida Jarrar ist eine gewählte palästinensische Parlamentarierin und erklärte Kritikerin der israelischen Besetzung der palästinensischen Gebiete sowie der Zusammenarbeit der palästinensischen Behörden mit dem israelischen Militär im Sicherheitsbereich. Sie ist Mitglied des Vorstands der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Addameer und Mitglied des Komitees, das die palästinensischen Anliegen vor dem Internationalen Strafgerichtshof voranbringen soll. Ihr besonderes Engagement gilt der Verbesserung der Rechte palästinensischer Gefangener und ihrer Familien.

Khalida Jarrar wird bereits seit Jahrzehnten von den israelischen Behörden drangsaliert und eingeschüchtert. Seit dem Jahr 1998 ist ein Reiseverbot gegen sie in Kraft. Im Jahr 2010 wurde das Reiseverbot für einige Tage aufgehoben, damit sie nach Jordanien reisen und sich dort wegen einer schweren chronischen Erkrankung einer medizinischen Untersuchung unterziehen konnte. Sie war bis April 2015 noch nie wegen einer Straftat angeklagt worden, dennoch haben die israelischen Behörden sie in der Vergangenheit wiederholt als eine „Gefahr für die Sicherheit“ eingestuft. Am 2. April 2015 wurde Khalida Jarrar in ihrem Haus in Ramallah festgenommen und in Verwaltungshaft genommen. Bei einer Anhörung zur Überprüfung ihrer Verwaltungshaftanordnung am 15. April 2015 erhob die Militärstaatsanwaltschaft in zwölf Punkten Anklage gegen die Palästinenserin. Die Anklagepunkte beziehen sich auf die Mitgliedschaft in der verbotenen Volksfront zur Befreiung Palästinas (Popular Front for the Liberation of Palestine – PFLP) sowie auf die Anstiftung zur Entführung von israelischen Soldat_innen. Sie selbst wies diese Anschuldigungen vehement von sich. Angaben ihrer Rechtsbeistände zufolge entbehren diese jeglicher Grundlage. Nach einem unfairen Gerichtsverfahren vor einem israelischen Militärgericht wurde Khalida Jarrar in vier Anklagepunkten schuldig gesprochen, unter anderem wegen Aufwiegelung. Sie saß 14 Monate ihrer Haft ab und wurde im Juni 2016 mit einer fünfjährigen Bewährungsstrafe wieder freigelassen.

Am 2. Juli 2017 wurde Khalida Jarrar bei einer frühmorgendlichen Durchsuchung ihres Hauses in Ramallah (besetztes Westjordanland) erneut festgenommen. Augenzeugenberichten zufolge begannen 50 bewaffnete israelische Soldat_innen um vier Uhr früh mit der Durchsuchung und beschlagnahmten dabei auch das Mobiltelefon, den Tablet-PC und die Computerfestplatte von Khalida Jarrar.

Khalida Jarrar wurde im Rahmen einer Verwaltungshaftanordnung über ein Jahr im HaSharon-Gefängnis festgehalten. Die Verbringung von Khalida Jarrar in das HaSharon Gefängnis verstößt gegen humanitäres Völkerrecht. Menschen, die in besetzten Gebieten festgenommen werden, müssen auch dort inhaftiert werden und nicht auf dem Gebiet der Besatzungsmacht.

Die Verwaltungshaft – angeblich als Sondermaßnahme zur Inhaftierung von Personen eingeführt, die eine große und unmittelbare Gefahr für die Sicherheit darstellen – wird von Israel als Alternative zum Strafjustizsystem benutzt, um Strafverdächtige festzunehmen, anzuklagen und strafrechtlich zu verfolgen. Zudem werden Verwaltungshaftanordnungen gegen Personen eingesetzt, für deren Festnahme keinerlei Gründe vorliegen. Obwohl die maximale Haftdauer einer Verwaltungshaftanordnung sechs Monate beträgt, können diese immer wieder verlängert werden. Amnesty International ist der Ansicht, dass es sich bei einigen der Palästinenser_innen in israelischer Verwaltungshaft um gewaltlose politische Gefangene handelt, die nur aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit in Haft gehalten werden.

Nach Angaben der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Addameer befanden sich im Juni 2018 insgesamt 442 Personen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in israelischer Verwaltungshaft, dazu gehören auch zwei Minderjährige.

 

Setz dich ein!

Urgent Action bis 22.08.2018